In den letzten Wochen wurde über tausendfache Grenzwertüberschreitungen für radioaktive Stoffe durch die havarierten Reaktoren in Fukushima berichtetet. Doch die WHO spielt die Gesundheitsrisiken herunter.

Fukushima: Weitere Explosionen befürchtet

(ee-news.ch) Seit über 12 Stunden läuft die Einleitung von Stickstoff in den Reaktor 1. Bis jetzt wurden keine erhöhten Strahlungswerte ausserhalb des AKW festgestellt. Es besteht das Risiko, dass der Stickstoff radioaktiven Wasserdampf ausserhalb des Containment verdrängt. Der Nordosten Japan ist von einem neuen Beben mit Stärke 7.4 heimgesucht worden.


Gemäss SR DRS solle mit dem reaktionsträgen Gas verhindert werden, dass es in den zerstörten Reaktorgebäuden erneut zu Wasserstoff-Explosionen wie kurz nach der Havarie komme. Die Arbeiten sollen auch in den kommenden Tagen fortgesetzt werden, wie die Betreibergesellschaft Tepco mitteilte. Noch sei die Gefahr neuer Explosionen in Fukushima I nicht gebannt, berichtet SR DRS weiter. Die Brennstäbe im Reaktorblock 1 hätten zeitweise aus dem Kühlwasser geragt und sich gefährlich erhitzt. Dadurch könne sich das Wasser in Wasserstoff und Sauerstoff getrennt haben. In diesem Fall würde das Risiko einer Knallgasexplosion bestehen.

Unerwartete chemische Reaktionen
Mit Stickstoff lässt sich das gefährliche Gemisch verdünnen. Stickstoff ist reaktionsträge, so dass unerwartete chemische Reaktionen praktisch ausgeschlossen sind. Neben Block 1 wird daher bald auch in den Reaktorblöcken 2 und 3 Stickstoff eingefüllt.

Überhitzte Abklingbecken
Gemäss SR DRS sind sei das Problem in den Abklingbecken weiter nicht gelöst. In Fukushima lägen die Becken nach den Explosionen offen, und weil die Kühlung ausgefallen sei, sei auch das Kühlwasser verdampft. Um sie zu kühlen, würden die Becken nun seit Tagen mit Wasser geflutet. Da dieses verseuchte Wasser überlaufen könne, müss das automatische Kühlsystem wieder in Gang gebracht werden. Die Arbeiter könnten diese Maschinen jedoch wegen der extremen Verstrahlung nicht erreichen. Nun soll mit Hilfe eines kleinen unbemannten Flugzeugs vom Typ T-Hawk die Strahlenkonzentration an den Abklingbecken ohne Gefahr gemessen werden. (pet, dpa)

Reaktor 2 Wasserstand steigt

Gemäss Greenpeace Schweiz kann im Reaktor 2 kann das kontaminierte Wasser noch zurückgehalten werden. Der Wasserstand steigt jedoch kontinuierlich an und könnte überlaufen. Der ehemalige Gouverneur von Fukushima bemängle die engen Beziehungen zwischen Tepco und die Aufsichtsbehörden. Verschiedene Mängel bei den Atomanlagen seien in den letzten Jahren vertuscht worden.

Ausserhalb der 30-Kilometer-Zone sicher für Landwirtschaft?
Mit Ausnahme von 7 Gebieten erklären gemäss Greenpeace die Behörden die Zone ausserhalb eines 30-Kilometer-Radius als sicher für die Landwirtschaft. Diese "sichere" Zone sei zum Teil mit Werten von 150-450kBq/m2 kontaminiert. Nach Tschernobyl wurden Gebiete mit über 550 kBq/m2 als nicht geeignet für die Landwirtschaft erklärt.

Grenzwerte für Evakuierungen angepasst
Gemäss SR DRS und Greenpeace Schweiz hat die Regierung die Grenzwerte für Evakuierungen angepasst. Die Kommission für nukleare Sicherheit empfiehlt einen Wert von 20 Millisievert im Jahr (oder rund 2.3 Mikrosievert pro Stunde). Bei Beginn der Katastrophe sei ad hoc 50 Millisievert festgelegt worden. Nicht klar sei, ob bei diesen Werten die Exposition durch Lebensmittel und Wasser mitgerechnet werde oder ob es nur die externe Strahlung sei, bemängelt Greenpeace. In beiden Fällen bedeute es jedoch, dass Zonen ausserhalb der 30-Kilometer-Zone evakuiert werden müssten.

