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Geschätzte 1.2 Millionen Pferde werden in Deutschland gehalten. Jedes von ihnen hinterlässt zwischen 17 und 21 Tonnen Mist im Jahr. Bild: Christian Danny

Die Universität Hohenheim hat ermittelt, dass – wenn nur die Hälfte des Pferdemistpotenzials von rund 20 Mio. t vergärt wird – 7.8 Mio. t Maissilage eingespart werden könnten, was einer Anbaufläche von 156‘000 ha entspricht. Bild: Ch. Danny

Das Gerät des Herstellers MeWa wurde ursprünglich für die Werkstoffzerkleinerung konzipiert. Es verfügt über Ketten als Schlagwerkzeuge und ist so relativ störstoffunempfindlich. Bild: Universität Hohenheim

In einem aktuellen Projekt testen die Hohenheimer eine neuartige Kugelmühle der Biokraft Energietechnik GmbH. Bild: Universität Hohenheim

Gerade einmal eine auf Pferdemist spezialisierte Trockenfermentationsanlagen gibt es in Deutschland: Adrian Bartels betreibt sie zusammen mit Jens Boedecker in Lehrte bei Hannover. Bild: Christian Danny

Hans Oechsner von der Uni Hohenheim empfiehlt, in der Nassvergärung nicht mehr als 50 % Pferdemist einzusetzen: „Der TS-Gehalt sollte bei Flüssigfermentern äusserstenfalls bei 14 % liegen.“ Bild: Universität Hohenheim

Die vom Schweizer Hersteller Renergon gebaute Anlage verwerte den Mist von 250-300 Pferden – 3500-4000 t im Jahr. Bild: Renergon

Vereinfachter Längsschnitt durch einen Fahrsilo-Fermenter, Grafik: IZES Dr. Joachim Pertagnol

Der Fahrsilo-Fermenter ist vergleichbar mit einer langen, in den Boden eingelassenen Garage ohne Dach, die nach der Befüllung mit einer Planen-Abdeckung versehen wird. Bild: Ökobit GmbH

Fahrsilo-Biogasanlage der Bioenergie Herforst in der Eifel von vorne, Bild: IZES Dr. Joachim Pertagnol

Pferdemistgemisch im Praxisbetrieb, mit und ohne mechanischer Vorbehandlung. Bild: Universität Hohenheim

Intensivaufbereitung verschiedene Substrate
durch Querstromzerspanung. Bild: Universität Hohenheim

Biogas: Pferdemist, reizvoll, aber tückisch – von Querstromzerspanern über Trockenfermentation und Pfropfenstromfermentern bis zu Kugelmühlen

(CD) Immer mehr Biogasanlagenbetreiber machen sich daran, das ungeheure Potenzial von Pferdemist zu heben. Doch dieser Mist lässt sich nicht ohne weiteres in landwirtschaftlichen Anlagen einsetzen. Es gibt zwei Möglichkeiten: eine Nassfermentation für die Ko-Vergärung mit dem schwierigen Material aufrüsten oder in eine spezialisierte Anlagentechnik wie die Trockenfermentation investieren – ein Bericht aus Forschung und Praxis.


„Wir haben mit einer Abnahmegebühr von 5-10 Euro pro Tonne kalkuliert“, erzählt Adrian Bartels. Doch weil die Nachfrage nach Pferdemist ständig steige, werde es immer schwieriger, dieses Entgelt bei Neuverhandlungen zu erzielen. Bartels betreibt nahe Hannover eine auf Pferdemist spezialisierte Biogasanlage. Ähnlich klingt Herbert Königs aus Neuss am Rhein: „Kleine Reiterhöfe mit weniger als 20 Pferden sind oft bereit, für die Abnahme des Mistes angemessen zu bezahlen. Bei grossen Pferdehöfen haben wir starke Konkurrenz aus der Pilzproduktion.“ Champignonsubstrat etwa bestehezum Hauptteil aus Pferdemist und bei den hohen Düngerpreisen würden sich jetzt auch mehr Ackerbaubetriebe für den Pferdemist interessieren.

