Während der Phase mit relativ tiefen Marktpreisen schuf dies die Möglichkeit, eigene Produktion zu vollen und vergleichsweise höheren Gestehungskosten den Endverbrauchern in der Grundversorgung anzurechnen. Im Kontext der aktuell hohen Marktpreise dreht sich der Effekt um: Hebt nun ein Netzbetreiber die Priorisierung auf und rechnet verstärkt Elektrizität zu Marktpreisen in sein Portfolio ein, steigen die Tarife in der Grundversorgung tendenziell an. Zwar lässt dies der gesetzliche Rahmen zu, allerdings sind die Netzbetreiber angehalten, die Gründe für einen Tarifanstieg und damit die Änderung bei der Priorisierung gegenüber ihren Kunden transparent zu machen (vgl. Newsletter der ElCom 2-2023).
30 Netzbetreiber wechseln
Die Netzbetreiber sind verpflichtet, der ElCom jährlich die Kostenrechnungsdaten für die anrechenbaren Netz- und Gestehungskosten (Energie), die den jährlichen Tarifen zugrunde liegen, zu übermitteln. Die ElCom hat im Zusammenhang mit den Tarifen 2023 die eingereichten Kostenrechnungsdaten und die Tarifkommunikation gegenüber den Endverbrauchern dahingehend überprüft, ob gemäss den deklarierten Angaben gegenüber jenen vom Vorjahr ein solcher Wechsel stattgefunden hat bzw. ob dieser auch transparent kommuniziert wurde. Insgesamt gaben 30 Netzbetreiber einen solchen Wechsel an.
Das Fachsekretariat hat davon zehn Verteilnetzbetreiber angeschrieben, bei welchen auch die Beschaffungskosten wesentlich gestiegen sind und welche über eine gewisse Mindestmenge Ausspeisung an Endverbraucher verfügen. Von diesen gaben acht in ihren Rückmeldungen gegenüber der ElCom an, dass die von ihnen ursprünglich eingereichten Informationen fehlerhaft seien und keine Umstellung der Methode beabsichtigt sei. Zwei Unternehmen haben den Methodenwechsel dagegen bestätigt. Diese wurden angewiesen, die Kommunikation nachzuholen bzw. die Umsetzung der Kommunikation der ElCom noch nachzuweisen.
Wahlmöglichkeit faktisch zur Gewinnoptimierung nutzen
Die vom Gesetzgeber eröffnete Wahlmöglichkeit, zwischen der Priorisierung und der Durchschnittspreismethode zu wechseln, betrachtet die ElCom als kritisch. Der Absatz der eigenen Produktion zu Gestehungskosten stellt eigentlich sowohl für den Versorger als Produzenten als auch für die Endverbraucher in der Grundversorgung eine Preisabsicherung dar.
Die Wahlmöglichkeit kann nun aber von den Netzbetreibern faktisch zur Gewinnoptimierung genutzt werden: Als die Marktpreise noch tiefer als die Gestehungskosten der Eigenproduktion lagen, hatte dies zur Folge, dass die Endverbraucher in der Grundversorgung die Eigenproduktion der entsprechenden Verteilnetzbetreiber praktisch subventionieren mussten. Hebt nun derselbe Netzbetreiber die Priorisierung während einer Hochpreisphase auf, wird der Grundversorgungstarif umso stärker durch die Beschaffungskosten – also die höheren Marktpreise – des ganzen Energieportfolios beeinflusst. Damit entfällt für die Endverbraucher die Absicherung gegen hohe Marktpreise, für den Netzbetreiber resultiert dagegen ein finanzieller Vorteil.
Deklaration überprüfen
Die ElCom wird auch bezüglich der deklarierten Daten für die Tarife 2024 sowie bezüglich der Deklaration Plan 2022 vs. Ist 2022 weitere Untersuchungen durchführen, um sicherzustellen, dass die Kommunikation dieser Praxis transparent erfolgt. Die Netzbetreiber werden aufgefordert, ihre Deklaration zu überprüfen und sicherzustellen, dass allfällige Fehler bei der ElCom gemeldet und über ein sog. «Reopen» der Kostenrechnung korrigiert werden.
Text: Eidgenössische Elektrizitätskommission (ElCom)
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