Plastersteine zur Energiewende. © Bild: energie-cluster

Barbara Egger-Jenzer, Regierungsrätin und Direktorin der Bau-, Verkehrs- und Energiedirektion des Kantons Bern. © Bild: energie-cluster

Barbara Egger-Jenzer: Es ist Zeit für die Energiewende

(PM) Am 31. Januar 2013 werden in Bern die Energie-Apéros der Kantone Bern, Solothurn und Wallis starten. Die Regierungsrätin und Direktorin der Bau-, Verkehrs- und Energiedirektion des Kantons Bern, Barbara Egger-Jenzer, wird über die neuen Massnahmen und Aktionen im Kanton Bern berichten. Gleichzeitig eröffnet sie mit ihrem Ein-führungsreferat die 15 Energie-Apéros.


Der erste Apéro steht unter dem Thema: Konkrete Schritte zur Energiewende. Im folgenden Interview geht Barbara Egger-Jenzer auf einzelne Aspekte näher ein und erläutert die Zusammenhänge auf dem Weg der Energiewende.

Am vergangenen Herbstseminar in Bern haben Sie zum Thema „Wege zur Energiewende“ auf die Energiestrategie des Kantons Bern aus dem Jahr 2006 hingewiesen. Was sind bisher die wichtigsten Kriterien für eine erfolgreiche Umsetzung gewesen?
Barbara Egger-Jenzer: Unser erster grosser Schritt zur Energiewende war die Revision und Inkraftsetzung des kantonalen Energiegesetzes. Das neue Gesetz umfasst sehr viele Massnahmen zur Umsetzung unserer Energiestrategie und zählt zu den fortschrittlichsten Energiegesetzen der Schweiz. Das ist wichtig, denn die beste Strategie nützt nichts, wenn es keine konkrete Umsetzung gibt. Diese kann allerdings nur schrittweise erfolgen, denn die Entwicklungen von Technik und Gesellschaft können nicht über 30 Jahre vorhergesagt werden. Es braucht deshalb eine periodische Neueinschätzung und Festlegung von neuen Massnahmen. Für die Energiestrategie haben wir dazu einen 4-Jahresrhythmus festgelegt, mit einer Massnahmenplanung und einer Überprüfung der erreichten Umsetzung.

 

Mit Ihrem anschaulichen Bild der Pflastersteine zur Energiewende zeigten Sie die chronologische Entwicklung hin zur Energiewen-de auf. Was sind dabei die Neuerungen, welche nun zur Anwendung kommen?
Zur Anwendung kommen einerseits die bereits erwähnten neuen Bestimmungen im revidierten Energiegesetz und andererseits diverse weitere Verbesserungen und Vereinfachungen bei den Planungs- und Bewilligungsverfahren. Ich denke da insbesondere an unsere Wassernutzungsstrategie und an die Windrichtplanung oder an die Richtlinien für baubewilligungsfreie Anlagen zur Gewinnung von erneuerbaren Energien. Hinzu kommt unser innovatives Förderprogramm, welches wir trotz der schwierigen Finanzlage des Kantons weiterführen. Mit diesem Programm haben wir es geschafft, die Sanierungsrate bei den Gebäuden deutlich zu steigern.

Inzwischen haben Sie mit dem Berner Förderprogramm den Spitzenplatz auf der Wir-kungsrangliste der Kantone erreicht. Bern hat die grössten Mehrinvestitionen mit energetischer Wirkung auslösen können. Was ist Ihr Rezept dafür?
Um die Energiewende voranzutreiben, gibt es grundsätzlich drei Möglichkeiten: Mit Verboten, mit finanziellen Anreizen oder mit Beratungen. Idealerweise kombiniert man diese drei Möglichkeiten und lässt dabei dem Bauherrn möglichst viel Freiraum. So erzielt man eine gute Wirkung. Nehmen Sie als Beispiel die Elektroheizungen: Der Ersatz oder Neuinstallationen sind verboten, innerhalb von 20 Jahren müssen alle bestehenden Anlagen ersetzt werden. Der Bauherr bekommt einerseits eine Unterstützung bei der Beratung durch einen GEAK-Experten und andererseits einen Förderbeitrag beim Ersatz der alten Heizung mit erneuerbarer Energie.
Bei den Gebäudesanierungen gehen wir ebenfalls einen neuen Weg: Wir lassen es dem Bauherrn offen, ob er eine Sanierung in mehreren Schritten oder eine Gesamtsanierung vor-nimmt. Der Förderbeitrag ist dabei abhängig von der Verbesserung bei der Gebäudehülle und der Gesamtenergieeffizienz. Neu ist auch, dass Bauherren, welche statt einer Sanierung einen Ersatzneubau realisieren, ebenfalls Förderbeiträge erhalten können.