Eine grosse Rolle spielt auch die Nachfrage aus derGegenrichtung: Laut der neuen Düngeverordnung müssen Pferdehöfe den Mist zwei Monate auf einer Dungplatte lagern können – oder sie treffen eine Vereinbarung mit einem Abnehmer. Alle befragten Pferdemist-Biogaserzeuger betreiben für ihre Reiterhöfe einen Containerservice. „Das ist ein schwieriges Geschäft“, sagt Königs. Es brauche grosse Container. 50 m³ Lagerraum haben sie bei seiner Firma Königs Pflanzenenergie GmbH & Co. KG. Wegen des niedrigen Schüttgewichtes seien aber nur 8-20 Tonnen drin. Abhängig von der Entfernung müsse immer das Kosten-Nutzen-Verhältnis berechnet werden. Deshalb haben die befragten Pferdemist-Vergärer auch einen Teil Selbstanlieferer. Eines zeigt unsere Befragung jedoch deutlich: Pferdemist – gern als schlafender Riese unter den energetisch verwertbaren Reststoffen bezeichnet – ist ein Riese, der sich langsam bewegt!

Jährlich 17 und 21 Tonnen Mist
Geschätzte 1.2 Millionen Pferde werden in Deutschland gehalten. Jedes von ihnen hinterlässt zwischen 17 und 21 Tonnen Mist im Jahr. Die Universität Hohenheim hat ermittelt, dass – wenn nur die Hälfte dieses Potenzials von rund 20 Mio. t vergärt wird – 7.8 Mio. t Maissilage eingespart werden könnten, was einer Anbaufläche von 156‘000 ha entspricht. So verlockend dieses Potenzial klingen mag, so schwierig ist der Pferdemist aber als Biogassubstrat: Langhalmiges Stroh als Einstreumaterial sorgt für Trockensubstanz-Gehalte beim Mist bis zu 50 %. Es ist von den Mikroorganismen schlecht aufschliessbar, kann Pumpen verstopfen und im Fermenter zu Schwimmschichten führen. Sägespäne als Einstreu sind für die Vergärung des Mistes sogar völlig ungeeignet.

Fremdstoffe, wie Hufeisen, Halfter oder Ballenstricke
Fremdstoffe, wie Hufeisen, Halfter oder Ballenstricke stelleneine Gefahr für die Anlagentechnik dar. „Man muss die Verantwortlichen auf den Pferdehöfen erziehen“, war mehrfach zu hören. Das reiche von Aufklärung über Verwarnungen bis zum Beenden des Lieferverhältnisses, wenn der Mist nicht störstofffrei sei. Generell erfordert der dezentrale Anfall meist geringer Mengen eine ausgefeilte Sammellogistik, wobei längere Zwischenlagerungs-Zeiten vermieden werden sollten, weil sich das Material auch aerob abbaut. Die rechtliche Situation ist seit dem EEG 2012 gut, für ältere Anlagen aber unpraktisch bis schlecht (siehe Kasten).

Aufbereiten und sofort einsetzen
Soll Pferdemist in landwirtschaftlichen Biogasanlagen mit Nassvergärungsverfahren eingesetzt werden, sind eine Substrataufbereitung und gegebenenfalls eine Fremdkörperabscheidung unabdingbar. Benedikt Hülsemann von der Uni Hohenheim favorisiert, das Substrat auf der Biogasanlage aufzubereiten und sofort einzusetzen. In der Hohenheimer Forschungsanlage seien Versuche mit einem Querstromzerspaner gemacht worden. Das Gerät des Herstellers MeWa wurde ursprünglich für die Werkstoffzerkleinerung konzipiert. Es verfügt über Ketten als Schlagwerkzeuge und ist so relativ störstoffunempfindlich. Die Zerkleinerung bewirkt eine vergrösserte Oberfläche und eine verbesserte Fliessfähigkeit des Substrates. Beim gewählten Behälterdurchmesser von 900 mm liegt die Antriebsleistung bei 55 kW.

Methanmehrertrag von bis zu 37 %
Sowohl im Labor als auch im Praxismassstab konnten die Hohenheimer Forscher belegen, dass die mechanische Aufbereitung der Faserbestandteile aus dem Stroh zu einem beschleunigten Abbau führt und dass ein Methanmehrertrag von bis zu 26 % erzielt werden kann. Der Strombedarf des Querstromzerspaners lag zwischen 13.8 und 20.5 kWh/t Frischmasse, was 3% der mit dem Substrat erzeugten Strommenge entsprach. In einem aktuellen Projekt testen die Hohenheimer eine neuartige Kugelmühle der Biokraft Energietechnik GmbH: Hier lagert eine rotierende Trommel auf einem umgedrehten LKW-Fahrwerk. In der Trommel nach oben beförderte Stahlkugeln fallen auf das Substrat und zermahlen es. Bei einem Pferdemist-Versuch habe durch die Kugelmühle der spezifische Methanertrag um über 37 % gesteigert werden können, berichtet Projektmitarbeiter Rene Heller.

