Glas-Glas-Modul: Solarworld hüllt seine Solarzellen in zwei Glasscheiben. Dadurch sind die empfindlichen Lichtsammler besser geschützt und halten länger. ©Bild: Solarworld

Aufwendige Produktion: Die Herstellung von Solarglas ist energieintensiv und relativ teuer. Die Unternehmen nutzen deshalb jede Stellschraube für Kostensenkungen. ©Bild: F-Solar

Schlüsselkomponente: Solarglas schützt die blau schimmernden Solarzellen nicht nur vor schädlichen Einflüssen, es hilft auch, möglichst viel Sonnenlicht einzufangen. ©Bild: Solarworld

Fertig für die Auslieferung: Die ostdeutsche Firma F-Solar beliefert mit seinem Floatglas vor allem Modulhersteller in Europa. ©Bild: F-Solar

glasstec 2014: Kostensenkungen in der Photovoltaik – Glasinnovationen im Fokus

(PM) Obwohl die Kosten für Solarstrom zuletzt stark gesunken sind, kann die Photovoltaik noch nicht mit konventionellen Energieträgern konkurrieren. Das letzte Stück zur Wettbewerbsfähigkeit wird für die Branche schwierig: Die Zellen- und Modulproduktionen wurden bereits erheblich rationalisiert. Die Unternehmen müssen sich deshalb stärker auf Innovationen bei den Rohstoffen und Komponenten konzentrieren.


Die Analysten sind sich einig: Nach zwei Jahren Konsolidierung gewinnt der globale Photovoltaik-Markt wieder an Fahrt. Das US-Marktforschungsunternehmen NPD Solarbuzz rechnet dieses Jahr mit einer weltweiten Photovoltaik-Nachfrage von 45 bis 55 Gigawatt, nach 37 Gigawatt 2013. Starkes Wachstum erwarten die Experten vor allem in Asien sowie Nord- und Südamerika. Damit erscheinen neben den etablierten Märkten in Europa bald neue Regionen auf der Photovoltaik-Landkarte.

Solarstrom-Einspeisetarife
Getrieben werden die Märkte von Solarstrom-Einspeisetarifen, die sich am deutschen Modell des Erneuerbare-Energien-Gesetzes orientieren. Rund 60 Länder haben diese Art der Förderung mittlerweile eingeführt. Gleichzeitig werden Solaranlagen immer günstiger. Der Preis für eine durchschnittliche schlüsselfertige Anlage mit kristallinen Modulen aus Deutschland fiel laut dem Handelsportal pvXchange in den vergangenen zwei Jahren um ein Viertel auf rund 1500 Euro pro Kilowatt.

Zurückzuführen ist der Preisverfall auf den harten Wettbewerb in der Photovoltaik-Industrie. Besonders in China sind Solarfabriken mit Hilfe staatlicher Subventionen in den vergangenen Jahren wie Pilze aus dem Boden geschossen. „In China ist es ein Staatsziel: Die chinesischen Hersteller sollen den zukunftsträchtigen Photovoltaik-Weltmarkt um jeden Preis dominieren“, erklärt der Unternehmensberater und Chinaexperte Frank Haugwitz. Das Überangebot an Solarmodulen zwingt die Hersteller zu drastischen Preisnachlässen.

Noch nicht wettbewerbsfähig
Der europäischen Solarindustrie geht der Preiskampf mittlerweile an die Substanz. Nach aktuellen Daten des deutschen Statistischen Bundesamts ist bei den deutschen Modulherstellern seit 2012 mehr als die Hälfte von 10.200 Stellen weggefallen. Erstmals seit knapp vier Jahren sank die Beschäftigung unter die Marke von 5.000. Andererseits ist die Photovoltaik dank des Preisrutschs nun nicht mehr weit von den Stromgestehungskosten konventioneller Kraftwerke entfernt, in einigen sonnenreichen Regionen ist Solarstrom sogar bereits wettbewerbsfähig. Im Südwesten der USA erzeugen grosse Solarkraftwerke die Kilowattstunde mittlerweile für 0,08 Cent – fast so günstig wie Gas- und Kohlekraftwerke.

Grosse Anstrengungen verlangt
Weitere Kostensenkungen verlangen von der Solarindustrie jedoch grosse Anstrengungen. „In der Zellen- und Modulproduktion sind nicht mehr so dramatische Kostenersparnisse zu erwarten wie in den letzten beiden Jahren“, sagt Florian Wessendorf, Geschäftsführer des Fachverbands Photovoltaik-Produktionsmittel im deutschen Maschinenbauverband VDMA. Technologische Innovationen seien hier bereits weitreichend umgesetzt worden.

Balance-of-System-Kosten
Dennoch bleiben der Industrie weitere Möglichkeiten, um Kosten zu senken. Ein Ansatzpunkt bieten zum Beispiel die so genannten Balance-of-System-Kosten. Sie bezeichnen in der Photovoltaik alle Kosten für Komponenten und Dienstleistungen, die nötig sind, um eine Solaranlage am jeweiligen Standort funktionsfähig zu errichten – mit Ausnahme der Modulkosten. Dazu gehören beispielsweise die Kosten für Wechselrichter, die Unterkonstruktion, die Verkabelung oder den Netzanschluss. Derzeit machen diese Positionen rund ein Drittel der Gesamtkosten eines Solarprojekts aus.

