Induktive Ladestationen für Mobiltelefone – hier ein Modell von Samsung – sind seit einigen Jahren auf dem Markt. Wie stark sie in Zukunft bei Kundinnen und Kunden Verbreitung finden werden, ist zur Zeit nicht absehbar. ©Bild: B. Vogel

Die FSM-Studie hat den jährlichen Stromverbrauch für neun Anwendungsfälle berechnet: Im Extremfall sind die Stand-by-Verluste höher als der Stromverbrauch für das Laden. ©Grafik: Schlussbericht FSM-Studie

Der Stromverbrauch von Mobiltelefonen ist im Vergleich zu anderen Haushaltsanwendungen gering. ©Tabelle: Schlussbericht FSM-Studie/BFE

Die fünf in der FSM-Studie untersuchten induktiven Ladestationen (alle Qi-Standard) stammten von den Herstellern LG, IKEA, Samsung, Qinside und Fonesalesman (v.l.n.r.). ©Bilder: Schlussbericht FSM-Studie/Hersteller

Empfänger nach Qi-Standard von iTian, Fonesalesman und IKEA (v.l.n.r.). ©Bild: Schlussbericht FSM-Studie/Hersteller

Das Innenleben einer induktiven Ladestation: Links die Spule, die das Magnetfeld aufbaut, welches die berührungslose Energieübertragung auf den Empfänger ermöglicht. ©Bilder: Marco Zahner, Fields at Work

Funktionsschema induktives Laden. ©Grafik: Schlussbericht FSM-Studie

Induktives Laden: Bequem, aber weniger effizient

(BV) Elektrische Zahnbürsten, Mobiltelefone oder Rasierapparate können induktiv ohne Ladekabel geladen werden. Auch für Elektrobussen und Autos gibt es erste Lösungen. Das ist bequem und sicher, allerdings braucht es mehr Strom als mit dem Ladekabel. Eine Studie im Auftrag des BFE hat den Mehrverbrauch beziffert und gibt Hinweise, wie energiebewusste Nutzer Strom sparen können. (Texte en français >>)


Vor kurzem hat Apple angekündigt, seine neuen iPhones jetzt auch für das induktive Laden auszurüsten. Im Gegensatz zu dem Apple-Gerät enthalten die Mobiltelefone von Samsung und anderen Anbietern schon seit einiger Zeit standardmässig einen entsprechenden Empfänger. Sie müssen für die Stromversorgung nicht mehr unbedingt über ein Ladekabel mit der Steckdose verbunden werden. Vielmehr kann der Nutzer das Mobiltelefon auf eine Ladestation legen, wo der Akku dann ohne Steckverbindung mit Strom versorgt wird.

Solche induktiven Ladestationen sind in der Schweiz noch nicht sonderlich verbreitet. Wer die 40 bis 60 Franken ausgibt, die ein solches Gadget kostet, leistet sich zuhause oder im Büro ein kleines Stück Komfort. Denn mit der induktiven Ladestation entfällt das Ein- und Ausstecken des Ladekabels. Der Komfort hat jedoch seine Kehrseiten: Induktives Laden geht langsamer – und es verbraucht mehr Strom. Das Bundesamt für Energie hat nun die Folgen des induktiven Ladens auf den Stromverbrauch in einer Studie abschätzen lassen. Durchgeführt hat die Untersuchung die Forschungsstiftung Strom und Mobilkommunikation (FSM). Die FSM ist eine Gründung der ETH Zürich und von Industrieunternehmen im Mobilfunkbereich. Heute wird sie wesentlich durch das Telekomunternehmen Swisscom und durch Swissgrid, die Betreiberin des landesweiten Hochspannungsnetzes, finanziert. Die Stiftung versteht sich als unabhängige Forschungseinrichtung zu Chancen und Risiken von Mobilfunk- und Stromanwendungen, v.a. hinsichtlich elektromagnetischer Felder.


