China überschwemmt Europa mit Solarpaneelen sowie deren Schlüsselkomponenten – Solarzellen und -wafer – zu Dumpingpreisen. So zumal sieht es die EU.

EU: «Antidumpingzölle» für Chinas Solarindustrie

(©TR) Europäische Hersteller klagen, chinesische Dumpingpreise würden ihre Existenz bedrohen. Die EU-Kommission führt nun gestaffelte Strafzölle für chinesische Solarprodukte ein, in der Hoffnung, dass sich die chinesische Regierung bald bewegt, wie der «Echo der Zeit»-Korrespondent Urs Bruderer in seinem Radiobeitrag sowie auch verschiedene die Tageszeitungen berichten. Manche Beobachter warnen jetzt vor einem chinesisch-europäischen Handelskrieg.


China überschwemmt Europa mit Solarpaneelen sowie deren Schlüsselkomponenten – Solarzellen und -wafer – zu Dumpingpreisen. So zumal sieht es die EU, die den Markt neun Monate lang untersuchte. Die Frage, die dabei beantwortet werden sollte, lautet schlicht: Betreiben die Chinesen Dumping? Nun gab der EU-Handelskommissar Karel De Gucht die Antwort: Ja, die chinesische Solarindustrie verschleudert ihre Panels zu Dumpingpreisen. Dazu SRF-Korrespondent Urs Bruderer: «Europa ist bei weitem der grösste Markt für Solarpanels.»

Solarpanels für über 20 Milliarden Euro 
In guten Jahren werden hier Panels für über 20 Mililarden Euro gekauft. Dieser grosse Markt war lange in europäischer Hand, bis die chinesischen Hersteller auftraten. In Windeseile hat China 80 Prozent des Marktes erobert. Jetzt stehen manche europäischen Hersteller vor dem Bankrott.» EU-Handelskommissar Karel De Gucht  wehrte sich laut Urs Bruderer gegen den Vorwurf des Protektionismus. Man halte sich strikt an die Fakten und an die Weltwirtschaftsregeln der WTO. Ja, man sei sogar sanft. Denn bei wirtschaftlichem Fairplay müssten die Chinesen laut EU-Bericht ihre Panels um 88 Prozent teurer verkaufen.

Prozentuale Bandbreite zwischen 37.2 und 67.9 %
Als Folge dieser dramatischen Entwicklung will jetzt die EU-Kommission den Import mit entsprechenden «Antidumpingzöllen» belegen. Diese Regelung soll für zunächst bis zu einem halben Jahr gelten. In einer ersten Phase, die bis am 6. August dauert, werden demnach alle Einfuhren mit demselben Zusatzzoll von knapp 12 % des Importwerts belastet. Anschliessend steigt der Strafzoll auf fast 50 % des Marktpreises, wobei ab dieser Phase differenziert werden soll: Produkte von chinesischen Unternehmen, die während der Antidumping-Untersuchung mit der EU kooperierten, werden mit tieferen Zöllen belegt, die anderen mit höheren bestraft. Die prozentuale Bandbreite soll stark variieren, nämlich zwischen 37.2 und 67.9 Prozent.

A
brupte Marktstörungen verhindern
Wegen des hohen Marktanteils dieser Produkte in der EU von über 80% (2011/12) sollen mit diesem Vorgehen einerseits abrupte Marktstörungen vermieden werden, wie der EU-Handelskommissar Karel De Gucht das Eingreifen rechtfertigt. Andererseits soll mit diesem Vorgehen ein Anreiz für chinesische Unternehmen geschaffen werden, eine einvernehmliche Einigung anzustreben und einzuwilligen. Dies laut De Gucht im Sinne eines fairen, einmaligen Angebotes. Dank einer Verhandlungslösung soll vermieden werden, dass die Preise unter eine bestimmte Limiten sinken.

Verhandlungslösung
wird favorisiert
De Gucht scheint grossen Wert auf eine einvernehmliche Einigung zu legen. Die angepeilte Verhandlungslösung könnte auch auf die eher unbequeme Lage zurückgeführt werden, in welche die Kommission geraten ist: 2012 hat sie auf Begehren von europäischen Herstellern von Solarpaneelen eine Antidumping-Untersuchung veranlasst. Als dann tatsächlich Dumpingpreise beim Verkauf der Paneele unter dem normalen Marktwert ausgemacht werden mussten, stieg der Widerstand gegen die Verhängung von Zusatzzöllen. Neben vor- und nachgelagerten Branchen, wie Installateure von Solarpaneelen, wehrten sich auch breitere Wirtschaftskreise. Installateure, die sich bei den Chinesen mit billigen Panels eindecken, befürchten, dass die Solarbranche Europas einen schweren Rückschlag erleiden und massenhaft Jobs verloren gehen könnten. Bei einer Konsultation der Mitgliedstaaten hatte sich vor kurzem eine Mehrheit gegen Zusatzzölle gestellt (NZZ vom 28. 5. 13). «Manchen der Gegner dürfte es indessen weniger um liberale Grundsätze als um die Furcht vor einer Verärgerung oder gar Gegenmassnahmen des Handelspartners China gehen», schrieb jetzt René Höltschi aus Brüssel in der NZZ.

Schädigung von EU-Unternehmen

Im Rahmen der Untersuchung wurde nicht nur Dumping festgestellt, sondern auch eine Schädigung von EU-Unternehmen, so De Gucht. Mindestens 25‘000 Arbeitsplätze seien nämlich gefährdet. Ein fairer Marktpreis für die Paneele läge etwa 88% über dem derzeitigen Verkaufspreis in der EU. Dass die Zusatzzölle im Durchschnitt dennoch «nur» 47% betragen, erkläre sich daraus, dass laut der EU-Untersuchung ein Satz in dieser Höhe ausreicht, um den Schaden für die EU-Hersteller zu beseitigen und ihnen den Verkauf ihrer Produkte mit angemessenen Gewinnen zu ermöglichen. Die Kommission führt das Dumping auf Überkapazitäten der vom Staat geförderten chinesischen Solarindustrie zurück.

Vorläufige
Zölle durch definitive ablösen?
Spätestens am 5. Dezember 2013 muss die EU ihre Untersuchung abschliessen und entscheiden, ob sie die vorläufigen Zölle für bis zu fünf Jahre durch definitive ablöst. Dazu ist in der NZZ zu lesen: «Im Gegensatz zum jetzigen Schritt werden dannzumal die Mitgliedstaaten das letzte Wort haben. Gelingt bis dann keine Verhandlungslösung, könnte der Entscheid zu einer argen Belastungsprobe werden. Noch hängig sind derweil eine parallele Antisubventions-Untersuchung der EU gegen chinesische Solarpaneele und eine Antidumping-Untersuchung gegen Solar-Glas aus China.»

Echo der Zeit vom 4. Juni 2013 >>

©Text: Toni Rütti, Redaktor ee-news.ch, Quellen: SRF und NZZ

show all

1 Kommentare

Ing.Hans-Ehlert Wohlers

Ich bin auch der Meinung,dass wir uns gegen Dumpingpreise wehren.

Kommentar hinzufügen

Partner

  • Agentur Erneuerbare Energien und Energieeffizienz

Ist Ihr Unternehmen im Bereich erneuerbare Energien oder Energieeffizienz tätig? Dann senden sie ein e-Mail an info@ee-news.ch mit Name, Adresse, Tätigkeitsfeld und Mail, dann nehmen wir Sie gerne ins Firmenverzeichnis auf.

Top

Gelesen
|
Kommentiert