„Mist statt Mais“
Unter dem Motto „Mist statt Mais“ haben sich Systeme zur Substrataufbereitung in den letzten Jahren stark verbreitet. Weitere Verfahren mit mechanischer Zerkleinerung sind Schneidmühlen, Schredder und Extruder. Ausserdem hält der Markt sonstige physikalische Verfahren, wie Thermodruckhydrolyse oder Ultraschallbehandlung, und auch biologische Verfahren bereit. Bei Letzteren sind Enzympräparate das Mittel der Wahl. Laut Herstellerangaben reduzieren sie die Viskosität – also machen das behandelte Substrat dünnflüssiger, sichern so die Rührfähigkeit und verhindern Schwimmschichten. Mit Fliessversuchen weisen die Hersteller die Wirksamkeit ihrer Präparate nach. Die Berliner Biopract GmbH etwa hat hierzu einen Schrägrinnentest entwickelt.

Aufbereitungs-Praxis
Gleich drei Massnahmen zur Substrataufbereitung setzt Martin Oing um, der mit seiner Familie in Schöppingen im Münsterland eine Biogasanlage mit 700 kWel Bemessungsleistung betreibt. Mit mehr als 1000 Pferdehöfen ist das Münsterland eine der pferdereichsten Regionen Europas. Oing verwertet den Mist von circa 300 Rössern; 10-15 t täglich sind das plus noch etwas Bullentretmist. Hierzu haben die Oings ihren Fermenter mit einem MeWa-Querstromzerspaner ausgestattet und sie füttern eine Enzym-Tagesration von 1.2 Liter zu. „Die Enzymzugabe hat dazu geführt, dass wir den Mistanteil deutlich steigern und den Silomaiseinsatz zurückfahren konnten“, sagt Oing.

Einbau von Nasszerkleiner
Trotz der positiven Wirkung von mechanischer Zerkleinerung und Enzymen sei die Situation unbefriedigend gewesen: „Das Substrat im Fermenter war so dickflüssig, dass die Rührwerke praktisch pausenlos liefen.“ Also liessen die Oings einen Plurry Maxx Nasszerkleinerer einbauen. Über ein Bypass-System entnimmt das Gerät Fermenterinhalt und zerkleinert ihn mit einem schnell rotierenden Flügelhammer. „Das System ist so ausgelegt, dass der gesamte Input einmal durch den Nasszerkleinerer geht“ erläutert Oing, „damit konnten wir die Rührzeiten um über ein Drittel verringern.“ Der Strombedarf des Plurry Maxx werde durch diese Einsparung in etwa ausgeglichen.

Ähnlich und doch anders
Ähnlich, aber doch etwas anders, ist das Aufbereitungssystem bei der Königs Pflanzenenergie. Auch in Neuss wurde ein Fermenter vor zwei Jahren auf Pferdemist „getunt“: mit einem Querstromzerspaner, der über bewegliche Schlägel und eine Gegenschneide verfügt. Hier ist ein Magnetabscheider vorgeschaltet, der über Bänder beschickt wird. Wie Herbert Königs erläutert, wird das aufbereitete Substrat in einer Flüssigeinbringung mit Rezirkulatan gemischt. Ausserdem werden ein Liter Enzyme pro Tag zugefüttert. Ein Unterschied zu Oing besteht noch in der Gärtemperatur: Während dieser seine Biogasanlage mesophil bei circa 40 °C betreibt, fährt Königs den Pferdemist-Fermenter mit 52 °C, um die Abbaugeschwindigkeit zu optimieren. Durch diesen Massnahmen-Mix sowie mit Zuckerrüben-Mus und Silomais als Ko-Substratensei ein sehr hoher Pferdemist-Anteil im Fermenter möglich. Hans Oechsner von der Uni Hohenheim empfiehlt, in der Nassvergärung nicht mehr als 50 % Pferdemist einzusetzen: „Der TS-Gehalt sollte bei Flüssigfermentern äusserstenfalls bei 14 % liegen.“

