Lorenz Bösch, Generalsekretär a. i. der EnDK: „Wenn man nicht selber vom Fach kommt, gibt der GEAK Plus wichtige Indikationen und ist eine Entscheidhilfe für den Immobilienbesitzer, um die richtigen Investitionen zu tätigen.“ ©Foto: Toni Rütti

Ulrich Nyffenegger, Leiter der AG GEAK : „Ich finde es genial , dass es uns gelungen ist, mit dem GEAK ein Instrument zu entwickeln, das in der ganzen Schweiz einheitlich und in allen Kantonen absolut gleich ist.“ ©Foto: Toni Rütti

Lorenz Bösch (links) und Ulrich Nyffenegger (rechts) im Gespräch mit Anita Niederhäusern. Foto: Toni Rütti

GEAK: Momentaufnahme und Ausblick

(©AN) Der Gebäudeenergieausweis der Kantone, kurz GEAK, wird immer wichtiger. Ein Gespräch mit Lorenz Bösch, Generalsekretär a. i. der Konferenz der Kantonalen Energiedirektoren (EnDK), und Ulrich Nyffenegger, Leiter der AG GEAK und Vorstandsmitglied der Energiefachstellenkonferenz der Kantone, über die Errungenschaften und die Weiterentwicklung des Projekts.


Herr Bösch, 2009 wurde der GEAK lanciert. Was war der Grund
dafür, dass die Kantone dieses Instrument geschaffen haben?
Lorenz Bösch: Aufgrund der Entwicklung in der EU ergab sich grundsätzlich die Möglichkeit, nicht nur Elektrogeräte mit Energieetiketten auszustatten, sondern auch für Gebäude eine Art Energieetikette ins Leben zu rufen. Dadurch sollten Gebäude ähnlich beurteilt werden können wie ein Kühlschrank. Die Idee war einleuchtend und setzte sich in der EU durch, woraufhin auch die Kantone einen Sinn darin sahen, die Gebäude anhand einer Energieetikette zu beurteilen.

Es gab dann verschiedene Diskussionen über die Frage, was die richtige Methode sei. Ein Gebäude ist ja wesentlich komplexer als zum Beispiel ein Kühlschrank oder ein Mikrowellenapparat. Der Druck seitens der Öffentlichkeit, auch beim Gebäude die Energieeffizienz mit einem solchen Label zu unterstützen, war aber so gross, dass die Kantone, die ja im Gebäudebereich entscheidend sind, mit der Unterstützung des Bundes den Gebäudeenergieausweis entwickelten.

Nun gibt es den GEAK seit 2009, was fasziniert Sie im Gebäudebereich am meisten an diesem Instrument?
Lorenz Bösch: Ich habe für unser Haus, das unserer Familie seit drei Generationen gehört, einen GEAK Plus erstellen lassen. Es interessierte mich, wie das Haus abschneiden wird. Wenn man nicht selber vom Fach kommt, gibt der GEAK Plus wichtige Indikationen und ist eine Entscheidhilfe für den Immobilienbesitzer, um die richtigen Investitionen zu tätigen. Aus dieser Sicht ist der GEAK sicher ein gutes Informationsinstrument für Hauseigentümer, wenn sie für ihr eigenes Gebäude wissen möchten, wo sie in Bezug auf die Energieeffizienz stehen. Mit dem GEAK Plus verfügen sie zudem über Informationen, wie sie ihre Gebäude energetisch verbessern können. Letztendlich ist aber immer auch die Motivation des Hauseigentümers entscheidend, im Bereich der Energieeffizienz besser werden zu wollen. Zudem wird auch seine finanzielle Situation bei der Entscheidung für eine der aufgezeigten Möglichkeiten eine Rolle spielen.

Herr Nyffenegger, was sind für Sie die wichtigsten Trümpfe des GEAK?
Ulrich Nyffenegger: Die Tatsache, dass der Bauherr verlässliche Informationen über sein Gebäude erhält, daraus auch Schlüsse ziehen und entscheiden kann, was er verbessern kann. Und genial finde ich, dass es uns gelungen ist, ein Instrument zu entwickeln, das in der ganzen Schweiz einheitlich und in allen Kantonen absolut gleich ist. Der GEAK basiert auf Berechnungsgrundlagen, die im ganzen Vollzug auch angewendet werden, wenn eine Baubewilligung eingereicht wird. Und mit dem GEAK Plus bietet das Instrument zusätzlich die Möglichkeit, einen Schritt weiterzugehen: Nicht nur das Gebäude wird beurteilt, sondern es wird auch Markttransparenz geschaffen. Zudem ist der GEAK Plus ein wichtiges Planungsinstrument für die Bauherren. Auf Grund der Erfahrungen der letzten fünf Jahre stelle ich fest, dass das Instrument immer besser und damit zum Standard in der Gebäudeberatung wird.

