Weithin sichtbarer auf dem Dach des Kinderhauses installierter Solarkamin. Bild: Fraunhofer IBP

Erstes Plusenergie-Kinderhaus in Höhenkirchen-Siegertsbrunn. Bild: Fraunhofer IBP

Frauenhofer IBP: Plusenergie-Kinderhaus eröffnet

(IBP) Nicht nur für Kinder und ihre Erziehende ist der 13. September 2013 in Höhenkirchen-Siegertsbrunn ein besonderer Tag, auch die beteiligten Architekten, Fachplaner und nicht zuletzt die Wissenschaftler des Fraunhofer-Instituts für Bauphysik IBP feiern mit der Einweihung des Plusenergie-Kinderhauses »Arche Noah« die erfolgreiche Umsetzung eines energetischen Vorzeigeprojekts. Eine konsequente integrale Planung sorgte für Synergieeffekte, so dass die hoch gesetzten Ziele für einen bezahlbaren Plusenergie-Kindergarten realisiert werden konnten, der mehr Strom produziert, als er für den Betrieb benötigt und diesen Überschuss ins Netz einspeisen kann.


Bereits vor dem ersten Architektenentwurf nutzte die Gemeinde die Expertise des Fraunhofer IBP, indem Wissenschaftler eine Machbarkeitsstudie mit Vorgaben ausarbeiteten, die anschliessend ein Planungsteam umsetzte. Im Jahr 2011 erhielt dieses Konzept bereits eine erste Auszeichnung im Rahmen der Preisvergabe des renommierten Wettbewerbs »Architektur mit Energie« des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie (BMWi) und wurde als Modellvorhaben im Förderkonzept Energieoptimiertes Bauen (EnOB) aufgenommen. Die Bundesregierung verfolgt mit der Förderung das Ziel, neue Strategien und Technologien aus der Forschung noch konsequenter mit zukunftsfähiger Architektur in Beziehung zu setzen.

Planung durch Kompetenzteam
Von Anfang an lag die fachübergreifende und integrale Planung in den Händen eines Kompetenzteams, das sich im Wesentlichen aus Wissenschaftlern des Fraunhofer IBP, Architekten und Fachplanern zusammensetzte, um die erarbeiteten Vorgaben konsequent in bauliche Praxis umzusetzen. »Das Projekt verdeutlicht anschaulich, was sich durch eine engagierte Zusammenarbeit von Forschung und Anwendung interdisziplinär erreichen lässt«, hebt Hans Erhorn hervor, in dessen Abteilung am Fraunhofer-Institut für Bauphysik IBP seit nunmehr 30 Jahren Konzepte für zukunftsorientierte Gebäude entwickelt und in der Umsetzung begleitet werden. Das Vorhaben ist ein wichtiger Baustein der Aktivitäten des Fraunhofer IBP, um die Praxis auf dem herausfordernden Weg der Energiewende zu unterstützen.


Minimierung des Energiebedarfs
Das von den Wissenschaftlern des Fraunhofer IBP entwickelte energetische Konzept basiert auf einer systematischen Minimierung des Energiebedarfs u. a. durch bauliche Massnahmen, der effizienten Erzeugung des verbleibenden Bedarfs sowie weiterer Überschüsse aus regenerativen Energieträgern. Voraussetzung hierzu ist eine hochgedämmte, nahezu wärmebrückenfreie und luftdichte Gebäudehülle. Ein hybrides Lüftungssystem mit bedarfsgeführter Lüftung und hocheffizienter Wärmerückgewinnung senkt den Energiebedarf für Heizung und Lüftung auf ein Minimum ab. Luftvorerwärmung durch den Grundwasserbrunnen, ein innovativer Solarkamin und PCM-Module zur Reduzierung der sommerlichen Belastung, sowie Lüftungsampeln zur Unterstützung eines energieeffizienten Nutzerverhaltens sind zusätzliche Komponenten für einen möglichst geringen Energiebedarf. Intelligente Steuer- und Regelungstechniken, nicht nur innerhalb des optimierten Beleuchtungssystems, führen zu weiteren Einsparungen. Um ein Höchstmass an Energieeffizienz zu erreichen, sind die thermische Solaranlage und die beiden Grundwasser-Wärmepumpen optimal aufeinander abgestimmt und mit einem Speicherregime versehen. Die Photovoltaikanlage auf Dach und Dachterrasse wurde in der Weise dimensioniert, dass innerhalb eines Jahres mehr Strom erzeugt wird, als für den Gebäudebetrieb und alle weiteren Geräte im Kinderhaus verbraucht wird.

Leuchtturm ist Herausforderung für Architekten
»Um die angestrebten Ziele eines flexibel nutzbaren, ansprechenden Plusenergie-Kinderhauses mit hohem Komfort erreichen zu können, war es unabdingbar, bereits im Gebäudeentwurf sämtliche energetischen Potentiale aufzuzeigen, wobei gleichzeitig die speziellen Anforderungen an unterschiedliche kindgerechte Aufenthaltsbereiche erfüllt werden mussten«, erläutert Anna Hoier, wissenschaftliche Mitarbeiterin am Fraunhofer IBP, die dieses Projekt massgeblich in den letzten zwei Jahren begleitete. »Das längliche, nord-süd-orientierte Grundstück stellte hierbei eine besondere Herausforderung für die Architekten dar. Es gelang jedoch, die kritischen Aspekte Südorientierung und Kompaktheit im entwickelten Gebäudeentwurf umzusetzen«, so Hoier. Der kompakte Baukörper in der Mitte des Grundstücks weist eine vergrösserte Südfassade auf, die durch eine vorgelagerte tiefergelegte Terrasse entsteht. Auf diese Weise wird zugleich ein weiterer, in sich abgeschlossener Aussenbereich geschaffen, so dass das störungsfreie Miteinander verschiedener Altersgruppen möglich wird. Das neue Kinderhaus bietet somit ausreichenden Platz für alle Bedarfsgruppen.

Lernort »Arche Noah«
Das Plusenergie-Kinderhaus »Arche Noah« ist allerdings nicht nur ein Projekt, sondern versteht sich auch als Lernort, der das Verständnis und die Sensibilität der Kinder für die Thematik Energieeffizienz im Alltag wecken soll. Weithin sichtbare Komponenten, die zur Energieeffizienz des Vorzeigeprojektes beitragen, sollen die Aufmerksamkeit aller Altersstufen und Bevölkerungsschichten erregen. So versprechen ein auf dem Dach installierter Solarkamin, oder Nachtlüftungsgitter vor den Fenstern, die eine passive Nachtkühlung ermöglichen, eine Signalwirkung für die Energiewende über die Gemeindegrenzen hinaus. Ob die erhoffte breitenwirksame Signalwirkung tatsächlich eintritt, die durch das Leben im Plusenergie-Kinderhaus gefördert werden soll, bleibt abzuwarten. Das bestehende Interesse, das gezeigte Engagement und die bis heute erhaltene, höchst positive Resonanz aus der Gemeinde sind jedoch vielversprechend. Am 4. Oktober 2013 sind alle Bürger zu einem Tag der offenen Tür in das Kinderhaus »Arche Noah« eingeladen.

Text: Fraunhofer-Institut für Bauphysik IBP

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