Elektroautos induktiv laden

Künftig könnten induktive Ladestationen auch in grösserem Umfang in der Elektromobilität zum Einsatz kommen. Entsprechende Produkte existieren und werden auch weiterentwickelt. Sie eröffnen die Perspektive, Elektromobile ohne weiteres Zutun zu laden, während sie z.B. über Nacht in der Garage stehen, oder wenn sie vor einer Ampel warten müssen. Die Ladeströme für Elektroautos sind mehrere Tausend mal grösser als für Mobiltelefone. Auch hier ist mit Übertragungsverlusten zu rechnen, wie Gregor Dürrenberger sagt: „Rein theoretisch sollte es hinsichtlich Energieeffizienz kaum Unterschiede zu Kleinladestationen geben, da beim induktiven Laden in der Elektromobilität in etwa dieselben Frequenzen verwendet werden wie beim drahtlosen Laden von Mobiltelefonen. Höhere Effizienz ist jedoch bei Fahrzeugstationen zu erwarten, weil bei der Hardware vermutlich teurere und bessere und damit energieeffizientere Komponenten verwendet werden.“ Heutige Ladestationen von Fahrzeugen haben eine Gesamteffizienz zwischen Steckdose und Batterie von ungefähr 70%.

Künftig könnten induktive Ladestationen für Autos, Mobiltelefone und andere Anwendungen laut Dürrenberger hinsichtlich Energieeffizienz noch deutlich zulegen. Dann nämlich, wenn der Wechselstrom der Steckdose direkt in die Übertragungfrequenz umgerichtet wird, also ohne den Umweg via Gleichstrom (DC).


Bis zu zehn Mal höherer Stromverbrauch
Wissenschaftler der FSM haben in der jüngsten Studie die Verbräuche von fünf Ladestationen und vier Empfängern untersucht. Dabei hat sich bestätigt, dass induktives Laden mehr Strom braucht als das herkömmliche Laden mit Ladekabel: Beim induktiven Laden erreichen nur 50 bis 60% des Stroms, der aus der Steckdose 'gezogen' wird, den Akku des Mobiltelefons. Der Rest geht in Form von Wärme verloren. Ist das Mobiltelefon nicht mittig auf der Ladestation platziert, sinkt die Effizienz mitunter auf 40%. Das Ladekabel ist mit 75% deutlich effizienter.

Die genannten Zahlen sind erst die halbe Wahrheit. Ladestationen verbrauchen nämlich zudem Strom im Stand-by-Betrieb, und auch dieser liegt mitunter deutlich höher als beim kabelgebundenen Laden. Stand-by-Betrieb bedeutet: Der Ladevorgang ist abgeschlossen, das Mobiltelefon liegt aber weiterhin auf der Ladestation. Stand-by ist die Ladestation aber auch dann, wenn kein Mobiltelefon auf ihr liegt, denn auch jetzt ist die Ladestation mit der Steckdose verbunden. Die FSM-Studie hat diese beiden Formen des Stand-by-Verbrauchs ebenfalls gemessen. Ihr Fazit: „Als Faustregel kann man folgende Grössenordnungen des Stand-by-Verbrauchs nennen: kabelgebundenes Laden (eingestecktes Netzteil ohne Endgerät oder mit voll aufgeladenem Endgerät angeschlossen): um 100-200 mW. Drahtlose Ladestation ohne aufgelegtes Endgerät: 200-400 mW, mit aufgelegtem Endgerät: 1-2 W. Induktive Ladestationen können also zehn Mal mehr Stand-by-Energie verbrauchen als kabelgebundene AC/DC-Netzteile allein.“

30 GWh Mehrverbrauch
Der Stromverbrauch von induktiven Ladestationen hängt von der eingebauten Technik ab, aber auch vom Verhalten der Nutzer. Die FSM-Forscher haben für neun Anwendungsfälle den jährlichen Verbrauch für Laden und Stand-by errechnet (vgl. Grafik 3). In den Anwendungsfällen kamen verschiedene Mobiltelefone und Ladestationen zum Einsatz, variiert wurde aber auch das Handling (wie lange das Mobiltelefon nach Abschluss des Ladevorgangs auf der Ladestation liegen blieb). Die Ergebnisse zeigen: Für das tägliche Aufladen benötigen Mobiltelefone im Jahr Strom im Umfang von gut zwei bis fünf Kilowattstunden (kWh). Hinzu kommt der Stand-by-Verbrauch, der beim induktiven Laden auf ein Jahr gerechnet zwischen 0,5 und 7,5 kWh liegt. Die Autoren der Studie gelangen denn auch zu einem erstaunlichen Fazit: „Im worst case wird mehr Strom für den Stand-by-Betrieb benötigt als für das Aufladen der Batterie.“ Wer sparen will, sollte das Mobiltelefon also von der Ladestation nahmen, sobald es geladen ist. Sinnvoll ist zudem, beim Kauf auf energieeffiziente Technik zu achten. Dies betrifft insbesondere den in der Ladestation verbauten Adapter, da dieser massgeblich zum Stromverbrauch der Ladestation beiträgt.