Der Bund hat den GEAK in die Energiestrategie 2050 aufgenommen, er ist dort als Instrument für die Effizienz im Gebäude erwähnt. Was bedeutet das für die Kantone?
Lorenz Bösch: Die Kantone sind daran, die Mustervorschriften der Kantone im Energiebereich, kurz MuKEN, 2014 auszuarbeiten. Die Plenarversammlung vom 2. Mai hat ebenfalls entschieden, dass bei Förderungen von Massnahmen an der Gebäudehülle der GEAK Plus in Zukunft obligatorisch sein soll. Denn der GEAK stellt sicher, dass es in der ganzen Schweiz vergleichbare Informationen über die Energieeffizienz von Gebäuden gibt, die auch auf denselben Daten basieren und die mit derselben Methodik gerechnet wurden. Der GEAK hält den Zustand eines Gebäudes fest und gibt Auskunft darüber, was verbessert werden kann. Das ist sinnvoll. Das Obligatorium des GEAK Plus im Rahmen der MuKEN würde sicher den Trend verstärken, dass nicht einfach in irgendetwas investiert wird, sondern dass mit der Investition auch eine gewisse Zielsetzung im Bereich Energieeffizienz bewirkt wird. Der GEAK Plus unterstützt durch gezielte Informationen über das entsprechende Gebäude auch die Energieeffizienz-Förderung der Kantone im Gebäudebereich. Das ist der wesentliche Sinn dieses Entscheids.

Bleibt der GEAK ein Instrument der Kantone, wenn er auch beim Bund immer wichtiger wird?
Lorenz Bösch: Der GEAK ist und bleibt ein Instrument der Kantone, auch wenn der Bund in diesem Bereich jetzt Anforderungen stellt. Auch die Bundesgesetzgebung sagt klar, dass der GEAK ein Instrument der Kantone ist und dass die Kantone entscheiden, ob ein Obligatorium oder ein Teilobligatorium eingeführt werden soll. Er ist dort auch am richtigen Ort, weil letztlich beim Vollzug am einzelnen Gebäude die Kantone zuständig sind. Und die Kantone verfügen in diesem Bereich auch über die entsprechende Erfahrung und das Wissen sowie die erforderlichen Daten. Es ist folglich sinnvoll, dass der GEAK ein Instrument der Kantone bleibt.

Herr Nyffenegger, was bedeutet das für die Praxis, dass das Instrument GEAK immer wichtiger wird, für die Software, für die Weiterentwicklung des GEAK und für die Experten?
Ulrich Nyffenegger: Diese Entwicklung kann mit jedem anderen Produkt verglichen werden: Der GEAK ist ein Beratungs- und Informationsprodukt, und wir sind daran, die GEAK-Software weiter zu verbessern. Der GEAK muss benutzerfreundlicher werden, es geht darum, dass die Experten das Instrument noch schneller anwenden können, dass die Berichte noch kundenfreundlicher werden. So dass man diese auch als Nicht-Experte, als Bauherr, möglichst gut versteht. Dass mit möglichst wenig Aufwand möglichst viele Informationen vermittelt werden. Wir sind bestrebt, das Instrument GEAK kontinuierlich zu verbessern. Und es ist klar, je öfter das Instrument angewendet wird, umso mehr Ressourcen stehen zur Verfügung, um es auch zu verbessern.

Wie viele GEAK wurden denn insgesamt erstellt?
Ulrich Nyffenegger: Mittlerweile sind das rund 30‘000. Ein Grossteil davon sind noch GEAK, weil der GEAK Plus ja erst seit einem guten Jahr angeboten wird. Und erst der GEAK Plus 2.0, der erst seit kurzer Zeit aufgeschaltet ist, bringt jetzt auch die Qualität, sprich die Erleichterung für die Experten, dass sie den GEAK Plus wirklich als Beratungstool brauchen können. Beim GEAK 2.0 handelt es sich um eine Weiterentwicklung der GEAK Plus-Software.