Option Trockenfermentationsanlagen
Im Umfeld von Städten, wo es viele Pferde gibt, hält Oechsner auf Pferdemist spezialisierte Biogasanlagen für sinnvoll: „Hier könnte man über Trockenfermentationsanlagen nachdenken, die mit den hohen TS-Gehalten und Fremdkörpern im Substrat problemlos zurechtkommen“, sagt der Agrarwissenschaftler. Diese arbeiten mit zyklisch betriebenen Fermenterboxen, in die das Gärsubstrat mit dem Radlager rein und auch wieder raus gebracht wird. Der Substratstapel wird mit dünnflüssigem Perkolat berieselt. „Die Durchrieselbarkeit des Substrates muss durch Strukturmaterial gewährleistet werden“, weist Oechsner hin, dass bei diesem Verfahren viel Sorgfalt des Betreibers gefragt ist. Das grobe Stroh im Pferdemist reiche hier meistens aus. Es müsse vermieden werden, dass das Material verschlämme: „Wo das Perkolat nicht hinkommt entstehen sonst ‚tote Haufen‘ und es kann zu Übersäuerung kommen.“ Ausserdem müssten aus dem vergorenen Material immer ein Viertel bis ein Drittel in das neue Substrat als Starterkultur gemischt werden, was einen zusätzlichen Aufwand bedeute.

Gas aus der Garage
Gerade einmal eine derartige, auf Pferdemist spezialisierte Anlage gibt es in Deutschland: Adrian Bartels betreibt sie zusammen mit Jens Boedecker in Lehrte bei Hannover. Die Anlage der Babö GmbH besteht im Wesentlichen aus fünf parallelen Garagenfermentern, einem Perkolattank mit Gasspeicher und einem BHKW mit 75 kWel. „Wir könnten etwas mehr Gas produzieren“, sagt Bartels. Bei der Inbetriebnahme 2017 seien die 75 kW aber das Maximum für eine Güllekleinanlagegewesen. Die vom Schweizer Hersteller Renergon gebaute Anlage verwerte den Mist von 250-300 Pferden – 3500-4000 t im Jahr.

18 bis 21 Tage in luftdicht abgeschlossener Garage
„Immer montags und donnerstags wechseln wir das Substrat. Das heisst: Tor auf, Material raus, ein paar Schaufeln mischt man beim neuen Substrat zu und Material wieder rein“, erläutert Bartels. Die rund 130 m3 Substrat blieben dann 18 bis 21 Tage in der luftdicht abgeschlossenen Garage, wobei das Volumen auf rund ein Drittel zusammenschrumpfe. So gehe das die fünf Fermenter reihum. Im Schnitt alle zwei Stunden werde mit Perkolat beregnet. Die Flüssigkeit wandere durch das Substrat über ein Gefälle im Fermenterboden in einen Ablaufschacht. Von dort werde sie zum Perkolattank zurückgepumpt. „Im Prinzip ist die Anlage simpel aufgebaut“, meint der Landwirt. Sie sei mit zwei Pumpen, einem Rührwerk im Perkolattank und fünf Beregnungsdüsen in jedem Fermenter ausgestattet. Geheizt werde nur mit dem Perkolat, das direkt vom BHKW über Wärmetauscher erwärmt werde. Es seien keine Heizrohre verlegt.

Rindermist und Rasenschnitt
Neben dem Pferdemist setzen die Niedersachsen etwa 10 % Rindermist und geringe Reste an Rasenschnitt ein. Der Gärrest werde Bartels zufolge gelagert und dann als Kopfdünger auf den betriebseigenen Ackerflächen ausgebracht. Weil es eine der ersten Anlagen in Deutschland ist, habe die Babö GmbH einen günstigen Preis beim Anlagenhersteller bekommen. „Eine Nassvergärung mit Substrataufbereitung hätte in etwa das Gleiche gekostet“, überschlägt Bartels. Seine Garagenfermenter-Anlage habe einen Eigenbedarf von nur 3 % Strom und damit wesentlich weniger als eine aufgerüstete Nassvergärung. Freilich müssten dafür mehr Betriebsstunden mit Dieselverbrauch für den Hoflader eingerechnet werden. Jedenfalls ist er sehr zufrieden mit seiner Anlage und überzeugt, die richtige Entscheidung getroffen zu haben.

