Die komplette Unit wurde vorfabriziert und innerhalb eines einzigen Tages in unser Forschungsgebäude auf dem Empa-Campus in Dübendorf eingebaut. Bild: Empa

Das Werk «Building from Waste» ist ein systematischer Überblick über die aus Abfall als erneuerbarem Rohstoff produzierten Baumaterialien und ihre Anwendung in Architektur und Innenraumgestaltung. Bild: Zooey Braun

Mit der Umsetzung und der Demonstration des konsequenten Kreislaufkonzepts in einem realen und bewohnten Bauprojekt, erhoffen sich Empa und Eawag, ein Umdenken im Bauwesen anstossen zu können. Bild: zVg

NEST-Verantwortlicher Peter Richner, stellvertretender Direktor. Tätigkeitsgebiete: Ingenieurwissenschaften mit Forschungsschwerpunkt Energie und energieeffizientes Bauen. ©Bild: T. Rütti

Konzipiert wurde der neueste NEST-Einschub von Werner Sobek, Professor der Universität Stuttgart, zusammen mit Felix Heisel vom Karlsruher Institut für Technologie (KIT) und Prof. Dirk E. Hebel. ©Bild: T. Rütti

Die verwendeten Materialien werden nicht verbraucht und dann entsorgt; sie werden vielmehr für eine bestimmte Zeit aus ihrem Kreislauf entnommen. ©Bild: T. Rütti

EMPA/NEST: «Urban Mining & Recycling» - Abfall konsequent für den Bau wiederverwertet

(©TR) Ein Wohnmodul, das «sortenrein» aus wiederverwendbaren oder kompostierbaren Materialien konstruiert wurde: Das ist die neueste NEST-Unit des modularen Forschungs- und Innovationsgebäude von Empa und Eawag. «Urban Mining & Recycling», so der Name der neuen Unit, wird fortan zwei Studierenden ein Zuhause bieten.


Die neueste NEST-Unit soll gleichzeitig sowohl als Wohnung als auch als «belebtes Labor» dienen. Und vor allem den Wandel der Bauindustrie in Richtung Kreislaufwirtschaft beschleunigen. Denn: Immer knapper werdende Ressourcen und daraus abgeleitete das Bedürfnis, der grassierenden Wegwerfmentalität soll eine Abfuhr erteilt werden: Dies führt laut NEST-Verantwortlichem Peter Richner dazu, dass sich die Baubranche vermehrt Gedanken über die Mehrfachnutzung und Rezyklierbarkeit von Materialien sowie über alternative Konstruktionsmethoden machen muss. Die neueste NEST-Unit «Urban Mining & Recycling» setzt diese Ideen konsequent um. NEST steht für Next Evolution in Sustainable Building Technologies.

Mit weniger Materialien für mehr Menschen bauen
Entstanden ist im zürcherischen Dübendorf ein Wohnmodul, dessen Strukturen und Materialien nach dem Rückbau vollständig und sortenrein wieder- oder weiterverwendet, rezykliert oder kompostiert werden können. Konzept, Entwurf und Objektplanung dazu stammen von Werner Sobek, Dirk E. Hebel und Felix Heisel. «Das nach wie vor anhaltende Wachstum der Weltbevölkerung sowie zur Neige gehende Ressourcen erfordern dringend ein Umdenken im Bauwesen. Künftig müssen wir mit sehr viel weniger Materialien für sehr viel mehr Menschen bauen», so Architekt und Professor Werner Sobek, Leiter des Instituts für Leichtbau Entwerfen und Konstruieren der Universität Stuttgart und Gründer der gleichnamigen Unternehmensgruppe. Prof. Hebel ist Leiter und Felix Heisel Forschungsverantwortlicher des Fachgebiets Nachhaltiges Bauen am Karlsruher Institut für Technologie KIT und des Future Cities Laboratory am Singapore-ETH Centre.

Umsetzung des konsequenten Kreislaufkonzepts
«Die komplette Unit wurde vorfabriziert und innerhalb eines einzigen Tages in unser Forschungsgebäude auf dem Empa-Campus in Dübendorf eingebaut», so Peter Richner. In Kürze werden zwei Studierende in die Dreizimmerwohnung einziehen und sich mit den beteiligten Forschern regelmässig über ihre Alltagserfahrungen austauschen. Mit der Umsetzung und der Demonstration des konsequenten Kreislaufkonzepts in einem realen und bewohnten Bauprojekt, erhoffen sich Empa und Eawag, ein Umdenken im Bauwesen anstossen zu können. In Zukunft sollen Gebäude nicht nur Wohn- und Arbeitsraum bieten, sondern gleichzeitig auch als Materiallager für die nächste Generation dienen.

