Seit mehr als 60 Jahren hat die LISTA AG ihren Produktionsstandort in Erlen (TG). ©Bild: EnAW

Der Klassiker unter den Betriebseinrichtungen: der LISTA-Schubladenschrank mit Einteilungsmaterial. ©Bild: EnAW

EnAW: Erfolg mit branchenübergreifenden Innovationen

(EnAW) Die LISTA AG ist seit der Geburtsstunde der Energie-Agentur der Wirtschaft (EnAW) Teilnehmerin des Energie-Modells. Dank ganzheitlichem Prozessdenken entwickelte die Thurgauer Spezialistin für Betriebseinrichtungen auch Energieeffizienzmassnahmen, die heute branchenübergreifend der Wirtschaft zugute kommen.


Wenn ein Garagist Kleinteile und Werkzeuge lagert oder ein Optiker seine Utensilien funktionsgerecht zur Hand haben will, kommen die Produkte der LISTA AG ins Spiel. Mehr als 300 Mitarbeitende fertigen für das Traditionsunternehmen im thurgauischen Erlen passende Schubladenschränke und Betriebseinrichtungen. Mit mehr als 100’000 Kunden, von Museen über Uhren- oder Automobilhersteller bis hin zum lokalen Handwerker, ist LISTA heute der europäische Marktführer für Betriebs- und Lagereinrichtungen mit System.

Den Prozess verstehen
Bereits seit über 30 Jahren ist Hanspeter Gross, Leiter der technischen Dienste, im Betrieb tätig. Er sorgt dafür, dass LISTA-Schubladen nicht nur passgenau und zeitgerecht, sondern auch energieeffizient gefertigt werden. Angesprochen auf sein Erfolgsgeheimnis, auf dem der jährlich sinkende Energieverbrauch des Unternehmens beruht, spricht sich Gross für eine ganzheitliche Betrachtung der Prozesse aus: «Wenn eine Türfalle kaputt geht, können Sie zwei Dinge tun. Sie können die Türfalle einfach ersetzen oder sich überlegen, welche Faktoren dafür verantwortlich waren. War es zu warm oder zu kalt? Oder hat sich die Anzahl Nutzer geändert? Ich plädiere klar dafür, mit Generalisten- und nicht mit Spezialistendenken an Energiesenkungsmassnahmen heranzugehen. Um Energie bei der LISTA AG zu sparen, muss ich etwas von Blech verstehen, ich muss Anlagen und Prozesse kennen, ich muss schlicht und einfach wissen, wie die Herstellung eines LISTA-Schrankes funktioniert, um zu begreifen, wo wir produktiver und wie wir energieeffizienter werden können.»

Bereits vor 35 Jahren fällte LISTA darum den Grundsatzentscheid, im Falle des Energiekonsums auf effiziente und unabhängige Lösungen zu setzen, mit dem Ziel, weniger Rohstoffe und Energie zu verwenden. Wurden ursprünglich drei fossile Energieträger eingesetzt, wird heute mehrheitlich Erdgas verwendet. Nur in Spitzenzeiten wird im Rahmen eines Abschaltvertrags mit den lokalen Gaswerken auf Erdöl leicht ausgewichen. Ebenfalls bereits in den 1960er Jahren setzten die Thurgauer als Erste auf Wasserlack-Tauchbäder und in den 1970er Jahren auf Polyester-Pulverlacke, welche den Wärmeverbrauch positiv beeinflussten.

Teilnehmer der ersten Stunde
Als die EnAW 2001 ihre operative Tätigkeit aufnahm, stiess LISTA als eine der ersten Teilnehmerinnen zur EnAW. Thomas Weisskopf, Mitglied der EnAW-Geschäftsleitung, ist seitdem ein wertvoller Sparring Partner von Gross. Zusammen diskutieren sie, an welchen Rädern innerhalb des Prozesses gedreht werden muss, um den Verbrauch weiter zu optimieren. Angefangen wurde mit Gebäudesanierungen, dem Ersatz sowie Bündelungen von Lackieranlagen, energieoptimierten Druckluftkompressoren mit abschaltbaren Druckluftnetzen und Temperatursenkungen an Einbrennöfen im Lackierprozess. Es folgte das Herzstück der Massnahmen: die Planung einer neuen Energiezentrale. Damit die Temperatur im Einbrennofen nach der Wasserlackbeschichtung von 220 auf 160 Grad Celcius reduziert werden konnte, musste zuerst der Wasserlack im Tauchbecken angepasst und optimiert werden. Die Hürde wurde erfolgreich gemeistert und die Umsetzung ist heute mittlerweile «Lack-Standard». Für den Start der Energiezentrale mussten zudem die Temperaturen des Prozesswarmwassers auf 50 Grad Celsius gesenkt werden. Erst mit der Entwicklung von neuen Chemikalien konnten die Wassertemperaturen aus der Zentralheizung reduziert und das Ziel der Abluftrückgewinnung mit Trennung von Raum- und Prozesswärme umgesetzt werden. Das Fazit von Gross: «Viele Energieoptimierungen können Sie nur in Zusammenarbeit mit den Lieferanten und mit grossem Prozessverständnis sicherstellen.»