Die Studie wagt auch einen Blick in die Zukunft: Würden alle Schweizer Mobiltelefone induktiv geladen, würde der Stromverbraucht gegenüber heute um 30 Gigawattstunden (GWh) zunehmen, schreiben die Autoren. Die Zunahme entspricht dem Stromverbrauch von 6'600 Vier-Personen-Haushalten. „Dieser Mehrverbrauch entspricht ein bis zwei Promille des landesweiten Stromverbrauchs in Haushalten“, sagt FSM-Geschäftsleiter und Co-Studienautor Dr. Gregor Dürrenberger. „Wer energiebewusst leben will, entscheidet sich angesichts dieser Zahlen vielleicht dafür, beim herkömmlichen Ladekabel zu bleiben.“ Gregor Dürrenberger rät zugleich, die Relationen zu wahren. In anderen Lebensbereichen lasse sich Energie in weit grösseren Mengen sparen als beim Mobiltelefon.


Wie induktive Ladestationen für Mobiltelefone funktionieren

Beim Laden über Ladekabel (oberes Schema) wird der Netzstrom (Wechselstrom bei 220 V und 50 Hz) über einen Adapter in Gleichstrom (5 Volt) umgewandelt, der direkt zur Ladung des Akkus im Mobiltelefon dient. Beim induktiven Laden (unteres Schema) wird der Strom aus der Steckdose ebenfalls in 5 Volt-Gleichstrom transformiert. Anschliessend muss der Gleichstrom in einen Wechselstrom mit hoher Frequenz umgewandelt werden. Diese Frequenz schafft die Voraussetzung für die drahtlose Übertragung des Stroms: In der Sendespule erzeugt der Wechselstrom ein (mit 110-205 kHz oszillierendes) magnetisches Wechselfeld, das im Empfänger (ebenfalls eine Spule) eine Wechselspannung induziert, die einen Wechselstrom von gleicher Frequenz zur Folge hat. Dieser Wechselstrom wird dann mit dem AC-DC-Adapter in Gleichstrom umgeformt. Da hier noch keine konstante Spannung gegeben ist, ist anschliessend ein DC-DC-Modul nötig, das eine stabile Spannung von 5 Volt herstellt. Der resultierende Strom wird für die Ladung des Akkus verwendet. BV



Übertragungsfrequenz steuert Ladestrom
Induktives Laden braucht mehr Energie als ein Ladekabel – das ist intuitiv nachvollziehbar: Der metallische Leiter im Kabel ermöglicht den direkten Stromfluss. Es reicht hierbei, dass der Netzadapter den Wechselstrom aus der Steckdose in Gleichstrom von niedriger Spannung umwandelt. Das induktive Laden erfordert einen zusätzlichen Zwischenschritt, denn für die drahtlose Übertragung des Stroms braucht es ein elektromagnetisches Wechselfeld. Induktives Laden wird immer höhere Verluste verursachen als Laden mit einem Ladekabel.