Die Materialien sind «sortenrein» und «rückstandsfrei»

Auf dem Weg zu einer nachhaltigeren Bauwirtschaft nimmt der Kreislaufgedanke eine Schlüsselrolle ein: «Die verwendeten Materialien werden nicht verbraucht und dann entsorgt; sie sind vielmehr für eine bestimmte Zeit aus ihrem Kreislauf entnommen und werden später wieder in diesen zurückgeführt», erklärt Prof. Hebel das Konzept. In der NEST-Unit «Urban Mining & Recycling» kommen dementsprechend verschiedenste, seriell verarbeitete Bauelemente zum Einsatz, deren unterschiedliche Materialien «sortenrein und rückstandsfrei» in ihre jeweiligen Stoffkreisläufe zurückgeführt werden können. Unter anderem werden neuartige Dämmplatten aus Pilz-Myzelium, innovative Recyclingsteine, wiederverwertete Isolationsmaterialien sowie nicht angekaufte, sondern bloss geleaste Teppichböden verwendet.

Reversible Materialverbindungen
zur sortenreinen Trennung
Das Tragwerk und grosse Teile von NEST, dem modularen Forschungs- und Innovationsgebäude der Empa und Eawag, bestehen aus unbehandeltem Holz. «Hier liegt die Innovation in den Verbindungen», erklärt Felix Heisel vom KIT. «Sämtliche Verbindungen können auf einfache Weise rückgängig gemacht werden, da die Materialien beispielsweise nicht verklebt, sondern gesteckt, verschränkt oder verschraubt wurden.» Das eingesetzte Holz wird zudem so verwendet, dass eine sonst übliche chemische Behandlung nicht nötig ist und damit die sortenreine Wiederverwertung oder eine rein biologische Kompostierung möglich wird. Zusätzlich zum Holz besteht die Einfassung der Fassade aus wiederverwendeten Kupferplatten, die zuvor das Dach eines Hotels in Österreich deckten, bzw. aus Platten, die aus eingeschmolzenem, wiederverwertetem Kupfer gefertigt wurden.

NEST – gemeinsam an der Zukunft bauen

NEST soll den Innovationsprozess ankurbeln, indem es eine Plattform bietet, auf der Neues unter realen Bedingungen getestet, optimiert und demonstriert wird. Das modulare Forschungs- und Innovationsgebäude besteht aus einem zentralen Rückgrat – dem «Backbone» – und drei offenen Plattformen, auf denen einzelne Forschungs- und Innovationsmodule nach einem «Plug-&-Play»-Prinzip installiert werden können. In diesen Units wird gearbeitet und gewohnt. Gleichzeitig sind sie belebte Versuchslabors. Im NEST arbeiten nationale und internationale Forscherteams aus Universitäten und Fachhochschulen, Architekturbüros und innovative Firmen aus der Baubranche zusammen. Gemeinsam erschaffen Forschung, Wirtschaft und öffentliche Hand die Zukunft des Bau- und Energiebereichs.

Ein Werk zum Nachschlage, Print oder e-Book
Beliebt gemacht wurde einem an der gut besuchten Medienveranstaltung auch das Werk «Building from Waste». Es ist dies ein systematischer Überblick über die aus Abfall als erneuerbarem Rohstoff produzierten Baumaterialien und ihre Anwendung in Architektur, Innenraumgestaltung und Produktdesigne. Das zugrunde liegende Konzept zusätzlicher Lebenszyklen geht über blosses Recycling hinaus und umfasst die Herstellungs- und Wirkungsweisen der Verdichtung, physischen und chemischen Verwandlungen, multifunktionalen Gestaltung und biologisch-chemischen Wachstumsprozesse. Dirk. E. Hebel, Felix Heisel und Marta H. Wisniewska sind die Autoren. (Print: ISBN 978-3-03821-584-4, eBook ISBN 978-3-03821-375-8, EMPA und NEST offerieren das Werk ihren Gästen und Mitgliedern zum Sonderpreis).

©Text: Toni Rütti, Redaktor ee-news.ch 

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