Die Internationale Messe für Erfindungen Genf ist laut Messeleitung die weltweit bedeutendste Veranstaltung, die ganz im Zeichen der Erfindungen steht. Augenfällig ist die fernöstliche Dominanz. ©Bild. T. Rütti

Die kleineste Grösse einer «Vertikalen Windrad-Stromzentrale» sollte 10 m Durchmesser nicht unterschreiten. Die Anlage der Union of Croatian Innovations besteht aus einer Boden- und einer Luftplattform. ©Bild. T. Rütti

Innovationen: Nothing is impossible bei Energie und Umweltschutz

(©TR) Noch bis zum 6. April präsentieren in Genf 790 Aussteller aus wiederum 45 Ländern ihre Erfindungen und/oder Produkteweiterentwicklungen: Zur 42. Internationalen Messe für Erfindungen werden 60‘000 Besucher aus aller Welt erwartet. Sie sollen sich möglichst als potenzielle Lizenznehmer und Investoren für die gut 1‘000 Erfindungen von Firmen, Erfindern, Universitäten, Instituten sowie privaten und staatlichen Organisationen interessieren. Recht gut vertreten sind auch Neuheiten aus den Sparten Energie und Umweltschutz, wo man jedoch auch auf eher Utopisches trifft.


Die Internationale Messe für Erfindungen Genf gilt als die «weltweit wichtigste Erfindermesse». Sie kann diesmal mit einer Rekordanzahl an Ausstellern auftrumpfen, wobei die asiatische Übermacht augenfällig ist. Zitat: «Einmalig in ihrer Art präsentiert die Messe der Öffentlichkeit aufregende Neuheiten aus allen Bereichen menschlicher Aktivität. Jungen Menschen bietet sie die Gelegenheit, ihren Erfindergeist zu entwickeln, Geschäftsleuten die Möglichkeit, exzellente Kontakte zu knüpfen. Unsere internationale Jury wird die besten Erfindungen mit zahlreichen bedeutenden Preisen auszeichnen.» Alle Neuheiten werden dem Publikum als Weltpremiere vorgestellt. Von dieser Auflage befreit ist einzig die Abteilung «Verkauf», wo frühere Kreationen feilgeboten werden, etwa marktschreierisch an den Mann zu bringende Gemüsehobel.

Überraschungen von Stand zu Stand
Kraut und Rüben durcheinander. Diesem Eindruck kann man sich als unbedarfter Besucher kaum erwehren: Bei der Anordnung der Stände und Themen scheint es etwas an Systematik zu mangeln. Beim Ausstellungsrundgang wird man folglich von einem Ausstellungsstand zum nächsten von irgendeinem Thema überrascht. Auch sind die wenigsten Aussteller mit veritablen Prototypen, Exponaten und Modellen vor Ort. Vielmehr werden die Erfindungen oder Produkteweiterentwicklungen auf Plakaten in Abbildungen oder Skizzen sowie in englischer oder französischer und der jeweiligen Sprache des Ursprungslandes angepriesen, also hauptsächlich in fernöstlichen Schriftzeichen. Allenfalls gibt es noch einen Flyer mit dem Wichtigsten in Kürze in einer uns bekannten Sprache oder gar eine Videopräsentation. Unter anderem findet man in der Palexpo-Halle noch bis zum 6. April aus folgenden Sparten und Branchen hoffentlich kommerzialisierbare Neuheiten: Energie, Umweltschutz, Informatik, Elektrizität, Elektronik, sanitäre Einrichtungen, Heizungs- und Lüftungstechnik, Sicherheits- und Alarmeinrichtungen, Fahrzeuge sowie allerlei Praktisches oder Verzichtbares für den Alltag. Was von den hier gezeigten Neuheiten dereinst den Durchbruch schaffen wird, wie etwa seinerzeit Sparstromlampen oder Solarpanels, kann heute noch niemand voraussagen.   


