Im Gegensatz zu anderen Elektrolysearten benötigt die PEM-Elektrolyse keine bedenklichen Chemikalien. Sie ist ausserdem leistungsfähiger: Die Zellen sind kleiner und es wird mehr Wasserstoff produziert.

Siemens Schweiz: «Grüner» Wasserstoff

(PM) Eine der zentralen Herausforderungen für das Gelingen der Energiewende ist es, überschüssige Wind- und Sonnenenergie zu speichern und bei Bedarf wieder ins Netz einzuspeisen. Siemens hat dazu sein auf Basis der PEM-Technologie (Proton Exchange Membrane) entwickeltes Elektrolysesystem Silyzer auf den Markt gebracht. Es ermöglicht die Aufnahme und Speicherung grosser Energiemengen durch die Umwandlung von elektrischem Strom in Wasserstoff.


Das mit der PEM-Technologie ausgestattete Elektrolysesystem Silyzer ist bei mehreren Projekten im Einsatz, so zum Beispiel beim Paul Scherrer Institut (PSI) als zentrales Element der Energy System Integration-Plattform ESI. Bei der PEM-Elektrolyse wird destilliertes Wasser durch elektrischen Strom an Elektroden in Sauerstoff, freie Elektronen und positiv geladene Wasserstoff-Ionen (Protonen) gespalten. Die Ionen treten durch eine Membran und verbinden sich mit den Elektronen zu Wasserstoff. Für ein effizientes System werden mehrere dieser Zellen in sogenannten Stacks hintereinander geschaltet, wie Batterien in einer Stabtaschenlampe. Separator-Platten, die meistens aus Titan gefertigt sind, trennen die Zellen eines solchen Stacks.

Leistungsfähig auch ohne Chemikalien
Im Gegensatz zu anderen Elektrolysearten benötigt die PEM-Elektrolyse keine bedenklichen Chemikalien. Sie ist ausserdem leistungsfähiger: Die Zellen sind kleiner und es wird mehr Wasserstoff produziert. Mittels der Membrantechnologie können die PEM-Elektrolyseure kurzfristig auch im Überlastbereich betrieben werden. Neben der hohen Dynamik haben die neuen Elektrolyseure den Vorteil, dass sie nicht auf einer bestimmten Betriebstemperatur gehalten werden müssen, sondern vollständig abschaltbar sind und vor dem Einschalten keine Vorwärmphase brauchen. Das reduziert die Betriebskosten im Standby erheblich und ermöglicht einen effizienten und zuverlässigen Betrieb ohne Rückstände wie zum Beispiel Kalilauge. Ausserdem liefern die PEM-Elektrolyseure den Wasserstoff mit einem Druck bis zu 35 bar. Dadurch muss er nicht erst auf einen höheren Druck gebracht werden, um weiterverarbeitet oder gespeichert zu werden. «Das spart Investitionskosten für Kompressoren», erklärt Siegfried Gerlach, CEO von Siemens Schweiz. «Einer von mehreren wichtigen Aspekten, der die Verantwortlichen des Paul Scherrer Instituts von unserer Lösung überzeugt hat.»

Wasserstoff als wertvolle Ressource
Mit überschüssigem Ökostrom lässt sich mit der Elektrolyse Wasserstoff produzieren, den man als Energieträger lagern kann, beispielsweise in unterirdischen Kavernen. Bei kurzfristigen Bedarfsspitzen können mit dem energiereichen Gas Turbinen zur Stromerzeugung angetrieben werden. Der Strom kann dann ins Netz eingespeist werden (Rückverstromung). Der PEM-Elektrolyseur eignet sich auch als dynamische Regellastkomponente zum Ausgleich von Schwankungen in den Stromnetzen. «Der Elektrolyseur wird damit zur strategischen Schlüsselkomponente für Energieversorger, Netzbetreiber und Anbieter erneuerbarer Energien», so Gerlach. Auch die stoffliche Nutzung des Wasserstoffs in industriellen Prozessen ist möglich, beispielsweise für die Herstellung von Düngemitteln, als Baustein in der chemischen Industrie, in der Nahrungsmittelindustrie zur Härtung von Fetten oder bei der Kupferherstellung. Weltweit werden jährlich über 500 Mrd. Kubikmeter Wasserstoff verbraucht, von denen bislang über 95% durch einen CO2-lastigen Gasreformierungsprozess hergestellt werden. Mit Wasserstoff aus Elektrolyse kann dieser substituiert werden, wodurch sich die Emissionsbilanz von industriellen Prozessen stark verbessern lässt. Eine weitere Anwendung ist die direkte Nutzung als Treibstoff für brennstoffzellenbetriebene Fahrzeuge.

Mit dem PEM-Elektrolyseur ist es Siemens gelungen, «grünen» Wasserstoff bereitzustellen, der sowohl dazu beitragen kann, CO2-Emissionen in relevantem Umfang zu vermeiden als auch als CO2-freier Treibstoff für die Mobilität zur Verfügung steht. «Wasserstoff, der aus regenerativer Energie erzeugt und gespeichert werden kann, hat das Potenzial zu einem Schlüsselelement bei der Integration erneuerbarer Energien in die Stromerzeugung zu werden», sagt Siegfried Gerlach. «Wir können mit unserer PEM-Elektrolyse-Technologie die geeignete Technik liefern und so gemeinsam mit anderen Unternehmen und Forschungsinstituten wie dem PSI diese Innovationen vorantreiben.»

«Energiepark Mainz»
Nebst der Anlage im Paul Scherrer Institut ist Siemens mit dem Silyzer auch an anderen Projekten beteiligt, etwa beim «Energiepark Mainz», wo seit Juli 2015 Wasserstoff durch PEM-Elektrolyse mit einer Leistung von bis zu sechs Megawatt hergestellt wird. Die dort eingesetzten Silyzer-200-Systeme verfügen pro Stack über eine Nennleistung von 1.25 MW und bilden damit das grösste PEM-Elektrolysesystem weltweit. Der Energiepark hat die ideale Grösse, um lokale Engpässe im Stromnetz zu vermeiden und das Stromangebot kleinerer Windparks zu verstetigen. In Mainz wird überschüssiger Strom aus den benachbarten Windkraftanlagen in Hechtsheim verwendet. Siemens lieferte die Elektrolysesysteme inklusive Simatic-Steuerung für die Regelung. Zusätzlich sind Mittelspannungsstationen mit Geafol-Trafos für die Niederspannungs-Hochstromversorgung der Sinamics-PCM-Gleichrichter und eine gasisolierte 20-kV-Mittelspannungsschaltanlage im Einsatz. Auf Simatic basiert auch das übergeordnete Leitsystem des Energieparks, das von Linde betrieben wird. Der Gasspezialist ist zudem für die Reinigung, Verdichtung, Speicherung und Abfüllung des Wasserstoffs verantwortlich. Die wissenschaftliche Begleitung hat die Hochschule Rhein-Main übernommen. Untersucht wird das Zusammenspiel aller Komponenten, etwa zwischen Elektrolyse und Verdichter, der Kopplung mit dem Gasnetz und dem Stromnetz. Das Ziel von Siemens ist es, langfristig Elektrolyse-Parks mit bis zu dreistelliger MW-Leistung aufzubauen.

Text: Siemens Schweiz

0 Kommentare

Kommentar hinzufügen

Top

Gelesen
|
Kommentiert