Der Klimaschutz kann für für Länder und Firmen zum gewinnbringenden Geschäftsmodell werden: Innovative Technologien, z.B. bei der Erzeugung und Speicherung regenerativer Energien, finden rasch Absatz. ©Bild: Master isolated images / freedigitalphotos

Renate Schubert, Professorin für Nationalökonomie, ETH Zürich. Bild: ETH Zürich

Klimaschutz: «Wir allein können ja nichts ändern» – oder doch?

(RS/ETH Zukunftsblog) Im politischen Diskurs um den Klimaschutz hört man oft, dass die Treibhausgasemissionen eines so kleinen Landes wie der Schweiz global kaum ins Gewicht fallen und unsere Reduktionsbemühungen daher sinnlos seien. Doch diese Argumentation greift zu kurz: Es gibt erhebliche Anreize, etwas für den Klimaschutz zu tun – wir sollten sie nutzen.


Mittlerweile sind die Zusammenfassungen für Entscheidungsträger aus allen drei Arbeitsgruppen des Weltklimarats IPCC zum fünften Sachstandsbericht veröffentlicht. Mit mehr Sicherheit als je zuvor lassen sich nun die unangenehmen Folgen eines globalen Temperaturanstiegs von über zwei Grad Celsius abschätzen. Mit mehr Sicherheit als zuvor kann man heute aber auch sagen, dass wir es schaffen könnten, die globale Temperatur nicht wesentlich über zwei Grad hinaus steigen zu lassen, und dass die Kosten dafür nicht sehr dramatisch ausfielen, wenn wir unsere Treibhausgasemissionen umgehend deutlich reduzieren würden. Wer aber ist eigentlich gemeint mit dem «wir»? «Wir» alle auf dem Planeten? «Wir» alle in der Schweiz? Oder auch jeder und jede Einzelne von uns?

Der Fluch des «Trittbrettfahrens»
Die Frage nach dem «Wir» scheint eine der zentralen Fragen im Zusammenhang mit der Klimapolitik zu sein. Dies vor allem deswegen, weil «Klimaschutz» ein sogenanntes globales öffentliches Gut ist. Unabhängig davon, wer wo auf der Welt Treibhausgasemissionen vermindert, profitieren alle weltweit davon. Da Emissionsreduktionen mindestens kurzfristig mit Kosten verbunden sind, stellt sich natürlich die Frage, wieso einzelne Individuen und Gruppen oder auch einzelne Länder solche Kosten auf sich nehmen sollen, wenn doch nicht nur sie selbst, sondern auch viele andere dadurch Vorteile haben, und zwar ohne dass diese anderen dafür Kosten aufwenden müssen (sogenanntes Tritbretttfahrerproblem). Solange man nicht sicher ist, ob andere auch etwas tun, schiebt man den schwarzen Peter gerne weiter.

Das Ganze lässt sich dann gut mit dem Argument kaschieren, als kleines Land (wie die Schweiz) oder als einzelner kleiner Akteur könne man ja ohnehin nichts an der globalen Situation ändern. Man trüge nicht sehr viel zu den weltweiten Emissionen bei, und selbst wenn man die eigenen Treibhausgasemissionen auf null herunterfahren würde, wäre das global kaum spürbar.

Vorbildfunktion und ökonomische Chancen
Auf den ersten Blick scheint diese Argumentation zutreffend zu sein. In der Tat haben die Emissionen einzelner Akteure oder kleiner Länder für den Planeten insgesamt keine wesentlichen direkten Auswirkungen. Doch dies greift zu kurz. Zwei wichtige indirekte Effekte dürfen nicht übersehen werden. Erstens haben Anstrengungen zur Emissionsminderung einen Vorbildeffekt. Das Einsparen von Energie oder Emissionen kann Anerkennung im Freundeskreis oder in sozialen Netzwerken bringen und damit die Bereitschaft verstärken, sich im eigenen Bereich für Emissionsminderungen zu engagieren. Und auch auf Länderebene sind Vorbilder wichtig. Die Tatsache etwa, dass in Skandinavischen Ländern hohe CO2-Steuern nicht zum wirtschaftlichen Zusammenbruch führen, mag andere Länder ermutigen, mehr für den Klimaschutz zu tun.

Zweitens kann Klimaschutz auch zum gewinnbringenden Geschäftsmodell werden. Dies gilt vor allem für Länder und Firmen, die für innovative Technologien, z.B. bei der Erzeugung und Speicherung regenerativer Energien, rasch Absatz finden dürften. Aber auch neuartige Strategien im Haushaltsbereich, wie etwa sogenannte ESCOs (Energy Service Companies), die für individuelle Hauseigentümer den hohen Investitionsbedarf effizienter Heiz- oder Kühlsysteme übernehmen und diesen in monatliche Raten umwandeln, könnten interessante Renditen abwerfen.

Fazit: «Wir» können etwas ändern!
Auch wenn die Schweiz ein kleines Land ist und auch wenn die Emissionsreduktionen einzelner Akteure auf globaler Ebene keinen erkennbaren direkten Effekt haben – angesichts der indirekten Folgen unseres Handelns gibt es erhebliche Anreize, etwas für den Klimaschutz zu tun. Nutzen wir sie, indem wir etwas ändern, Trittbrettfahren der anderen hin oder her.

Dieser Beitrag basiert auf dem Editorial von Renate Schubert im ProClim- Flash (Nr. 60), dem Magazin von ProClim–, Forum for Climate and Global Change. Zum Originaltext >>

©Text: ETH Zukunftsblog, Renate Schubert, Professorin für Nationalökonomie, ETH Zürich

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