Die Kantone setzen das Instrument GEAK sehr unterschiedlich um, der Kanton Freiburg zum Beispiel verlangt den GEAK bei einer Handänderung, im Kanton Bern müssen Hausbesitzer mit ihrer Investition die Energieeffizienz ihrer Immobilie um zwei GEAK-Stufen verbessern, wenn sie Fördergelder für die geplante Sanierung erhalten möchten. In anderen Kantonen ist der GEAK absolut freiwillig. Braucht es jetzt, da der GEAK als Instrument immer wichtiger wird, eine Harmonisierung unter den Kantonen? Sie haben angetönt, Herr Bösch, dass er im Rahmen der MuKEN 2014 obligatorisch wird.
Lorenz Bösch: Die Energiedirektorenkonferenz hat nach einer ersten Bereinigung der MuKEN 2014 entschieden, dass der GEAK für Förderungen von Investitionen an der Gebäudehülle zum Obligatorium werden soll.

Ulrich Nyffenegger: Und zwar der GEAK Plus, weil man will, dass die Bauherren informiert sind...

Lorenz Bösch: Zunächst müssen aber die Mustervorschriften der Kantone im Energiebereich, kurz MuKEN 2014 definitiv verabschiedet werden und dann müssen die einzelnen Kantone diese auch im kantonalen Recht umsetzen. Das braucht natürlich Zeit, bis das soweit ist. Es ist letztendlich auch ein Thema des Föderalismus, in Kauf zu nehmen, dass nicht alle alles gleich machen und man darauf setzt, dass sich letztendlich gute Erfahrungen früher oder später in mehr oder weniger allen Kantonen durchsetzen. Erfahrungen mit einzelnen Bestimmungen, die zum Beispiel in den Pionierkantonen gemacht werden und dort in der Praxis vielleicht nicht die gewünschte Wirkung erzielen, werden dann in den anderen Kantonen erst gar nicht eingeführt. Das ist ein Teil des, wie ich es nenne, föderalistisch kreativen Labors, mit dem wir gut gefahren sind. Es macht keinen Sinn, von Anfang an auf eine vollkommene Harmonisierung zu setzen. Denn das könnte verhindern, dass gute Ideen ans Licht kommen und es bestünde die Gefahr, dass alle den gleichen Fehler machen.

Das Obligatorium kommt also ausschliesslich für den GEAK Plus?
Lorenz Bösch: Genau, dem ist so. Das auf die Gebäudehülle begrenzte Obligatorium hat auch einen ökonomischen Hintergrund: Der GEAK Plus kostet, je nachdem, ob ihn ein Kanton fördert oder nicht, 2000 bis 2500 Franken. Und es macht doch keinen Sinn, wenn die Förderung schliesslich von den GEAK-Kosten aufgefressen wird. Das wäre dann der Fall, wenn jemand beispielsweise eine 10-Quadratmeter-Photovoltaikanlage installiert oder eine andere kleinere Massnahme trifft. Ein GEAK-Obligatorium muss in einem vernünftigen Verhältnis zur Förderung und zur geförderten Massnahme stehen. Daher haben die Kantone das Obligatorium für den GEAK Plus auf die Gebäudehülle eingeschränkt, weil dort die Massnahmen bedeutende Förderbeiträge auslösen und es auch einen sinnvollen Bezug zum Instrument GEAK Plus gibt.

Ulrich Nyffenegger: Es ist auch komplizierter, die Gebäudehülle richtig zu sanieren, als eine Solarwärme- oder Solarstromanlage zu installieren. Die Komplexität des Gebäudes ist hoch, so dass es sich lohnt, wenn hier die richtigen Überlegungen gemacht werden.

Herr Nyffenegger, gibt es betreffend die unterschiedlichen Umsetzungen in den Kantonen noch etwas anzufügen?
Ulrich Nyffenegger: Aus meiner Sicht sind der Föderalismus und die verschiedenen Umsetzungsstrategien in den Kantonen, wie es Lorenz Bösche erklärt hat, ein grosses Plus. So probieren jetzt zum Beispiel der Kanton Freiburg und der Kanton Bern unterschiedliche Modelle. Aus diesen Erfahrungen können die anderen Kantone lernen. Wir werden sehen, welche Modelle mehr Effizienz im Gebäude auslösen und welche nicht. Es wird sich auch zeigen, ob die Modelle von den Hauseigentümern aufgenommen werden oder eher auf Widerstand stossen. Dass nicht jeder Kanton alles zur selben Zeit machen muss, sehe ich als Vorteil und nicht als Nachteil. Ich möchte auch noch hinzufügen, dass der GEAK Plus bereits heute in sehr vielen Kantonen unterstützt wird. In Zukunft wird sich das System ändern, so dass man, wenn man Fördergelder erhalten möchte, den GEAK Plus erstellen lassen muss.