Allerdings hängen die Verluste während des Ladevorgangs auch im Stand-by-Betrieb von der technischen Realisierung ab. Heute dominiert bei induktiven Ladegeräten der Qi-Standard. Bei diesem Standard wird die Stärke des Ladestroms mittels Übertragungsfrequenz geregelt: Ist der Akku annähernd geladen, wird der Ladestrom sukzessive reduziert, indem die Übertragungsleistung durch „Verstimmung“ des Empfängers reduziert wird. Dadurch sinkt der im Empfänger induzierte Ladestrom. Wenn die Batterie voll ist, wird bei werkseitig eingebauten Empfangsspulen ein end-of-charge-Signal an die Ladestation geschickt, die dann in den Stand-by-Betrieb übergeht. Bei nachgerüsteten Mobiltelefonen ist das aber nicht der Fall und die Ladestation sendet in unveränderter Stärke weiter. Anders formuliert: Obwohl das Mobiltelefon geladen ist, 'zieht' die Ladestation in dieser Konfiguration in beträchtlichem Mass Strom. Dieser hohe Standby-Verbrauch hält so lange an, bis das (geladene) Mobiltelefon von der Ladestation entfernt wird. Erst dann sinkt der Verbrauch der Ladestation – zwar nicht auf 0, aber auf einen 4-5 mal tieferen Wert.

Effizientere Lösungen auf dem Weg
Gut möglich, dass in Zukunft neue technische Lösungen mit tieferen Stand-by-Verbräuchen Verbreitung finden. In diese Richtung weist der AirFuel-Standard, der zweite technische Standard, der heute für die Konstruktion von induktiven Ladestationen eingesetzt wird, aber deutlich weniger verbreitet ist als der Qi-Standard. Beim AirFuel-Standard braucht die Ladestation nur Strom, solange der Ladevorgang läuft. Ist der Akku einmal gefüllt, sinkt der Stand-by-Verbrauch auf einen minimalen Wert, auch wenn das Mobiltelefon auf der Ladestation liegen bleibt.

Stromsparende Lösungen erwartet Gregor Dürrenberger für die Zukunft auch bei den Adaptern, die den 220 Volt-Wechselstrom aus der Steckdose in den Ladestationen in 5 Volt-Gleichstrom umwandeln. Die EU-Verordnung 178/2009, die auch in der Schweiz gilt, begrenzt heute den maximalen Stromverbrauch von Adaptern auf 300 mW. In der FSM-Studie haben alle Adapter diesen Wert eingehalten. Der beste Adapter wies einen Verbrauch unter 10 mW auf. Wurde hingegen der Verbrauch der gesamten induktiven Ladestation betrachtet, lagen die Verbräuche teilweise höher. „Es herrscht hier ein gewisser Spielraum, wie die Vorgaben zu verstehen sind“, sagt Gregor Dürrenberger. „Doch das ist kein grösseres Problem, zumal Adapter immer effizienter werden und die ineffizienten vom Markt verschwinden.“


Magnetfelder nah am Körper

Die Magnetfelder, die durch induktive Ladestationen hervorgerufen werden, sind nach den verfügbaren wissenschaftlichen Erkenntnissen gesundheitlich unbedenklich. Gemäss den Messungen der FSM-Studie betragen die Feldstärken an der Oberfläche des Ladegeräts im Qi-Standard im Stand-by-Betrieb einige 100 μT (Mikrotesla). Will man die gesundheitlichen Folgen

von Magnetfeldern beurteilen, muss man abschätzen, wie gross die durch diese Felder im Körper induzierten Wirkungen sind. Die Wissenschaftler haben dafür numerische Simulationen vorgenommen. Ihr Fazit: Die Werte liegen für die Energieabsorption (SAR) massiv (um Faktor 1000) unter den Grenzwerten, für die elektrische Feldstärke im Gewebe liegen sie ebenfalls unter den Grenzwerten, können jedoch in Ausnahmefällen nahe an die Limiten herankommen. „Induktive Ladestationen stellen keine Gefährdung für die Gesundheit dar. Die Feldstärken liegen unterhalb der Grenzwerte. Wenn allerdings in Zukunft eine nächste Generation von leistungsstärkeren Ladestationen auf den Markt kommt, müssen die Expositionen neu beurteilt werden“, sagt FSM-Geschäftsleiter Gregor Dürrenberger.


  • Weitere Auskünfte zu dem Projekt erteilt Roland Brüniger (roland.brueniger@r-brueniger-ag.ch), Leiter des BFE-Forschungsprogramms Elektrizitätstechnologien.

©Text: Benedikt Vogel, im Auftrag des Bundesamts für Energie (BFE)

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