.V.l.n.r. Jean-François Conil-Lacoste (EPEX), Pierre-Alain Graf (Swissgrid), Dr. Wolfram Vogel (EPEX), Carlo Schmid-Sutter (Elcom), Dr. Walter Steinmann (BFE), Dr. Jürgen Kroneberg (EPEX).

EPEX und Swissgrid: Koppelung des Schweizer Strommarktes

(©TR) Die nationale Netzgesellschaft Swissgrid und die europäische Strombörse EPEX SPOTerrichten gemeinsam eine Schweizer Strombörse. Aufgrund einer Kooperationsvereinbarung soll damit eine wichtige Voraussetzung für weitere Integrationsschritte der europäischen Grosshandelsmärkte für Elektrizität geschaffen werden.


«Mit Energie in die Zukunft»: Unter diesem Slogan und im Vorfeld des angedachten bilateralen Stromabkommens mit der EU wird in Bern am 1. April 2013 eine Zweigstelle der in Paris ansässigen EPEX SPOT eröffnet, weil unser Land sonst Gefahr laufe, vom europäischen Markt ausgeschlossen zu werden, wie der CVP-Politiker und Elcom-Präsident Carlo Schmid-Sutter die Journalistenfrage nach dem Warum beantwortete. Dank einer Präsenz in Bern werde es möglich, nötigenfalls jeweils aufsichtsmässig einzugreifen. Am 9. Januar luden Swissgrid und  EPEX SPOT zu einem Medienanlass ein.

Dabei sein ist wichtig
Auch für EPEX-Verwaltungsratspräsident Jürgen Kroneberg ist es für ein Land «schon ein Defizit», nicht vor Ort zu sein. Mit der Schaffung einer Schweizer Strombörse könne das noch herrschende  Manko nun behoben werden. Der European Power Exchange EPEX wird von den Verantwortlichen als eine einzige «europäische und internationale Erfolgsgeschichte» angepriesen, wovon die Schweiz nun auch profitieren möchte beziehungsweise profitieren muss. Denn: Dabei zu sein ist  umso wichtiger, als die Schweiz nicht abseits stehen darf, wenn Anfang 2015 ein europäischer Strom-Binnenmarkt zum Tragen kommen soll. Klar, dass auch Dr. Walter Steinmann vom Bundesamt für Energie BFE der Schaffung der Schweizer Strombörse mit grosser Zuversicht begegnet und von dessen Notwendigkeit überzeugt ist: «Ein willkommener Nebeneffekt: Von der entstehenden Preistransparenz dürfen wir uns auch tiefere Preise erhoffen.»


«Höhere Versorgungssicherheit dank Marktintegration»
Von der entstehenden Marktkoppelung verspricht man sich heute schon und nicht erst Anfang 2015 im Zuge eines europäischen Strom-Binnenmarktes Vorteile wie «eine optimale Auslastung, eine Reduzierung der Preisvolatilität, eine glättende Wirkung auf negative bzw. positive Preisspitzen und nicht zuletzt eine höhere Versorgungssicherheit dank Marktintegration». Man sei  zudem künftig nicht mehr abhängig von einzelnen Ländern, hiess es weiter. 25 Schweizer Handelsunternehmen beteiligen sich am Vorhaben.

Die Schweiz und Zentralwesteuropa
European Power Exchange EPEX und die Netzgesellschaft Swissgrid AG haben gemeinsam eine Studie erarbeitet, um die Auswirkungen einer Marktkoppelung der Schweiz mit Zentralwesteuropa zu ermitteln, wobei es sich bei der Erhebung allerdings bloss um eine «theoretische Annäherung» der Schweiz mit Deutschland, Frankreich und Benelux handelt. Dabei wurde «ein Zuwachs der sozialen Wohlfahrt für alle Märkte bei mehreren Millionen Euro pro Jahr» ausgemacht, aber auch eine Zunahme der Preiskonvergenz sowie Vorteile bei den technischen Aspekten. Besonders zwischen Frankreich und der Schweiz soll es gemäss der Studie zu namhaften Effizienzgewinnen kommen. Eine Marktkoppelung soll hohe finanzielle Einsparungen generieren, selber aber nur marginale Marktkoppelungskosten verursachen. In Bern werden dereinst bloss «eine Handvoll» Mitarbeitende arbeiten.

1 Tag vor Lieferung oder gar nur Stunden vor Lieferung 
EPEX SPOT betreibt für Deutschland, Österreich, Frankreich und die Schweiz Day-Ahead-Strommärkte (1 Tag vor Lieferung) und kontinuierliche Intraday-Strommärkte (Stunden vor Lieferung).  Day-Ahead-Auktionen funktionieren mittels «blinden», also anonym durchgeführten Auktionen ohne Preisindikation, was zu einer Optimierung der Liquidität beitragen soll. Intraday-Strommärkte wiederum sollen für «eine kontinuierliche Preisbildung im Sinne eines Flexibilitätswerkzeugs sorgen und den Handel nahe am Lieferzeitpunkt sicherstellen». Beide Märkte ergänzten sich, hiess es zur Frage nach der «Rolle der Börse im zeitlichen Ablauf des Marktes» anlässlich  der ausserordentlich gut besuchten Medienorientierung; zugegen waren vor allem Journalisten aus dem Finanzbereich. Eine Botschaft wurde ihnen dabei beliebt gemacht: «Ermittelt werden auf transparente, regelmässige, sichere und diskriminierungsfreie Art  Marktpreise, die als Referenz genutzt werden können».

Der Intraday-Markt läuft bereits
Schon Ende Juni 2013 wurde mit dem kurzfristigen Schweizer Intraday-Markt gestartet. Seither wurden 477 GWh gehandelt, was einem Tagesmittel von ca 2‘650 MWh entspricht. 35 der 40 angemeldeten Handelsteilnehmer waren während dem ersten Halbjahr aktiv. 56% des Volumens wurden auf Verkaufsseite gehandelt und 91 % des Handels fand grenzüberschreitend statt. Zudem entfielen seit Juni 2013 91% des Handels auf Schweizer Marktteilnehmer. 4% des Volumens entfielen auf 15-Minuten-Produkte, was zeigt, wie rasch hier agiert und reagiert wird. Die aktivste Handelszeit ist morgens zwischen 9 und 10 Uhr.

Kurzfristiger Stromhandel in Frankreich und im deutschsprachigen Raum
EPEX SPOT SE ist eine 2008 gegründete europäische Gesellschaft mit Sitz in Paris mit Zweigstellen in Leipzig, Wien und nun eben bald auch in Bern. Derzeit zählt EPEX total 65 Mitarbeitende. Angeschlossen sind EPEX bis heute 214 Börsenmitglieder. Gehandelt werden Kontrakte in Megawattstunden-Einheiten. 2013 betrug das Handelsvolumen 346 TWh, so Jean-François Conil-Lacoste, Vorstandsvorsitzender EPEX SPOT SE. Den Energiehandel bezeichnen die Verantwortlichen nebst der Stromerzeugung und dem Stromverbrauch als «dritten Pfeiler»  der Wertschöpfungskette. Die Strombörse versammelt Kauf- und Verkaufsgebote zwischen Energiehandelsunternehmen wie Produzenten, Versorgern, Banken, Übertragungsnetzbetreibern und grossen Industriekunden.

©Text: Toni Rütti, Redaktor ee-news.ch

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