Branchenübergreifende Erfolge
Für weitere Prozessoptimierungen wurde auch der Blick in andere Branchen nicht gescheut. So verklebte beispielsweise die harzige Abluft des Einbrennvorgangs beim Lackieren die alte Wärmerückgewinnungsanlage. Ein Problem, mit welchem auch Grosswäschereien, die Wachs als Stärkemittel spritzen, konfrontiert sind. Mit dem auf Grosswäschereien spezialisierten EnAW-Moderator Daniel Schneiter wurde das Problem konsequent angegangen. Zusammen mit Schneiter und der BMS-Energietechnik AG wurde eine Pilotanlage mit spezieller Beschichtung entwickelt, die das Problem behebt. Die Entwicklungskosten teilte sich die LISTA AG mit dem Hersteller, wobei der Kanton Thurgau 48’000 Franken aus seinem Förderprogramm Energie beisteuerte. Mit dem Resultat können alle Parteien zufrieden sein. LISTA spart durch die neue Technologie je nach Auslastung jährlich 350 bis 450 Megawattstunden Energie ein und hat bereits die Planung einer zweiten Anlage in Angriff genommen. Der Hersteller vermarktet das neue Produkt mittlerweile grossflächig.



Interview mit Hanspeter Gross, Leiter Technische Dienste, Infrastruktur, Umwelt & Sicherheit, LISTA AG:

Seit wann nimmt die LISTA AG am Energie-Modell der Energie-Agentur der Wirtschaft (EnAW) teil?
Wir sind bereits seit der Gründung in der Energie-Modell-Gruppe Thurgau dabei. Die Energie-Modell-Gruppe ist sehr heterogen. Sie umfasst beispielsweise die Zuckerfabriken Aarberg und Frauenfeld, die Kalkfabrik Netstal und die Galvaswiss. Wir treffen uns unter Leitung von EnAW-Moderator Thomas Weisskopf im Minimum zweimal jährlich zum Erfahrungsaustausch.

Die LISTA AG hat bereits grosse Energieeinsparungen bewerkstelligt. Welche Ziele haben Sie für die neue Zielvereinbarungsperiode?
Wir haben eine Potenzialanalyse durchgeführt, diskutiert und natürlich jede Massnahme durchgerechnet. Vor allem im Bereich der Gebäudesanierung haben wir bereits Erfahrung und wissen beispielsweise, welche Energieeinsparung der Ersatz eines Fensters bringt. Alle Massnahmen, die sich innert acht Jahren amortisieren, kamen in unsere neue Zielvereinbarung. Konzentrieren werden wir uns unter anderem auf die kontinuierliche Sanierung unserer Sheddächer. Wobei die Luft für Energieeffizienzmassnahmen natürlich immer dünner wird, da wir praktisch alle unsere Hausaufgaben gemacht haben. Wichtig ist daher umso mehr, dass Sie für die Zukunft Mitarbeitende im Betrieb haben, die die Prozesse genau kennen und über Erfahrung verfügen.

Ihre Einsparungen sind auch auf Innovationen zurückzuführen. Profitieren von diesen Erfahrungen auch KMU?
Von unseren Prozessinnovationen profitiert jeweils die gesamte Branche. Was mir für die Zukunft mehr Sorgen macht, ist das betriebliche Know-how, das man nicht innerhalb von ein bis zwei Jahren erwerben kann. Ich durfte im Unternehmen mehr als 30 Jahre diese Erfahrungen machen. Bei Stellenantritt haben Sie diesen Rucksack an Erfahrungen nicht. Das ist das grosse Risiko, das wir auch öfters in unserer Energie-Modell-Gruppe diskutieren: Die Know-how-Träger müssen über die EnAW ihr Wissen bestmöglich verbreiten, damit auch KMU ohne viel Manpower energieeffizienter werden können.

Welche Rolle spielt der Gesetzgeber bei Ihren Einsparbemühungen?
Natürlich haben wir uns im Rahmen der individuellen Zielvereinbarung zuerst auf die CO2-Reduktion fokussiert, um von der Abgabebefreiung zu profitieren. Heute verfügen wir über Übererfüllungen, die wir an die Stiftung KliK verkaufen und in neue Projekte investieren werden. Der «Aussendruck» der Zielvereinbarung hat bei der internen Priorisierung von Projekten stark geholfen. Der Kanton Thurgau wiederum übernimmt eine Vorreiterrolle in der Schweiz. Wir konnten von Fördergeldern des Kantons für innovative Projekte profitieren, die sonst nur schwer zu stemmen wären.

Text: Energie-Agentur der Wirtschaft (EnAW)

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