Von Photovoltaik über Windenergie und E-Mobilität bis hin zu Elektrolyseuren, gemeinsam brauchen sie Rohstoffe in rauen Mengen. ©Bild: BWE/Tim Riediger, nordpool

Bei der Photovoltaik könnte es insbesondere für Tellur, Cadmium, Selen, Indium, Germanium und Gallium kritisch werden. ©Bild: Andreas160578/pikxabay

Hinsichtlich der benötigten Mengen sind Beton, Stahl, Gusseisen, Carbon- und Glasfaserkunststoffe, Zink und Polymere die wichtigsten Rohstoffe der Windkraftindustrie. ©Bild: GAIA mbH, Lambsheim

Rohstoffseite der Energiewende: Metalle in rauen Mengen für Windräder, Solaranlagen, Elektroautos und Elektrolyseure – Analyse von Bedarf und Verfügbarkeiten

(BJ) In Deutschland hat der Bundestag neue, deutlich höhere Ausbauziele für erneuerbare Energien beschlossen – womit ein Thema zunehmend ins Blickfeld rückt, das bisher nur am Rande eine Rolle spielte: Damit die Ziele erreicht werden können, braucht es – neben viel politischem Willen – Rohstoffe in rauen Mengen.


Die Windkraft soll im Jahr 2030 in Deutschland eine installierte Kapazität von 145 Gigawatt (GW) erreichen; 115 GW an Land, 30 GW auf See. Binnen acht Jahren müssen dafür Anlagen mit zusammen rund 80 GW neu errichtet werden, der Ersatz von Altanlagen noch nicht eingerechnet. Durchschnittlich zehn GW im Jahr wären gemessen am aktuellen Zubau eine Verfünffachung des Tempos.

Beton, Stahl, Gusseisen, Carbonkunstoffe, etc.
Hinsichtlich der benötigten Mengen sind Beton, Stahl, Gusseisen, Carbon- und Glasfaserkunststoffe, Zink und Polymere die wichtigsten Rohstoffe der Windkraftindustrie. Gleichwohl bereiten diese aus Sicht der Verfügbarkeit nicht unbedingt die grössten Sorgen, wie die Deutsche Rohstoffagentur (Dera) bilanziert. Beispiel Beton: Mit einem Anteil von 0.6 Prozent der globalen Produktion ist der Bedarf des Windsektors noch recht überschaubar.

Deutlicher schlägt schon der Bedarf an Zink (3.9 Prozent der Weltproduktion) und dem Metall Molybdän (3.5 Prozent) zu Buche. „Potenziell kritisch“ sei die weltweite Marktlage jedoch bei den Seltenen Erden. Dazu zählen Elemente wie Dysprosium und Neodym, die in den Hochleistungs-Permanentmagneten der Windkraft-Generatoren eingesetzt werden.

Im Bereich Photovoltaik
Vergleichbare Rechnungen lassen sich auch für die Photovoltaik anstellen. Ihre installierte Leistung soll in Deutschland bis 2030 noch steiler anwachsen, von aktuell etwas über 60 auf 215 GW. Das wären rund 18 GW pro Jahr.

Auch in diesem Sektor werden Stahl und Beton, darüber hinaus aber auch viel Glas, Kunststoff und Aluminium benötigt. Kritisch könnte es vor allem bei einigen Elementen werden, deren Vorkommen relativ gering sind. Auf Basis der Ausbauprognosen werden in Zukunft jährlich 17 Tonnen Tellur, ähnlich viel Cadmium, rund zehn Tonnen Selen sowie einige Tonnen Indium, Germanium und Gallium gebraucht. Schon heute haben einige der Stoffe der PV-Industrie beträchtliche Anteile am weltweiten Verbrauch des jeweiligen Rohstoffs, Germanium kommt nach Zahlen der Dera auf 15.6 Prozent, Indium auf 4.6 Prozent.

Auch die Elektromobilität
Hinzu kommt, dass neben Windkraft und Photovoltaik auch andere Energiewende-Sektoren Bedarf anmelden – so etwa die Elektromobilität. Schliesslich sollen bis 2030 rund 15 Millionen Elektroautos alleine auf deutschen Strassen fahren. Diese Fahrzeuge werden zum Teil die gleichen Rohstoffe brauchen wie die Wind- und Solarwirtschaft. Das zeigt unter anderem der Bericht „Rohstoffbedarf im Bereich der erneuerbaren Energien“, den das Öko-Institut und Prognos bereits 2019 erstellt hatten. Danach werden zum Beispiel „die Elektroautos hinsichtlich des jährlichen Kupferbedarfs die neu zu installierenden Windkraft- und PV-Anlagen drei- bis sechsmal übertreffen“.