«Energie und Umweltschutz» mit 66 Ideen vertreten 
Eine gewisse Orientierungshilfe bieten die kleinen gelben Schildchen mit einem Kurzbeschrieb und einem Buchstaben. Dieser verrät, welcher Kategorie eine Novität hinzugerechnet werden darf. «V» steht beispielsweise für «Energie und Umweltschutz». Hier zählen wir nicht weniger als 66 Innovationen. Sie hier vorstellen zu wollen, würde den Rahmen dieser Berichterstattung allerdings sprengen, vor allem weil nicht in wirklich jedem Fall auf Anhieb klar gedeutet werden kann, was jetzt genau der Sinn und Zweck einer neuen oder weitergesponnenen Idee ist. Denn die Neuheiten kommen selbstverständlich nicht alle so plausibel daher wie seinerzeit bei Daniel Düsentrieb. Zumindest lösten seine Erfindungen Schmunzeln aus, waren aber auch nicht restlos praxisorientiert. Also konzentrieren wird uns heute stellvertretend auf die in Wort, Skizze und Videoanimation dargestellte komplexe «Vertikale Windrad-Stromzentrale». Sie wird vom Amt für geistiges Eigentum der Republik Kroatien geschützt: Unter der Patentnummer «P20130411A» kann mittels Sonne und Luftströmung «auf eine neue, ökologische Weise kontrolliert elektrische Energie produziert werden». Dahinter steckt die Union of Croatian Innovations, welche keinen Zweifel an Selbstvertrauen und Optimismus lässt: «Nothing is impossible.» Noch existiert die «Vertikale Windrad-Stromzentrale» erst auf Papier und Animationsvideo. Schlusszitat ab Flyer: «Wir suchen Partner zur Gründung eines Konsortiums sowie zur Ausarbeitung und Präsentation eines Modells dieser umweltschonenden und die Natur nicht belastenden Art der Energieerzeugung.» Der folgende Kurzbeschrieb hört sich nicht nur vertrackt an, das Konstrukt ist es irgendwie wohl auch. 

Durch Faraday’schen Käfig und Raketenabwehr geschützt
Ein Ringballon, dessen Zellen mit Wasserstoff und Helium gefüllt sind, trägt eine verankerte Plattform. Die kleineste Grösse der Anlage sollte 10 Meter Durchmesser des energetischen Rings nicht unterschreiten. In der Mitte der «Vertikalen Windrad-Stromzentrale» ist ein energetischer Tunnel installiert. Dieser beinhaltet mehrere, sich um eine Vertikalachse und in entgegengesetzter Richtung drehende Windräder. Diese wiederum werden von der Energie der konstant vorbeiströmenden Warmluft bewegt. Sie übertragen ihre Energie mit Hilfe verschiedener Systeme an den energetischen Ring, wo die Energie in Elektrizität umgewandelt wird. Diese wird in den terrestrischen Teil der Anlage geleitet und anschliessend über unterirdische Kabel zum Energiekonsumenten transportiert. Dieser Bodenteil verfügt in seiner Mitte über einen thermischen Krater, verbunden mit einem teleskopischen Kunststofftunnel, in den warme Luft geblasen wird. Die aufsteigende Luftströmung setzt die Windräder in den energetischen Ringen in Bewegung. Niederdrehzahl-Ventilatoren, montiert in der unterirdischen Bodenplattform, blasen Luft auf das Heizsystem, welches sich im Krater der Bodenplattform befindet. Dadurch wird eine konstante und kontrollierte Luftströmung erreicht. Die von weit her sichtbare Luftplattform erinnert an einen Pilz. Sie bietet eine grosse Fläche, welche zum Beispiel als Panorama-Plattform genutzt werden könnte. Zwecks zusätzlicher Energiegewinnung besteht die Bedachung aus einer Photovoltaikanlage. Die Luft- und Bodenplattformen sind durch Ankerseile, den Lufttunnel sowie Personenlifte miteinander verbunden. Das gesamte System wird durch einen Fraday’schen Käfig und eine Raketenabwehr (!) geschützt.

Fakten zur letztjährigen internationalen Erfindermesse
Um die Bedeutung der Erfindermesse einordnen zu können, rasch einen Blick auf die letztjährige Ausstellung: Messefläche 8’500 m2, 725 Aussteller aus 45 Nationen, davon waren 76 Prozent Unternehmen, Universitäten oder staatliche Organisationen sowie 24 Prozent private Erfinder und Forscher. Eine Ausstellerumfrage soll ergeben haben, dass über 45 (!) Prozent der 2013 angebotenen Neuheiten Gegenstand von Lizenzverträgen wurden. Die Summe der im Anschluss an die Präsentationsmöglichkeit in Genf getätigten Geschäfte: über 45 Millionen Euro. Auch im letzten Jahr kamen 60’000 Besucher aus fünf Kontinenten, darunter 42 Prozent Fachbesucher. Zudem: 650 Print- und Onlinejournalisten sowie Radio- und Fernsehjournalisten aus 30 Ländern. 2013 wurden laut Messeveranstalter mehr als 4'000 Beiträge publiziert. Die Messe steht unter der Schirmherrschaft der Schweizerischen Eidgenossenschaft, des Kantons und der Stadt Genf sowie der Weltorganisation für geistiges Eigentum WIPO.

Infos: Internationale Erfindermesse

©Text: Toni Rütti, Redaktor ee-news.ch

0 Kommentare

Kommentar hinzufügen

Top

Gelesen
|
Kommentiert