Robuste Technik, aber kontinuierlicher Betrieb
Eine Art Kompromisslösung hat Frank Bauer aus Schrozberg gefunden: einen Pfropfenstromfermenter des Herstellers Novatech. Der 900 m³ grosse, liegende Fermenter mit langsam drehendem Längsrührwerk bewältigt typbedingt TS-Gehalte bis zu 30 %. Bauer mästet Puten und hält 35 Pferde. Er wollte eine robuste Technik, um seinen Mist zu verwerten. Mittlerweile hat er Mist von über 200 Pferden und zusammen mit Puten- und etwas Rindermist liegt der Festmistanteil bei rund 50 %. Die im Jahr 2007 gebaute Biogasanlage besteht noch aus drei Rundbehältern und zwei BHKW mit zusammen 500 kWel. Nachwachsende Rohstoffe füttert der Nord-Württemberger direkt in einen Rundfermenter. Aus dem Pfropfenströmer wird das Material in einen Nachgärer und dann ins Gärrestlager gepumpt.

Mobiler Biomasse-Schredder
Allerdings kommt auch Bauer nicht umhin, den Pferdemist vorher aufzubereiten. „Ich wollte keine teure, womöglich noch störanfällige Technik direkt in der Gärstrecke“, sagt er. Deshalb setzt er einen mobilen Biomasse-Schredder ein. Dieser sei eigentlich für holziges Grüngut konstruiert, funktioniere aber auch mit Pferdemist einwandfrei. „Wenn ich ungeschredderten Pferdemist einsetze, merke ich es sofort am Ansteigen der Stromaufnahme“, schildert Bauer, „30 l Diesel reichen beim Schreddern für rund 200 t Pferdemist. Nach dem Schreddern dampft der Misthaufen und ich sehe, dass Energie verloren geht.“ Der Mistmüsse dann so schnell wie möglich in die Anlage gebracht werden. Bauer ist überzeugt, dass der Pferdemist „richtig gut für die Biologie“ ist, weil er im Gegensatz zum Geflügelmist keine Stickstoffhemmung mit sich bringe.


EEG und Pferdemist
Laut EU-Recht ist Pferdemist nicht generell als Gülle eingestuft. Der Einsatz in Biogasanlagen muss deshalb laut Genehmigungsbescheid zulässig sein. Die Vergütung von Biogasstrom aus Pferdemist hat sich im deutschen Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) über die Jahre beträchtlich geändert und auch bei Substratumstellungen auf Pferdemist kommt es darauf an, unter welchem EEG die Anlage gefördert wird:

  • EEG 2004: Aufgrund des „Ausschliesslichkeitsprinzips“ des EEG 2004war der Einsatz von Pferdemist in NawaRo-Biogasanlagen nicht zulässig.
  • EEG 2009: Pferdemist wurde in die Positivliste für nachwachsende Rohstoffe aufgenommen und erhält den NawaRo-Bonus. Beim gleichzeitig eingeführten Güllebonus wird Pferdemist nur auf den erforderlichen Anteil von 30 % angerechnet, wenn es Mist von Nutztieren, zum Beispiel Schlachttierenlaut Pferdepass, ist.
  • EEG 2012: Bei der neu eingeführten Güllekleinanlagen-Klasse bis 75 kWel zählt jeglicher Pferdemist zum erforderlichen Mindestanteil von 80 % Gülle. Bei grösseren Anlagen kann Pferdemist der höher vergüteten Einsatzstoffvergütungsklasse 2 zugeordnet werden.
  • Seit EEG 2014: Für Pferdemist gibt es ausser in der Güllekleinanlagen-Regelung keine spezifische Förderung mehr. Ab 2017 dürfen Güllekleinanlagen bis zu 150 kWel installieren, aber die Bemessungsleistung (Leistung bezogen auf die Jahresproduktion) bleibt bei maximal 75 kWel.

