Zur Verhinderung eines unkontrollierten Gasaustrittes wäre der Blowout-Preventer (das sind spezielle Bohrlochabschlussarmaturen) zur Verfügung gestanden. Dieser musste jedoch nicht eingesetzt werden. Bild: St. Gallen

Geothermieprojekt St. Gallen: Erdbeben der Stärke 3,6

(©ee-news.ch) Seit März werden in St. Gallen für das geplante Geothermiekraftwerk Bohrungen durchgeführt (siehe ee-news.ch vom 27.6. >> und 5.6.13 >>). Am Samstag bebte in St. Gallen ausgelöst durch das Projekt die Erde. Grund könnte die Bohrspühlung sein, die ausgeführt wurde, um den mit grossem Druck durch plötzlich aussterbendes Gas auszugleichen.


In der Pressemeldung der Stadt St. Gallen steht, dass mit Erreichen der Bohrtiefe von 4’450m bei der Geothermiebohrung im Sittertobel am Dienstag, 16. Juli 2013, plangemäss die Reinigung der vermuteten Klüfte in der Malmschicht durch die sogenannte Säuerung durchgeführt worden sei. Die Messergebnisse hätten zu diesem Zeitpunkt optimistisch gestimmt, dass sich in der Malmschicht effektiv Wasser befinden könnte.

Gefahr unkontrollierte
r Gasaustritt
Bei der Vorbereitung zu den Testarbeiten für die geplanten Pumpversuche kam es am Freitag, 19. Juli 2013 zur Mittagszeit, zu einem plötzlichen, rasanten und massiven Druckanstieg und einem kurzzeitigen Ausfluss eines Wasser-Gasgemisches aus der Bohrung. Zu diesem Zeitpunkt bestand die Gefahr eines unkontrollierten Gasaustrittes.


Bohrlochsicherungsmassnahmen
Aus diesem Grund mussten gemäss der Medienmitteilungen der Stadt St. Gallen umgehend Bohrlochsicherungsmassnahmen eingeleitet werden. Bei diesen Sicherungsmassnahmen sei eine erhöhte Konzentration von Erdgas im Loch festgestellt worden. Dazu sei das Bohrloch temporär verschlossen worden. Daraufhin wurde künstlich Gegendruck zum im Bohrloch ansteigenden Druck aufgebaut. Diese Massnahme sei seit Freitagnachmittag mit dem Einpumpen von Wasser und schwerer Bohrspülung durchgeführt worden.

Gemäss den Behörden der Stadt St. Gallen hätten die Bohrspezialisten richtig reagiert und die Sicherheitsinstrumente an der Bohranlage hätten wie vorgesehen funktioniert. Zur Verhinderung eines unkontrollierten Gasaustrittes wäre der Blowout-Preventer (das sind spezielle Bohrlochabschlussarmaturen) zur Verfügung gestanden. Dieser musste jedoch nicht eingesetzt werden.

Erdbeben der Stärke 3
.6
Der massiv erhöhte Gasdruck und die ergriffenen Gegenmassnahmen führten in der unmittelbaren Umgebung des Bohrlochs zu zahlreichen Mikrobeben. Anders als im Erdbebensicherheitsdispositiv vorgesehen, konnte aufgrund der Gefahr eines Bohrlochausbruchs das Einpumpen von Wasser nicht eingestellt werden. Am Samstagmorgen, 20. Juli 2013 um 5.30 Uhr, kam es zu einem Erdbeben der Stärke 3.6, das in der Region St. Gallen deutlich verspürt wurde. Im Nachgang konnten in der Zwischenzeit unregelmässig weitere Mikrobeben registriert werden. In der Pressemeldung der Stadt St. Gallen ist zu lesen: „Diese nehmen in der Häufigkeit und Magnitude im Moment ab, wie es aufgrund des normalisierten Drucks im Bohrloch und analog zu typischen Nachbebensequenzen zu erwarten ist.“

Ursache
in St. Gallen ungewiss
Über die Gründe für das plötzliche Auftreten von Gas und dem einhergehenden massiven Druckanstieg in der Bohrung gibt es aus der Sicht der St. Galler Stadtbehörden bisher nur Vermutungen. Aktuell würden darum alle vorhandenen Daten analysiert. Die ganze Aufmerksamkeit auf dem Bohrplatz gelte im Moment der Kontrolle des Bohrloches und der Planung der nächsten Massnahmen. Zu diesem Zweck wurde das Bohrgestänge auf eine Tiefe von rund 4‘000m wieder eingebaut. Damit konnte der Druckausgleich verbessert, die Interventionsmöglichkeiten erweitert und das im Bohrloch vorhandene Gas kontrolliert abgefackelt werden.

Weitere Mikrobeben nicht ausgeschlossen

Die Stadt St. Gallen schreibt in ihrer Stellungnahme: „Da die Druckverhältnisse in der Tiefe von rund 4‘000m noch immer leicht labil sind, kann zum jetzigen Zeitpunkt und nach dem aktuellen Kenntnisstand nicht ausgeschlossen werden, dass es weitere Mikrobeben und allenfalls spürbare Erschütterungen geben kann.“

Seit dem Beben vom 20.07.2013, 05:30:54 Uhr der Stärke 3,6 sind bis zu folgendem Zeitpunkt folgende Mikrobeben registriert worden.

