Die SES fordert die AKW-Betreiber auf, ihre Anliegen und Sichtweisen in der Stenfo-VK einzubringen und deren Entscheide in der Folge mitzutragen. Ansonsten stellt sich die Frage, ob ihr Einsitz im Stenfo noch Sinn macht.

Stilllegungs- und Entsorgungsfonds: AKW-Betreiber sind mit Powerplay erfolgreich

(SES) Am 4. Dezember 2020 hat die Verwaltungskommission des Stilllegungs- und Entsorgungsfonds (Stenfo-VK) die Kosten für Stilllegung der AKW und Entsorgung radioaktiver Abfälle nach unten korrigiert (siehe ee-news.ch vom 29.12.20 >>). Die AKW-Betreiber waren mit ihren Beschwerden vor Bundesgericht sowie dem Druck innerhalb des Stenfo erfolgreich. Sie haben sich tiefere Kosten erkämpft und drohen trotzdem mit einer Klage. Die Schweizerische Energie-Stiftung (SES) kritisiert die destruktive Vorgehensweise der AKW-Betreiber.


Dem jüngsten Entscheid der Stenfo-VK, die Stilllegungs- und Entsorgungskosten auf 23.856 Milliarden Franken festzulegen, gingen jahrelange Streitigkeiten um Kompetenzen und Rechtsauslegung voran. Das UVEK hatte in seiner vom Bundesgericht annullierten Verfügung von 2018 in allen umstrittenen Fragen (grüne Wiese, Kombilager, Abgeltungen - Vgl. Chronologie unten) zulasten der AKW-Betreiber entschieden und die Kosten damals um rund eine Milliarde angehoben. Die AKW-Betreiber sind in allen drei Fragen anderer Meinung und haben sowohl diese Verfügung aber auch die UVEK-Vorgaben für die Kostenstudie 2021 (KS21) eingeklagt. Selbst die neuste Verfügung des Stenfo kritisieren sie in einer Stellungnahme und lassen sich den Gang vor Gericht offen.

Kein Schutz der Steuerzahlenden
Der Kern des Streits bilden die unterschiedlichen Positionen zwischen dem Bund, der per Gesetz im Notfall für die Stilllegungs- und Entsorgungskosten einspringen muss, und den AKW-Betreibern, die um die Rentabilität der AKW fürchten. Die Stenfo-VK, in der drei Mitglieder der AKW-Betreiber sitzen, wird zwischen diesen beiden Positionen aufgerieben. Das Bundesgericht sieht nun allerdings keine Gesetzesgrundlage dafür, dass sich der Bund vor den Kostenrisiken – und somit die Steuerzahlenden - schützen darf. Die Entscheidungsmacht über die Stilllegungs- und Entsorgungskosten liegt alleine bei der Stenfo-VK.

Blockadepolitik der AKW
Die ständigen Klagen gegen Verfügungen und Vorgaben erschweren einerseits die Arbeit des Stenfo und zeigen andererseits, dass die Betreiber lieber auf die Steuerzahlenden hoffen als die eigene Entsorgungspflicht ernst zu nehmen. Die SES fordert die AKW-Betreiber auf, ihre Anliegen und Sichtweisen in der Stenfo-VK einzubringen und deren Entscheide in der Folge mitzutragen. Ansonsten stellt sich die Frage, ob ihr Einsitz im Stenfo noch Sinn macht.

Chronologie der Gesamtkosten für Stilllegung und Entsorgung

Kostenstudie 2016

23.3 Mrd. CHF

Stenfo Antrag ans UVEK

23.48 Mrd. CHF

UVEK Verfügung 2018

24.58 Mrd. CHF

BGer-Urteil 2020:

24.58 Mrd. CHF

UVEK ist nicht zuständig. STENFO legt Kosten definitiv fest.

 

Stenfo Verfügung 2020:

23.856 Mrd. CHF

Umstrittene Punkte

Die Stenfo-Verwaltungskommission (VK) hat in ihrer Medienmitteilung (siehe ee-news.ch vom 29.12.20 >>) festgehalten, dass sie gegenüber 2017 eine Neubeurteilung dreier strittiger Kostenpunkte geführt haben. Es stellten sich die Fragen:

  • Müssen die Stilllegungskosten eine «grüne» oder «braune» Wiese berücksichtigen? Der Unterschied ist: Die grüne Wiese entspricht dem Areal, wie es vor dem Bau des AKW ausgesehen hat. Die braune Wiese hingegen postuliert, dass alle nuklearen Anlagenteile entfernt werden müssen, alle weiteren würden für andere industrielle Nutzungen offen stehen und müssen nicht zurückgebaut werden.

  • Wie hoch sind die Chancen für ein kostengünstiges Kombilager anstelle je eines separaten Lagers für hoch- und mittel/schwachaktiver Abfälle?

  • Müssen an die Trägergemeinden der Lagerstandorte Abgeltungen bezahlt werden und in welcher Höhe?

Text: Schweizerische Energie-Stiftung

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2 Kommentare

H. B.

Lieber Max Blatter, ich bin vollkommen Ihrer Meinung! Der Begriff Technostalgie sollte in diesem Zusammenhang unbedingt größere Verbreitung erfahren. Tragisch, dass die extrem teueren, veraltetene Techonologien wie Nuklearenergie und Verbrennungsmotor durch das Verschweigen der wahren Gesamtkosten immer noch künstlich am Leben erhalten werden, obwohl bereits weit bessere und ökonomischere Technologien zur Verfügung stehen.

Max Blatter

Da ist die Rede von "AKW-Betreibern, die um die Rentabilität der AKW fürchten":
Na ja, es liegt eben im Wesen der Nutzung nicht-erneuerbarer Energieressourcen, dass im Laufe der Zeit versteckte Kosten auftauchen, die das Ganze immer unwirtschaftlicher machen. Im Gegensatz zu erneuerbaren Ressourcen, die nach manchmal relativ hohen Anfangsinvestitionen mit zunehmender Nutzungsdauer immer wirtschaftlicher werden.

Ich nenne das Festhalten an veralteten Technologien übrigens "Technostalgie" und zähle neben der Nuklearenergie etwa auch Vinylschallplatten, mechanische Uhren, Dampflokomotiven, Verbrennungsmotoren u. dgl. dazu.
Mit dieser Aufzählung habe ich nun wohl 99 % der Bevölkerung gegen mich, aber Gegenwind erfrischt ...

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