Die Parole der Grüne Kanton Bern hatte gelautet: Ja zur Volksinitiative «Bern erneuerbar» und Ja zum Gegenvorschlag des Grossen Rates. Im Falle der Stichfrage hätten die Grünen die eigene Initiative bevorzugt. Bilder: T. Rütti

Im Herbst 2012 hatte der bernische Grosse Rat beschlossen, der Initiative «Bern erneuerbar» einen Gegenvorschlag gegenüberzustellen. Dieser wurde am 3. März mit 49 Prozent nur ganz knapp abgelehnt.

Kanton Bern: «BERN erneuerbar» 34.7% Ja, Gegenvorschlag 49% Ja

(©TR) Die Volksinitiative «BERN-erneuerbar» der Grünen Kanton Bern hatte zum Ziel, den gesamten Energiebedarf für Heizung und Warmwasser von Gebäuden durch erneuerbare Energien zu decken. 65.3% der Wählerinnen und Wähler verwarfen die Abstimmungsvorlage jedoch. Das Komitee «Erneuerbare Energie für Bern» bedauert allerdings vor allem das knappe Nein von 49% zum Gegenvorschlag.


Mit einem weinenden und einem lachenden Auge nimmt das Komitee «Erneuerbare Energie für Bern» das Abstimmungsresultat zur Initiative «BERN erneuerbar» und zum Gegenvorschlag des Grossen Rates zur Kenntnis. Dazu heisst es in der Medienmitteilung: «Mit der Ablehnung der Initiative ‹BERN erneuerbar› und des Gegenvorschlags verspielt der Kanton Bern eine einzigartige Chance, die Energieversorgung der Zukunft in der Verfassung zu verankern und damit Rechtssicherheit und politische Klarheit für alle zu schaffen. Das Nein zu den beiden Vorlagen ist auch in wirtschaftspolitischer Hinsicht bedauerlich. Mit einer Förderung der erneuerbaren Energien und der Energieeffizienz hätte der Kanton Bern in volkswirtschaftlicher Hinsicht stark profitieren und sich gesamtschweizerisch einen gewichtigen Standortvorteil verschaffen können.» Das knappe Nein der Berner Stimmbevölkerung zum Gegenvorschlag des Grossen Rates könne hingegen in keiner Art und Weise als Nein zu einer erneuerbaren Energieversorgung gewertet werden.

Personen aus allen politischen Lagern
Grossrat Blaise Kropf, Präsident Grüne Kanton Bern, sagte gegenüber ee-news.ch: «Das Komitee ‹Erneuerbare Energie für Bern› bedauert das Abstimmungsresultat. Denn wir – Personen aus dem ganzen Kanton und aus allen politischen Lagern – haben in den letzten Monaten nichts unversucht gelassen, um eine Mehrheit für die Initiative oder den Gegenvorschlag zu gewinnen. Entsprechend gross ist jetzt die Enttäuschung angesichts des Abstimmungsresultats. Wenn wir aber die längerfristige Perspektive betrachten, muss gleichzeitig auch Folgendes festgehalten werden: Gesellschaftliche Umwälzungen erfordern in einem direktdemokratischen System immer eine gewisse Zeit. So betrachtet sind die erlangten 49 Prozent Zustimmung zum Gegenvorschlag ein ausgezeichnetes Ergebnis.» Das sei sehr ermutigend und zeige, «dass wir auf dem richtigen Weg sind». Der Kanton Bern sei immerhin der erste Kanton der Schweiz, der überhaupt zur Frage einer zu 100 Prozent aus erneuerbarer Energie bestehenden Energieversorgung abstimmen konnte.


Achsenverschiebung in der energiepolitischen Diskussion
Erfreulich: Die gesamte Abstimmungskampagne hat laut dem Parteipräsidenten zu einer deutlichen Achsenverschiebung in der energiepolitischen Diskussion geführt. Die Tatsache, dass sich auch Politiker aus dem bürgerlichen Lager für ein zweifaches Ja eingesetzt hätten, zeige, dass heute in der energiepolitischen Gesinnung eine Veränderung stattfinde. Grossrat Kropf resümiert gegenüber ee-news.ch: «Die weitere energiepolitische Diskussion und die energiepolitischen Entscheidungen werden davon beeinflusst. So gesehen sind wir zuversichtlich, dass sich die Energieversorgung im Jahre 2050 ziemlich genau so präsentieren wird, wie wir dies mit unserer Initiative vorgesehen hatten.»

Trotz
Abstimmungsniederlage auf dem richtigen Weg
Die knappe Ablehnung des Gegenvorschlags zeigt laut Medienmitteilung, dass sich der Kanton Bern auf dem richtigen Weg befindet – wenn auch leider in gemächlichem Tempo. Das Komitee «Erneuerbare Energie für Bern» erinnert daran, dass im Frühjahr 2011 das Energiegesetz des Grossen Rats in der verbindlicheren Form gegenüber dem Volksvorschlag mit 32% Ja-Stimmen deutlich unterlag. Das Abstimmungsergebnis des Gegenvorschlags stelle eine deutliche Verbesserung dar. Der Kanton Bern sei immerhin der erste Kanton in der ganzen Schweiz, der über die Verankerung einer vollständig erneuerbaren Energieversorgung abgestimmt habe; dass dabei mit 49% nahezu die Hälft der Stimmbevölkerung überzeugt werden konnten, sei ein grosser Erfolg.

F
ür den Kanton Bern besorgniserregend
Auf den Plan gerufen wurde das überparteiliche Komitee «Gegen Milliardenkosten und Sanierungszwang: 2x Nein!». Dieses opponierte mit der Parole «2 x Nein zum milliardenschweren Sanierungszwang», denn Initiative und Gegenvorschlag führten bloss zu einem «staatlich verordneten Sanierungszwang». Laut Medienmitteilung des Komitees «Erneuerbare Energie für Bern» ist indessen «unerfreulich und für den Kanton Bern besorgniserregend, dass mit undifferenzierter Angstpropaganda, welche vor Unwahrheiten und haltlosen Unterstellungen nicht zurückschreckte, ein weiteres Mal ein Zukunftsprojekt für diesen Kanton gebodigt wurde». Zitat aus dem Communiqué: «Wenn der Kanton Bern an Stärke gewinnen will, muss er sich auf seine Innovationskraft und Begeisterungsfähigkeit besinnen. Mit einer rein destruktiven Verhinderungspolitik wird sich der Kanton Bern nicht nach vorne bewegen können. Insgesamt zieht das Komitee ‹Erneuerbare Energie für Bern› ein versöhnliches Fazit über die Abstimmung zu den beiden Energievorlagen. Auf der Ebene des energiepolitischen Diskurses ist es zu einer spürbaren, nachhaltigen Achsenverschiebung gekommen.»

Interesse des gemeinsamen Einsatzes für die Energiewende

Im Komitee «Erneuerbare Energie für Bern» engagierten sich Vertreterinnen und Vertreter aus allen Parteien; unterschiedliche Präferenzen bei der Stichfrage wurden im Interesse des gemeinsamen Einsatzes für die Energiewende und die Stärkung des Kantons Bern in den Hintergrund gerückt. Dieses gemeinsame Commitment für eine erneuerbare Energieversorgung soll trotz der Abstimmungsniederlage fortbestehen und damit die energiepolitische Diskussion im Kanton Bern weiterhin positiv beeinflussen.

©Text: Toni Rütti, Redaktor ee-news.ch

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