Seit etwa einem Jahr gibt es den GEAK für Neubauten. Wie sieht die erste Bilanz aus?
Ulrich Nyffenegger: Der GEAK für Neubauten ist vor allem interessant für die Bauherren, die nicht nur eine Baubewilligung nach dem gesetzlichen Minimum möchten, sondern auch gerne wissen möchten, was sie tun können, damit ihr Gebäude besser ist als das vorgeschriebene Minimum. Wie bringe ich ein Gebäude in die Klasse A? Gesetzlich vorgeschrieben ist die Klasse B. Ein Plusenergiebau erhält die Klasse A, und da ist der GEAK für Neubauten ein gutes Instrument. Die Berechnungsweise ist dieselbe wie beim normalen Energieausweis.

Am 8. Mai veröffentlichte das BFE die Evaluation der Mustervorschriften der Kantone im Energiebereich, eine Empfehlung der Experten lautet: der GEAK müsse zur Pflicht werden. Was halten Sie davon?
Lorenz Bösch: Wenn aufgrund der Evaluation der MuKEN eine GEAK-Pflicht gefordert wird, dann scheint mir das ein zu pauschales Urteil zu sein. Ich glaube, der GEAK alleine führt noch nicht per se zu einer besseren Umsetzung der MuKEN im Vollzug der Bauvorschriften. Dieser Zusammenhang liegt meiner Meinung nach nicht auf der Hand. Was mir an dieser Evaluation wesentlich wichtiger erscheint, ist, dass die MuKEN so formuliert werden müssen, dass am Schluss die Vollziehbarkeit auch relativ einfach möglich ist. Damit sich das, was man erreichen möchte, auch wirklich durchsetzt. Und da denke ich, müssen wir mit den MuKEN 2014 aufpassen. Denn der Baustandard, den wir in der Schweiz haben, ist im europäischen Vergleich schon recht hoch. Von daher wird es immer schwieriger und komplexer, sich um weitere Prozente zu verbessern. Damit ist nicht garantiert, dass damit schlussendlich auch die entsprechende Durchsetzbarkeit gegeben ist. Diese Durchsetzbarkeit ist ein Kernthema der MuKEN 2014. Aber dass man mit einer GEAK-Pflicht bessere MuKEN erhalten würde, dieser Zusammenhang liegt aus meiner Sicht nicht auf der Hand.

Verstehe ich Sie richtig, Sie sagen, wir sind schon auf einem hohen Standard und wenn wir zu hoch hinaus wollen, dann bringt das nicht unbedingt mehr?
Lorenz Bösch: Die MUKEN zu formulieren ist eine Sache. Die MuKEN zu leben, in dem Sinne, dass der Bauherr auch wirklich das Gebäude erhält, das bewilligt worden ist, das ist eine andere Welt. Und das wird nicht einfacher, je komplexer die Anforderungen an das Gebäude werden. Wir müssen bestrebt sein, glaube ich, in gewissen Bereichen eine effizientere Regelung zu schaffen. So dass das, was angestrebt wird, auch einfacher zu erreichen ist, weil es vielleicht an weniger Detailvorschriften gebunden ist. Diese Diskussion ist noch im Gang, weil da verschiedene Strömungen und Auffassungen betreffend die Methodik aufeinanderprallen.

Wie sieht es mit den GEAK-Experten aus, gibt es genügend?
Ulrich Nyffenegger: Experten haben wir im Moment genug. Die Schwierigkeit bei der Zertifizierung der GEAK-Experten liegt darin, die Fachleute als Experten zu gewinnen, die über das benötigte Fachwissen verfügen, die erforderlichen Qualitäten haben. Als wir den GEAK mit der BFE-Aktion bei der GEAK-Lancierung 2009 gefördert haben, sind zunächst viele Experten aufgesprungen. Ein Teil davon ist nicht mehr sehr aktiv. Und die, die die Qualität und das Know-how haben, die erstellen relativ viele GEAK. Hier trennt sich die Spreu vom Weizen. Das ist auch gut so. Sicher wird die Anzahl der GEAK-Experten zunehmen, wenn im Zusammenhang mit der Förderung das Obligatorium schweizweit eingeführt wird.

Wie viele sind es denn zur Zeit?
Ulrich Nyffenegger: Es sind schweizweit rund 1100 aktive GEAK-Experten tätig. Es ist kein Problem für einen Bauherren einen Experten zu finden. In den Regionen, wo die Förderung bereits an den GEAK gebunden ist, ist die Anzahl der Experten bereits gestiegen, so zum Beispiel im Kanton Bern.

©Interview: Anita Niederhäusern, im Auftrag des GEAK

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