Datum                 Zeit                      Magnitude

20.07.2013           05:41:47              1,4

20.07.2013           05:44:43              1,0

20.07.2013           05:46:08              1,1

20.07.2013           05:55:51              0,7

20.07.2013           06:21:35              1,0

20.07.2013           09:01:30              0,8

20.07.2013           09:25:24              0,6

20.07.2013           15:40:04              0,7

20.07.2013           15:45:29              1,6

20.07.2013           21:47:36              0,9

21.07.2013           03:32:45              1,1

21.07.2013           07:14:16              1,3

21.07.2013           09:09:13              0,6

21.07.2013           10:48:15              0,7

21.07.2013           10:49:52              0,6

21.07.2013           14:06:20              0,7

21.07.2013           14:19:39              1,1

Die Messungen sind jederzeit unter http://www.seismo.ethz.ch/monitor/temp_net/sg ersichtlich.

Gasautritt
äusserst dramatisch
Gemäss SRF erklärte Marco Huwiler, der Leiter des Geothermieprojekts bei der Stadt St. Gallen, dass die 650 Kubikmeter Wasser und schwere Bohrspülung die ins Loch gepumpt worden seien, vermutlich das Beben ausgelöst hätten. Heute Sonntag wurde bekannt, dass der Gasaustritt äusserst gefährlich war. Es habe sich um eine «absolute Notsituation» gehandelt, sagt Ivo Schillig, Chef der St. Galler Stadtwerke im Interview mit der «Sonntags Zeitung». Schillig rechtfertigt die Massnahme, die den Erdstoss ausgelöst haben könnte. Wegen des austretenden Gases habe ein grosser Schaden gedroht. Die Bohranlage hätte zerstört werden können. Und: «Auf der Bohranlage waren Menschenleben in Gefahr.» «Wenn die Anlage durch den starken Gasdruck hochgegangen wäre, wäre wohl ein grosser Krater entstanden. Es galt, die auf der Bohranlage beschäftigten Personen zu schützen», gab Schillig zu bedenken.

Entschuldigung des Stadtrats

Der Stadtrat entschuldigt sich bei der Bevölkerung in aller Form für die Unannehmlichkeiten und dankt für das Verständnis und die Zurückhaltung in der Kommentierung des unerwarteten Projektverlaufs. Der Stadtrat hofft, dass die getroffenen und noch zu treffenden Massnahmen zu einer anhaltenden Stabilisierung der Situation führen werden. Über den weiteren Fortgang des Geothermieprojekts zu spekulieren, ist noch verfrüht. Erst nach sorgfältigem Abwägen der Möglichkeiten und Risiken kann über den weiteren Umgang mit dem Projekt entschieden werden.

In Basel
Erdstösse nach sieben Jahren
In Basel, wo 2006 durch Erdbohrungen für eine Geothermieprojekt ein Erdbeben ausgelöst wurde, bebte es am Samstag, 29. Juni 2013 noch einmal. Der Schweizerische Erdbebendienst zeichnete ein Erdbeben der Stärke 1.7 aufgezeichnet (siehe ee-news.ch vom 29.6.13 >>). Das Beben ereignete sich sehr nahe beim Standort des mittlerweile eingestellten Geothermieprojektes (DHM Basel) in einer Tiefe von ca. 4 km (basierend auf der Relativ-Lokalisierung zu früheren Beben). Es wurde in Basel vereinzelt verspürt ohne Schäden zu verursachen. Der Schweizerische Erdbebendienst schrieb in seiner Pressemeldung: „Das Ereignis vom Samstag steht in direktem Zusammenhang mit dem im Dezember 2006 stimulierten Bereich. Dies ergaben Vergleiche mit früheren, durch die hydraulische Stimulation im Rahmen des DHM Projekts ausgelösten Beben vom Dezember 2006.  Beim Beben von Samstag handelt es sich um das Stärkste, das sich im Reservoirbereich des Geothermieprojektes seit November 2007 ereignet hat.“ Das Auftreten derartiger Mikrobeben sei nicht ungewöhnlich. Modellrechnungen zeigten, dass die seismische Aktivität im stimulierten Bereich kontinuierlich abnehmen würden, es aber ungefähr 8 bis 15 Jahre dauere, bis sie auf das Niveau vor der Stimulation zurückgeht.

Hotline

Die Sankt Galler Stadtwerke betreiben im Rahmen des Geothermieprojekts eine Hotline. Bürgerinnen und Bürger können sich unter der Hotline 0800 747 903 oder per Mail: infogeothermie@stadt.sg.ch informieren.

Beitrag vom 21.7.13 auf SRF >>

©Text: ee-news.ch, Quellen: Pressemeldung der Stadt St. Gallen, SRF

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1 Kommentare

Aventurin

Der Mensch spiet hier mit Kräften die er weder kennt noch beherrschen kann. Es wird wenn er weiter so macht gewaltige Katastropfe auslösen. Im inneren der Erde befinden sich gewaltige negative Kräfte, die kein Mensch beherrschen imstande ist.

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