Veranschaulichung des Pilotspeichers, mit dem am Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt in Köln das Eintankspeicher-Konzept erprobt wurde. Bild: DLR

Schematische Darstellung eines Eintankspeichers mit Füllmaterial. Bild: CTTC (UPC)/bearbeitet B. Vogel

Schematische Darstellung eines Eintankspeichers mit einem festen Füllstoff, ergänzt um Phasenwechselmaterialen. Bild: CTTC (UPC)/bearbeitet B. Vogel

Ansicht der Korbeinsätze mit den Formsteinen aus Keramik (gebranntem Ton; unten links und rechts im Bild) und den Formsteinen der Firma Kraftblock (Mitte oben im Bild). Bild: DLR

Formsteine aus Hochofen-Schlacke, die als Füllmaterial experimentell getestet wurden (hier ausserhalb des Tanks). Bild: Kraftblock

Darstellung des Temperaturfeldes im Inneren des Versuchsspeichers. Messgrafik: DLR

Schematische Darstellung einer CSP-Anlage mit zwei Tanks für die Zwischenspeicherung der Solarwärme. Illustration: B. Vogel/Shutterstock

Forschungsprojekt mit Beteiligung der OST: CSP-Kraftwerke mit neuartigem Hochtemperaturwärmespeicher – zwei Temperaturen in einem Tank

(BV) Mit konzentrierter Solarstrahlung lassen sich sehr hohe Temperaturen erzielen. Mit Hilfe von Wärmetransfermedien und Turbinen lässt sich daraus Strom erzeugen. Solarthermische Kraftwerke werden in den allermeisten Fällen in Kombination mit einem Hochtemperaturwärmespeicher betrieben. Das ermöglicht eine gut disponierbare Stromproduktion (Bandlastfähigkeit). Im transnationalen und über das BFE mitgeförderten Projekt Newcline wurde ein neuartiges Speicherkonzept untersucht, um die Kosten für solche Speicher zu reduzieren.


Wer Sonnenlicht mit einer Linse bündelt, kann leicht ein Feuer entfachen. Nach diesem Prinzip funktionieren Kraftwerke mit konzentrierter Solarenergie (englisch: Concentrated Solar Power/CSP). CSP-Kraftwerke wurden bereits in sonnenreichen Regionen Spaniens und der USA errichtet, ebenfalls in Afrika, China oder Indien. In den Vereinigten Arabischen Emiraten (V.A.E.) entsteht seit 2013 ein grosser Solarpark, der in der aktuellen Ausbauphase unter dem Namen ‘Noor Energy 1’ ein CSP-Kraftwerk mit einer Leistung von 700 MW einschliesst. Das entspricht ungefähr der Leistung von 100 grossen Windkraftwerken. 600 MW stammen aus einem Parabolrinnen-Kraftwerk. Weitere 100 MW werden von 70'000 drehbaren Spiegeln (Heliostaten) beigesteuert, die das Sonnenlicht auf einen zentralen Empfänger bündeln, der auf einem 260 Meter hohen Turm platziert ist.

Bis zu 560 °C
Parabolrinnen-Kraftwerke erreichen in bisherigen Anwendungen Temperaturen im Bereich von 300 bis 400 °C, Solarturm-Kraftwerke bis zu 560 °C. Mit dieser Wärme wird Dampf erzeugt, der anschliessend in Dampfturbinen zur Stromerzeugung genutzt wird (vg. Abb. 08). Werden die solar erhitzen Flüssigkeiten (Wasser, Thermoöle, geschmolzene Salze) zwischengespeichert, können CSP-Kraftwerke auch dann Strom erzeugen, wenn die Sonne nicht mehr am Himmel steht. So gehört zum oben erwähnten CSP-Kraftwerk in den V.A.E. ein Grossspeicher, der gemäss Angaben der Erbauer eine Kapazität von 5900 MWh hat und die Stromproduktion während 15 Stunden sicherstellt. Damit erlaubt er die Produktion von Strom rund um die Uhr; sie ist vom Sonnenschein entkoppelt und kann zur Deckung der Bandlast eingesetzt werden.

