Erneuern statt abreissen: Konzept für den Umbau des Mehrfamilienhauses Stettbachstrasse 43. Eine Aufstockung in Holzbauweise schafft hochwertige zusätzliche Wohnfläche. ©Grafik kämpfen für architektur ag, Zürich

Lignum: Von der Energieschleuder zum Plusenergiebau

(Lignum) Die erste Erneuerung eines grösseren Mehrfamilienhauses in der Schweiz nach Minergie-A steht in der Stadt Zürich in Arbeit. Das Konzept dafür stammt von Architekt Beat Kämpfen. Dazu zählt eine Aufstockung im Holzbau ebenso wie die umfassende Nutzung der Sonnenenergie.


Das Mehrfamilienhaus Stettbachstrasse 43 mit 42 Einzimmer- und sechs Zweizimmerwohnungen wurde 1970 erstellt. Obwohl das Gebäude noch keine 50 Jahre alt ist, stammt es energetisch aus einer anderen Epoche. Die für die damalige Zeit typische Betonkonstruktion wies systematisch Wärmebrücken und eine nur minimale Innendämmung auf. Der Energieverbrauch lag bei 30‘000 Litern Erdöl pro Jahr.

Umbau statt Abbruch
Bauliche Massnahmen beschränkten sich auf Unterhaltsarbeiten. Das Gebäude wies infolgedessen einen hohen Erneuerungsbedarf auf; viele Bauteile waren am Ende ihrer Lebensdauer angelangt. In den nächsten Jahren wäre mit grossen Reparaturen zu rechnen gewesen. Die Bauherrschaft beschloss daher, eine tiefgreifende bauliche und energetische Erneuerung durchzuführen. Dabei wurde ökologischen Aspekten besondere Beachtung geschenkt.

Oft werden Bestandsbauten aus den Baujahren 1940 bis 1970 wegen zu tiefen Wohnkomforts, schlechter Energiebilanz und des bestehenden Potentials zur Verdichtung der Stadt rasch einmal zum Abbruch freigegeben. Dabei weisen viele dieser Gebäude eine hohe architektonische Qualität auf, und die Bausubstanz hat ihre Lebensdauer noch lange nicht erreicht. Das Projekt Stettbachstrasse 43 zeigt eine alternative Strategie zum Üblichen auf.

Verdichtung und energetische Neukonzeption
Die Bauordnung erlaubt hier eine moderate Verdichtung. Ein Attikageschoss wird als vorfabrizierter Holzbau aufgestockt und schafft zusätzlichen, hochwertigen und damit optimal vermietbaren Wohnraum. Die Vorteile des Holzbaus sind unübersehbar: geringes Gewicht, eine kurze Bauzeit und minimale graue Energie. Zwei Zweizimmerwohnungen sowie zwei Dreizimmerwohnungen entstehen so zusätzlich. Ausserdem werden in den Normalgeschossen einzelne Wohnungen zusammengelegt. Der Wohnungsmix ist damit vielfältiger und kann verschiedene Bedürfnisse abdecken.

Der Energieverbrauch kann bei gleichzeitiger Vergrösserung der Wohnfläche (+22%) von rund 300000 kWh/a auf rund 90000 kWh/a reduziert werden. Pro Quadratmeter Wohnfläche bedeutet dies eine Verringerung um den Faktor 4. Das erneuerte Gebäude erfüllt den Minergie-A-Standard. Es ist die erste Erneuerung eines grösseren Mehrfamilienhauses nach diesem Standard in der Schweiz. Energiesystem und architektonische Gestaltung sind eng zu einem Gesamtkonzept verwoben.

Die Sonne in der Hauptrolle
180 m2 Sonnenkollektoren sind an der Ost-, Süd- und Westfassade angeordnet. Dadurch ist die nutzbare Solarenergie relativ gleichmässig übers ganze Jahr verteilt. Die Sonnenkollektoren sind mit einem neuartigen, von der Firma Swissinso und der ETH Lausanne entwickelten bronzefarbenen Glas abgedeckt und prägen die architektonische Erscheinung. Im Zentrum des Gebäudes befand sich der Abluftschacht für die Entlüftung der Tiefgarage. Die Entlüftung konnte verlegt und vereinfacht werden, womit es möglich wird, den Schacht für einen 19 m hohen Solarspeicher zu nutzen. Die Solarenergie kann so kurze Schlechtwetterperioden überbrücken.

Auf der Dachfläche wird eine Fotovoltaik-Anlage mit 30 kW Leistung horizontal montiert. Der produzierte Strom reicht aus, um die Wärmepumpe und die Lüftungsanlagen zu betreiben sowie den Allgemeinstrombedarf zu decken. Mit dem Einbau einer kleinen Batterie wird ein möglichst hoher Eigenverbrauch angestrebt. Die Energiebilanz für die Gebäudetechnik liegt mit 2500 kWh Überschuss pro Jahr im positiven Bereich.

Text: Lignum

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