Immer wieder erscheinen Zweifel gegenüber den wirtschaftlichen Auswirkungen einer verstärkten Betonung erneuerbarer Energien. Der Kanton Bern belegt den Erfolg mit Zahlen: Wertschöpfung, Arbeitsplätze und Exportaktivitäten zeigen positive Resultate. Weshalb könnte diese Fokussierung auch gesamtschweizerisch zu hoher wirtschaftlicher Relevanz führen?
Es liegt auf der Hand, dass die Nutzung von erneuerbaren Energien und Energieeffizienz gegenüber dem Import von fossilen Energien mehr regionale Wertschöpfung ergeben. Das hat eine Studie für den Kanton Bern nun auch mit konkreten Zahlen bestätigt. Ich sehe eigentlich keinen Grund, weshalb diese Ergebnisse nicht auch für die ganze Schweiz gelten sollten. Ähnliche Resultate haben im Übrigen auch schon zahlreiche andere Studien für die ganze Schweiz ergeben.

Das Plusenergie-Gebäude ist ein Stichwort auf dem Weg der Energiewende. Das freut sicherlich auch Berner Photovoltaik- und Wärmepumpen-Unternehmen. Sehen Sie aber auch andere Formen als nur Solarstromproduktion für ein Plus?
Für eine positive Energiebilanz eines Gebäudes können grundsätzlich alle erneuerbaren Energien genutzt werden. Neben der Solarproduktion bestehen beispielsweise weitere Möglichkeiten bei der Biomasse, sei es direkt als Brennstoff oder als Biogas für eine Wärmekraftkopplung oder eine Brennstoffzelle. Wir sind bei all diesen Anwendungen noch ganz am Anfang. Ich bin überzeugt, dass wir da noch riesige Fortschritte erzielen werden, ähnlich wie in der Kommunikationstechnologie.

Zwei weit herum bekannte Begriffe betreffen den Kanton Bern: Grimsel-Ausbau und AKW Mühleberg. Was ist der aktuelle Stand bei diesen beiden Themen?
Beim Grimselausbau ist die Gesamtkonzession für die Realisierung des Pumpspeicherwerks Grimsel 3 sowie für die Aufwertung der Kraftwerke Innertkirchen 1 und Handeck 2 erteilt worden. Die beiden wichtigen Projekte stehen im Baubewilligungsverfahren. Für die Erhöhung der Staumauer hat der Grosse Rat im letzten Jahr ebenfalls die Konzession erteilt. Diese ist aber noch nicht rechtskräftig. Es ist leider zu erwarten, dass Umweltorganisationen Beschwerde erheben werden.
Beim AKW Mühleberg wird sich gegen Ende 2013 zeigen, ob es sich für die BKW noch lohnt, die notwendigen Sicherheitsnachrüstungen vorzunehmen, damit das Kraftwerk nicht schon 2017 abgestellt werden muss. Ausserdem wird das Berner Stimmvolk in den nächsten Jahren über die Volksinitiative «Mühleberg vom Netz» befinden. Offen ist derzeit auch der Entscheid des Bundesgerichts über die unbefristete Betriebsbewilligung.

Sie eröffnen am 31. Januar in Bern die Energie-Apéros 2013. Im November haben Sie Ihre Präsentation mit dem Aufruf begonnen: Es ist höchste Zeit, sich auf den Weg zur Energiewende zu machen. Werden Sie am Energie-Apéro bereits einen weiteren Etappenerfolg melden können?
Grosse Erfolge kann man in so kurzer Zeit natürlich nicht erwarten. Aber kleine Schritte werden laufend unternommen und wir sind gut unterwegs auf dem Weg zur Energiewende. Ein grosser Erfolg wäre es, wenn die Energiestrategie 2050 des Bundes auf breite Zustimmung stossen würde und konkrete Schritte möglichst schnell umgesetzt werden könnten.

Text: Newsletter energie-cluster.ch, Autor: Jürg Wellstein

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