Flüssigsalz als Speichermedium
In Niedrigtemperatur-Solarsystemen wird die Solarwärme in der Regel in Wassertanks gespeichert. Mit zunehmender Temperatur sind jedoch hohe Drücke erforderlich, um zu verhindern, dass das Wasser kocht, was häufig zusätzliche Kosten für Stahlrohre und Speichertanks verursacht. Ab einem bestimmten Temperaturniveau ist dies nicht mehr wirtschaftlich. CSP-Kraftwerke verwenden daher andere Materialien als Wärmeübertragungs- oder Speichermedien, heute in der Regel Flüssigsalz.

Zwei-Tank-Prinzip
Wärmespeicher von CSP-Anlagen nutzen herkömmlicherweise zwei Tanks: Während des Tages, wenn die Sonne scheint, wird die Sonnenenergie gleichzeitig zum Antrieb des Kraftwerksblocks und zur Speicherung von Energie für die Nacht genutzt. Zu diesem Zweck wird überschüssige Energie gespeichert, indem Flüssigsalz aus einem ‘kalten’ Tank erhitzt und anschliessend in den ‘heissen’ Tank gepumpt wird. Während der Nacht wird das heisse Flüssigsalz zur Stromerzeugung im Kraftwerksblock genutzt und die abgekühlte Flüssigkeit anschliessend in den ‘kalten’ Tank gepumpt. Grossspeicher nach diesem Zwei-Tank-Prinzip werden im Solarpark in den V.A.E. und in anderen Ländern heute schon kommerziell eingesetzt. Die dafür nötigen Tanks können einen Durchmesser von 40 Metern haben und deutlich über 10 Meter hoch sein.

Zwei Temperaturen, ein Tank
Ein europäisches Forschungskonsortium mit dem Namen Newcline hat sich zum Ziel gesetzt, dieses Speicherkonzept für CSP-Kraftwerke zu verbessern. Die Grundidee: Das heisse und das abgekühlte Flüssigsalz sollen nicht in zwei, sondern in einem einzigen Tank gelagert werden. Der Laie mag denken, das könne nicht funktionieren, weil sich Heiss und Kalt umgehend vermischen. Doch das ist nicht der Fall: Heisses Flüssigsalz hat eine deutlich geringere Dichte als kühleres Flüssigsalz und schwimmt daher obenauf. So können unterschiedlich heisse Chargen von Flüssigsalz über Stunden praktisch unvermischt in einem einzigen Tank gelagert werden – getrennt durch eine relativ schmale Grenzschicht (fachsprachlich «Thermokline» genannt). Thermokline-Speicher sind geeignet, unterschiedliche heisse Flüssigkeit in CSP-Kraftwerken über Stunden oder sogar Tage zu puffern.

Keramik und verfestigte Hochofen-Schlacke
Eine Hauptfrage von Newcline war nun, ob man den Bedarf an teurem Flüssigsalz reduzieren kann, indem man in den Thermokline-Speicher einen kostengünstigen Feststoff einbringt. Die Forscherinnen und Forscher führten am Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) in Köln zunächst 2000-Stunden-Tests im Labor durch, um geeignete Materialien zu identifizieren. Geeignet sind Feststoffe, die unter anderem dank einer grossen Oberfläche aus dem Flüssigsalz schnell viel Wärme aufnehmen können, ohne von diesem chemisch zersetzt zu werden. Zwei vielversprechende Kandidaten wurden identifiziert: der eine aus Keramik, der andere aus verfestigter Hochofen-Schlacke. Im nächsten Schritt wurden die Stoffe in der Kölner Versuchsanlage TESIS (Testanlage für Wärmespeicherung in Salzschmelzen) im grösseren Massstab getestet. Die Anlage besteht aus einem sechs Meter hohen Tank mit 20 m3 Volumen und einer Kapazität von 4 MWh.

Füllmaterialien getestet
In früheren Versuchen waren Füllstoff Schüttungen aus Basaltsteinen getestet worden. Diese haben jedoch den Nachteil, dass es bei Temperaturwechseln im Tank zu einem unerwünschten Absacken kommt. Um dieses Problem zu umgehen, setzten die Newcline-Forscher nun Füllstoffe mit fester Form ein, insbesondere stapelbare Ziegel. Diese wurden mit drei Korbeinsätzen in den Eintankspeicher eingebracht (vgl. Abb. 06). Als Wärmeträgermedium dient flüssiges Solarsalz, ein Gemisch aus 60 % Natriumnitrat und 40 % Kaliumnitrat (Schmelzpunkt: 260 °C). Im Versuchstank hat das Flüssigsalz unten eine Temperatur von 290 °C, oben 560 °C. Mit dieser Anlage untersuchten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler das thermische Verhalten des Speichers und glichen die Ergebnisse mit zuvor entwickelten Simulationsmodellen ab.