Grenzwerte für Fisch angehoben
Gemäss Greenpeace Schweiz habe die Regierung in aller Eile zudem Grenzwerte für die Kontamination von Fisch verabschiedet. Der Grenzwert liege nun bei 2000 Bq / kg. Das sei 2 Mal höher als die internationalen Standards für Cäsium und 20 Mal höher für Iod. Die Fischer von Ibaraki, südlich von Fukushima, seien gestern mehrheitlich im Hafen geblieben. Die Käufer lehnten deren Fisch ab - auch ohne Kontaminationsmessungen.

WHO spielt Gefährdung Verstrahlung herunter
Anlässlich des heutigen Weltgesundheitstages fordert Greenpeace die UN-Weltgesundheitsorganisation (WHO) auf, zuverlässige Informationen über die gesundheitlichen Auswirkungen der Reaktorkatastrophe von Fukushima vorzulegen und den Maulkorberlass der Internationalen Atomenergiebehörde abzustreifen.

In den letzten Wochen wurde über tausendfache Grenzwertüberschreitungen für radioaktive Stoffe durch die havarierten Reaktoren in Fukushima berichtetet. Doch das für den Westpazifik zuständige Büro der UN-Weltgesundheitsorganisation (WHO) spielt die Gesundheitsrisiken herunter. In der Zusammenfassung zu ihrem letzten Situationsbericht vom 6. April teilte die WHO beispielsweise mit, die im Seewasser am 3. April gezogenen Proben lägen unter den zulässigen Grenzwerten für Jod-131, während Medien am selben Tag berichteten, dass im Meer eine Strahlendosis gemessen worden sei, die den Grenzwert um das 4000-Fache übertrifft.

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Weiter Meldungen von Greenpeace Deutschland

  • 16:56 Uhr: Der Nordosten Japans ist erneut von einem schweren Erdbeben heimgesucht worden. Das Beben hatte die Stärke 7,4 auf der Richterskala. Es ging eine Tsunami-Warnung hinaus.
  • 14:56 Uhr: Im Europaparlament herrscht Uneinigkeit darüber, wie mit den Folgen des Atomunfalls von Japan umzugehen ist. Mit knapper Mehrheit wurde laut ftd.de eine fraktionsübergreifende Entschliessung mit Forderungen nach Stilllegung gefährlicher Anlagen und nach einem Moratorium für den Bau neuer Anlagen abgelehnt.
  • Auch sind in Strassburg einzelne Entschliessungen von Christdemokraten, Sozialdemokraten, Liberalen, Konservativen und den Grünen wurden zurückgewiesen worden. (ftd.de)
  • 14:39 Uhr: Wie n-tv berichtet, sind in Südkorea aus Angst vor radioaktivem Niederschlag einige Schulen geschlossen worden. Auch haben die Behörden vor Aufenthalten im Freien gewarnt. (n-tv.de)
  • 12:49 Uhr: Im Meer vor Fukushima ist die Strahlenbelastung auch nach Abdichten des Lecks weiter hoch. Der staatliche Nachrichtensender NHK meldete am Donnerstag, die Messwerte vom Mittwoch hätten eine um das 140 000-fach erhöhte Belastung mit dem radioaktiven Jod-131 ergeben. Tepco zufolge sei die Strahlung mit 5600 Becquerel pro Kubikzentimeter aber nur noch halb so hoch wie am Dienstag. (dpa)
  • 11:48 Uhr: Kyodo berichtet, dass die japanische Regierung darüber nachdenkt, den Evakuierten rund um die Atomanlage Fukushima eine kurzzeitige Rückkehr in ihre Häuser zu erlauben. Dabei solle den Menschen die Möglichkeit gegeben werden, Bedarfsgegenstände und Wertsachen zu holen. Derzeit überlege man, wie bei einem solchen Besuch die Sicherheit der Menschen gewährleistet werden könne, so Regierungssprecher Edano. (Kyodo)

Text: ee-news.ch, Quellen: SR DRS, Greenpeace Schweiz und Deutschland

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