Forschungsprojekt FeBio
Im laufenden Forschungsprojekt FeBio (Feststoff-Biogasanlage) wird nun ein neuartiger, kostengünstiger Trockenfermentations-Anlagentyp entwickelt: eine Fahrsilo-Biogasanlage. „Der Fahrsilo-Fermenter ist vergleichbar mit einer langen, in den Boden eingelassenen Garage ohne Dach, die nach der Befüllung mit einer Planen-Abdeckung versehen wird“, erläutert Eike Ziegler, Entwickler beim beteiligten Biogasanlagenbauer Ökobit GmbH. Der Typus geht zurück auf den Oberbayern Hans Wolfertstetter, der unter dem Begriff „Chiemgauer Modell“ einige dieser Anlagen gebaut hat. Nach dem Chiemgauer Vorbild entstand auch eine Anlage in der Eifel, die nun Ökobit und dem FeBio-Projekt als Grundlage für eine Standardisierung und technische Verbesserungen dient.

Möglichst einfach und kompakt
Technische Knackpunkte bei der Fahrsilo-Bauweise sind ein praktikables Öffnen und Schliessen der Abdeckplane. Ziegler zufolge werde das mit einem Abroll- und einem gasdichten Befestigungssystem gelöst. Ausserdem müssten die Rohrleitungen für die Perkolat-Berieselung einfach abgebaut werden können, um Platz für das Befüllen des Fermenters mit dem Radlader zu machen. Die modulare Anlage solle aber möglichst einfach und kompakt gehalten werden. „Das Ziel sind Stromgestehungskosten von rund 18 Cent/kWh und Investitionskosten von weniger als 8000 Euro/kW installierter Leistung für die Kernanlage“, gibt Ökobit-Geschäftsführer Christoph Spurk vor. Den Anlagentyp wolle Ökobit in einem kostengünstigen Bauherrenmodell anbieten. Vor kurzem fand der Spatenstich der FeBio-Pilotanlage im Saarland statt. Hier soll aus Pferdemist in drei Fahrsilo-Fermentern Biogas erzeugt und in einem BHKW mit 80 kWel verstromt werden.

Wirtschaftlichkeit
Bezüglich der Wirtschaftlichkeit äussert sich nur einer der befragten Pferdemistvergärungs-Praktiker skeptisch, zwei sind zufrieden und einer sogar euphorisch. Pferdehalter können für Biogasanlagenbetreiber neue Geschäftspartner sein und neue Chancen bieten: zum Beispiel mit der Ausbringung des Pferdemist-Gärdüngers als Dienstleistung. Adrian Bartels erzählt, dass einige seiner Reiterhöfe von ihm mit Stroh für die Pferdeboxen-Einstreu beliefert werden. Die Firma Königs Pflanzenenergie arbeitet unterdessen an ihrem Konzept „Mobilität mit Pferdemist“: Schon seit 2010 wird eine Biogasaufbereitung und -einspeisung betrieben. Das Biomethan stammt jetzt zu einem guten Teil aus Pferdemist, was gute Chancen zur Vermarktung als Kraftstoff bringt. Laut Herbert Königs sei soeben eine neue Tankstelle für Biomethan-Gaskraftstoff (Bio-CNG) direkt an der Biogasanlage fertiggestellt worden. Sein Unternehmen habe einen Vertrag zur Betankung von Müllsammel-LKW geschlossen. Biomethan aus Pferdemist ermögliche Zusatzerlöse durch den Verkauf der Treibhausgas-Minderungsquote. Die europäische Clean Vehicles Directive verpflichte nun öffentliche Auftraggeber, alternative Kraftstoffe zu nutzen und: „Mit Bio-CNG sind wir als Dieselersatz anderen Technologien weit voraus“, sagt Königs.


Näheres zum Projekt FeBio
An dem vom Bundeswirtschaftsministerium über den Projekt-Träger Jülich gefördertenProjekt sind die Ökobit GmbH als Anlagenentwickler, die Universität Hohenheim für die Analyse der Substrate und Gärreste, die IZES gGmbH (Institut für Zukunfts-Energie- und Stoffstromsysteme) als Koordinatorsowie der Reitstall-Inhaber und Landwirt Horst Körner als Investor und Betreiber beteiligt. Zur Innovationsberatung und zum Ergebnistransfer begleitet die Fördergesellschaft für nachhaltige Biogas- und Bioenergienutzung (FnBB e.V.) das Projekt. www.izes.de


©Text: Christian Dany

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