Vielversprechende Option
«Unsere Experimente haben gezeigt, dass Eintankspeicher mit geeigneten Füllstoffen eine vielversprechende Option sind», sagt DLR-Forscher Christian Odenthal. «Um einen optimalen Füllstoff zu finden, sind indes weitere Forschung und Langzeittests erforderlich. Zudem könnten sich weitere Konzepte als zielführend erweisen, z.B. jenes, bei dem das Füllmaterial nur mit dem für den Wärmetransport zuständigen Flüssigsalz berieselt wird.»

OST steuert Simulationen bei
Ein wichtiger Beitrag zu Newcline stammt vom SPF Institut für Solartechnik der Ostschweizer Fachhochschule (OST). Hier ging es darum, Zustände und Veränderungen der Speichersysteme und ihre Einflussfaktoren einschliesslich der zugehörigen Solarkraftwerke vertieft zu verstehen. Dafür wurden Simulationen unter Beizug des Softwarewerkzeugs Trnsys/pytrnsys erstelllt. Simulationen sind die Voraussetzung, um künftige Speicher möglichst leistungsfähig und mit geringen Verlusten bauen zu können. «Unsere Modelle und Simulationen tragen dazu bei, die Integration dieser zukünftigen Speichersysteme in CSP-Kraftwerke zu verstehen und zu verbessern, um sie letztendlich wirtschaftlich rentabel zu machen», sagt Ignacio Gurruchaga, wissenschaftlicher Mitarbeiter am SPF in Rapperswil.

Kosten um 20% senken
Die OST-Forschenden haben in ihren Simulationen ferner ein Speicherkonzept durchgerechnet, das bisher nicht am Kölner Pilotspeicher experimentell untersucht werden konnte: Hierbei werden als Füllmaterialien ergänzend zu den Keramikziegeln sogenannte Phasenwechselmaterialien (PCM) eingesetzt. PCM sind Stoffe, die dank ihrer physikalischen Eigenschaften unerwünschte Temperaturentwicklungen bei den Zu- und Abflüssen des Speichertanks vermeiden bzw. verzögern. Sie haben das Potenzial, die Leistungsfähigkeit des Eintankspeichers zu erhöhen. «Wir erwarten, die Kosten für Eintankspeicher dank der Verbesserungen, die im Newcline-Projekt untersucht wurden, um 20 % senken zu können», sagt Gurruchaga. «Das ist wichtig, denn leistungsfähige Speicher erhöhen die Betriebszeit und damit die Wirtschaftlichkeit der Solarkraftwerke.» Der OST-Forscher betont, dass bis zu einer kommerziellen Anwendung des neuen Speicherkonzepts noch erhebliche Forschungsanstrengungen erforderlich sein werden.


Forschungskonsortium
Der Forschungsverbund Newcline versammelt Partner aus Spanien, Deutschland und der Schweiz: die Polytechnische Universität in Terrassa (in der Nähe von Barcelona), das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (Köln), das Engineering-Unternehmen Empresarios Agrupados (Madrid), die 2014 gegründete Verbundwerkstoff-Entwicklerin Kraftblock (Saarbrücken), und das SPF Institut für Solartechnik an der Ostschweizer Fachhochschule (Standort Rapperswil).

Newcline ist Teil des länderübergreifenden Forschungsverbunds CSP ERA-NET, der sich der Fortentwicklung der CSP-Technologie widmet, um damit einen Beitrag zur Produktion von Solarstrom zu leisten. Newcline endet nach vierjähriger Arbeit im Frühjahr 2024.

www.csp-eranet.eu >>


  • Auskünfte zum Projekt erteilt Stefan Oberholzer (stefan.oberholzer[at]bfe.admin.ch), Leiter des BFE-Forschungsprogramms Solare Hochtemperaturenergie.
  • Weitere Fachbeiträge über Forschungs-, Pilot-, Demonstrations- und Leuchtturmprojekte im Bereich Solare Hochtemperaturenergie finden Sie unter www.bfe.admin.ch/ec-solar.

©Text: Benedikt Vogel, im Auftrag des Bundesamts für Energie (BFE)

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