Und die Elektrolyseure
Ein weiterer grosser Rohstoffverbraucher sind Elektrolyseure, wenn die grüne Wasserstoffwirtschaft an Bedeutung gewinnt. Daraus leite sich ein hoher zusätzlicher Rohstoffbedarf ab, sagt Karl Lichtblau, Geschäftsführer der IW Consult am Institut der deutschen Wirtschaft Köln: „Insbesondere bei Rohstoffen wie Iridium, Platin und Nickel kann das zu neuen Knappheiten führen.“

Preisspitzen und instabile Lieferländer
Aus dem Rohstoffbedarf ergeben sich für die betreffenden Hersteller zahlreiche Risiken. Zum einen geht es um die grundsätzliche Verfügbarkeit. Damit eng verzahnt ist das Risiko knappheitsbedingter Preisspitzen. Probleme können auch politisch instabile Lieferländer bereiten, wie etwa die Demokratische Republik Kongo, die den weltweiten Kobalt-Bedarf zu 60 Prozent abdeckt.

Geostrategischen Machtsicherung
Des Weiteren ergeben sich Risiken durch Lieferanten, die ihre Rohstoffvorkommen zur geostrategischen Machtsicherung einsetzen. Zu erleben ist das derzeit beim russischen Erdgas. In diesem Kontext steht bei den Rohstoffen auch immer wieder China im Fokus. „Fast bei allen Rohstoffen, die metallischer Art sind, geht mehr als 50 Prozent des Weltmarkts durch die Hände Chinas“, sagt Jens Gutzmer vom Helmholtz-Institut für Ressourcentechnologie im sächsischen Freiberg. China importiere auch Rohstoffe für die Verarbeitung, sei damit in jedem Fall „das Nadelöhr“. Zumal dort die Geschäftstätigkeit für viele Rohstoffe über sehr wenige, staatlich autorisierte Firmen laufe.

Russland ist wichtiger Lieferant
Auch Russland war bislang ein bedeutender Lieferant von metallischen Rohstoffen. Nach Zahlen der Dera importierte Deutschland im Jahr 2020 Metalle im Wert von 2.8 Milliarden Euro von dort. Gemessen am Warenwert entfiel der grösste Anteil auf Palladium (608 Millionen Euro), gefolgt von Kathodenkupfer (595 Millionen Euro). Aber auch Eisenerz, Raffinadenickel sowie Aluminium- und Titanprodukte waren wichtige Importrohstoffe. Prozentual hatte Russland bei manchen Stoffen einen hohen Anteil an den Gesamtimporten – rund 44 Prozent waren es beim Raffinadenickel, 41 Prozent bei Titanstangen. Die Lieferungen aus Russland in die EU brachen zum Teil nach Kriegsbeginn ein, es finden aber immer noch Importe statt.

Nur als Beiprodukte wirtschaftlich
Mitunter wenig beachtet ist ein weiteres Risiko, das einzelnen Rohstoffen anhaftet – nämlich die zum Teil enge Verzahnung mit anderen Substanzen. Es gibt Elemente, die nur als Beiprodukt eines anderen Rohstoffs überhaupt wirtschaftlich förderbar sind. So zum Beispiel Indium, das in der Photovoltaik eingesetzt wird; dieses wird ausschliesslich als Nebenprodukt bei der Verarbeitung anderer Erzmineralien gewonnen, vor allem der Zinkblende. Somit sind die wirtschaftlich gewinnbaren Indiummengen stets abhängig vom globalen Zinkbedarf, denn nur durch den Verkauf des Zinks lohnt sich der Abbau. Tellur wiederum kommt zumeist zusammen mit Kupfer vor. Bricht die Nachfrage nach dem Hauptmetall ein, wird auch das Nebenmetall knapp.

Windenergie: Preise Massenrohstoffe
Für die Windindustrie sind jedoch vor allem die Preise der Massenrohstoffe entscheidend. „Die Windbranche ist besonders verwundbar bei den Rohstoffen Stahl, Kupfer, Aluminium sowie Glas- und Kohlefaser“, sagt ein Sprecher von Siemens Gamesa. Hinzu komme, dass die Verarbeitung dieser Rohstoffe und der betreffenden Komponenten energieintensiv ist. Durch die derzeit sehr volatilen Energiepreise entstehen damit Preisrisiken.

Unterbrochene Lieferketten und Chaos im Logistikbereich betreffen zudem, ähnlich wie in der Automobilindustrie, auch die Windindustrie. So kam es bereits zu Engpässen bei Komponenten der Leistungselektronik, etwa zur Anlagensteuerung. Auch wenn einige Rohstoff-Preiskurven sich zuletzt rückläufig entwickelt haben – ein mögliches Indiz für eine sich abschwächende globale Konjunktur – geht kaum ein Branchenvertreter davon aus, dass die Preise für Erneuerbaren-Kraftwerke schon bald wieder auf ein Vor-Corona-Niveau fallen werden.

©Text: Bernward Janzing

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1 Kommentare

Fritz Schuppisser

Die Frage der Rohstoff-Verfügbarkeit für Windräder, PV Anlagen, etc., darzustellen ist wertvoll und fällt "beruhigend" aus. Danke. Ich würde begrüssen, dass auch aufgezeigt wird, für was der Rohstoff benötigt wird. Das fördert VERSTEHEN sowie persönliches, zusammenhängendes Denken und INTERESSE! Gruss Fritz Schuppisser

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