Die Aufarbeitung des Super-GAU in Fukushima habe gezeigt, wie Interessenbindungen die Durchsetzungskraft der Aufsicht fatal verminderten. ©Bild: SES

ENSI-Rat: Atomaufsicht darf sich keine Interessenskonflikte leisten

(SES) Martin Zimmermann ist gestern als ENSI-Rat-Präsident zurückgetreten. Die Schweizerische Energie-Stiftung SES begrüsst diesen Entscheid (ee-news.ch 25.6. >>). Die jüngst bekanntgewordene Vergangenheit Zimmermanns in verschiedenen Atomlobby-Verbänden hätte die Glaubwürdigkeit des ENSI stark beeinträchtigt. «Wir können uns in der Schweiz, wo wir den ältesten Atomkraftwerkspark der Welt betreiben, keine Interessenskonflikte in der Atomaufsicht leisten», kommentiert SES-Geschäftsleiter Nils Epprecht.


Mitte Juni hat eine Recherche des Journalisten Kurt Marti auf der Plattform infosperber.ch (siehe Link unten) Zweifel an der Unabhängigkeit des ENSI-Rat-Präsidenten Martin Zimmermann aufkommen lassen, der Anfang dieses Jahres das Präsidium neu angetreten hat. Martin Zimmermann war in der Vergangenheit zeitweise aktives Mitglied und während seiner Tätigkeit im ENSI-Rat zumindest passives Mitglied in den Atomlobby-Organisationen «Nuklearforum» und «Schweizerische Gesellschaft der Kernfachleute» (SGK). Beide Organisationen propagieren den langfristigen Einsatz der Atomkraft in der Schweiz und bewerten den Entscheid der Schweizer Bevölkerung, im Rahmen der Energiestrategie 2050 aus der Atomenergie aussteigen zu wollen, als Fehler.

Unabdingbaren Unvoreingenommenheit
Nachdem auch verschiedene politische Vorstösse in diese Richtung eingegangen sind, hat sich Zimmermann entschieden, per Ende Monat von diesem Amt zurückzutreten. Nach Auffassung der SES widersprechen die Mitgliedschaften in besagten Organisationen und Kommissionen klar der für das Amt des ENSI-Rats-Präsidenten unabdingbaren Unvoreingenommenheit. Die ist in Art. 4 Abs. 2 der Verordnung über das ENSI explizit vorgeschrieben. Die Mitgliedschaften widersprechen auch der offiziellen Bundespolitik im Rahmen der Energiestrategie 2050, die den Ausstieg aus der Atomenergie vorsieht und die Herr Zimmermann als oberstes Mitglied der Atomaufsicht ideell teilen und öffentlich vertreten sollte.

Interessenbindungen als Fallstricke
Die Schweizerische Energie-Stiftung SES begrüsst seinen Entscheid. «Wir können uns in der Schweiz, wo wir den ältesten Atomkraftwerkspark der Welt betreiben, keine Interessenskonflikte in der Atomaufsicht leisten», kommentiert SES-Geschäftsleiter Nils Epprecht die Entwicklung. Die Aufarbeitung des Super-GAU in Fukushima habe gezeigt, wie Interessenbindungen die Durchsetzungskraft der Aufsicht fatal verminderten. Die SES hatte deshalb bereits eine Aufsichtsbeschwerde vorbereitet und hätte diese noch diese Woche bei den Geschäftsprüfungskommissionen der eidgenössischen Parlamente eingereicht. «Wir sind Herrn Zimmermann um seine Einsicht dankbar», zeigt sich Nils Epprecht erleichtert.

Zum oben genannten Artikel auf infosperber.ch >>

Text: Schweizerische Energie-Stiftung

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1 Kommentare

Max Blatter

Für einmal bin ich mit der SES teilweise einig. Teilweise, denn man muss m.E. differenzieren:

Wer operativ im ENSI (dem Eidgenössischen Nuklearsicherheits-Inspektorat) tätig ist, muss eine Fachfrau oder ein Fachmann sein, und die findet man nun halt mal vorwiegend in der Nuklearbranche. Prägnant formuliert (und nicht abwertend gemeint): Ein Biobauer wäre als ENSI-Direktor fehl am Platz!

Der ENSI-Rat dagegen ist das Aufsichtsorgan der Behörde, und da ist (wie die SES zu Recht betont) Unabhängigkeit wichtiger als detailliertes Fachwissen. Als ENSI-Rats-Präsidentin könnte ich mir eine Biobäuerin vorstellen, im Ernst: Warum auch nicht, wenn sie bereit ist, sich in die Materie einzuarbeiten?

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