Kostenschraube Glas
Auch auf den vorgelagerten Wertschöpfungsstufen wie der Glasproduktion sind noch Effizienzgewinne möglich. Nach Informationen von Heiko Hessenkämper, Professor für Glas- und Emailtechnik an der Technischen Universität (TU) Freiberg, schlagen die Kosten für Deck- und Trägergläser pro Kilowatt Modulleistung aktuell mit rund 80 Euro zu Buche. Bei derzeitigen Modulpreisen von durchschnittlich 600 bis 800 Euro pro Kilowatt, liegt der Preisanteil des Glases also mindestens bei zehn Prozent. Hessenkämper glaubt, dass sich dieser Anteil durch relativ einfache Massnahmen um zwei Drittel auf etwa 30 Euro pro Kilowatt senken lässt.

Energie- und kostenintensiv
„Es gibt Materialien, die einfach aus der Gasphase auf das Glas abgeschieden werden können. Sie erhöhen die Festigkeit des Glases und reduzieren Lichtreflexionen“, erklärt Hessenkämper. Dank dieser einfachen Methode der Oberflächenmodifikation, die keine Prozessveränderungen bei der Glasproduktion erfordere, könne auf das bisher gängige thermische Vorspannen zur Glasverfestigung verzichtet werden. Durch dieses Härten erhält die Glasscheibe die Eigenschaft eines elastischen, widerstandsfähigen Körpers, der die empfindlichen Solarzellen viele Jahre vor Witterungseinflüssen schützt. Der Vorgang ist jedoch energie- und kostenintensiv: Die Scheiben werden zunächst auf mehr als 600 Grad Celsius erhitzt und anschliessend von den Oberflächen her rasch abgekühlt, um es in einen Eigenspannungszustand zu versetzen.

Intelligente Solargläser
Während die Gasphasenabscheidung nach Angaben von Hessenkämper bereits kommerziell einsetzbar ist und derzeit vor allem von asiatischen Glasproduzenten erprobt wird, steckt der Ansatz der Friedrich-Alexander-Universität Nürnberg-Erlangen (FAU) und ihrer Projektpartner noch im Forschungsstadium. Die Wissenschaftler arbeiten an intelligenten Solargläsern, die das Sonnenlicht mithilfe von Leuchtstoffen an die spektrale Empfindlichkeit von Solarzellen anpassen. Auf diese Weise soll die Stromausbeute der Zellen verbessert und somit die Stromgestehungskosten gesenkt werden.

Intelligente Solargläser
Seit Jahren ist den Wissenschaftlern ein Lösungsansatz bekannt, wie der Spektralbereich von Solarzellen erweitert werden kann: Durch so genanntes „Lumineszenz Down Shifting“ können Teile des Sonnenlichts, die die Solarzellen kaum nutzen können, in Wellenlängenbereiche umgewandelt werden, in denen sie sehr effizient arbeiten. Das Vorhaben der FAU zielt konkret darauf ab, hochenergetisches ultraviolettes und blaues Licht mit einer hauchdünnen Leuchtstoffschicht in niedrig energetisches Grün- und Rotlicht zu konvertieren. Dafür ist es nach Angaben von FAU-Projektleiter Miroslaw Batentschuk nicht erforderlich, die etablierten Technologien der Herstellung des Solarglases grundsätzlich zu ändern, sondern nur in Teilen der Beschichtung zu modifizieren. Die ersten Projektergebnisse sind viel versprechend: „Bei einer Dünnschichtsolarzelle auf Basis von Kupfer, Indium, Gallium und Selen haben wir eine Verbesserung der Effizienz um bis zu fünf Prozent erreicht“, erklärt Batentschuk.

Naheliegende Neuerungen
Bis neuartige Technologien wie die intelligenten Solargläser kommerziell eingesetzt werden können, setzt die Industrie naheliegende Neuerungen um. So bietet der deutsche Solarglashersteller F-Solar, ein Joint Venture von Interpane und der niederländischen Firma Scheuten, seit dem vergangenen Jahr Floatglas an, das mit zwei Millimetern Stärke fast halb so dünn ist wie herkömmliches Solarglas. „Durch den geringeren Materialeinsatz sinkt der Preis. Ausserdem können Modulhersteller mit den dünneren Scheiben neue Produkte wie Glas-Glas-Module produzieren“, sagt F-Solar-Geschäftsführer Thomas Keyser. Bei dieser Art von Modulen ersetzt eine Glasscheibe die sonst übliche Rückseitenfolie. Sie schützt die eingebetteten Solarzellen besser gegen Druck- und Zugkräfte und macht sie weniger anfällig für Zellbrüche. Ausserdem kann nicht mehr so leicht Feuchtigkeit in das Modul eindringen und die empfindlichen Zellen schädigen – die Lebensdauer des Moduls steigt, es produziert mehr Strom, die Kosten pro Kilowattstunde sinken.

Hersteller setzen auf Glas-Glas-Module
Der Solarhersteller Solarworld etwa bietet seit 2013 Glas-Glas-Module unter dem Namen „Sunmodule Protect“ an. Sie seien trotz der zusätzlichen Glasscheibe bei gleichen Abmessungen genau so leicht wie gängige Glas-Folien-Module, alterten aber deutlich langsamer, heisst es bei Solarworld. 30 statt 25 Jahre sollen die Module arbeiten und dabei weniger als 0.35 Prozent pro Jahr an Leistung verlieren. Gewöhnlich rechnen die Hersteller heute mit einer jährlichen Degradation von 0.7 Prozent. Solarworld erwägt, seine neuen Glas-Glas-Module technisch weiter aufzuwerten. Derzeit bestehen sie noch aus herkömmlichen Solarzellen aus multikristallinem Silizium. Künftig könnten darin hocheffiziente PERC-Zellen (Passivated Emitter Rear Cell) mit Wirkungsgraden von mehr als 20 Prozent eingesetzt werden, die Solarworld ebenfalls neu entwickelt hat. Um die hohe Effizienz zu erreichen, erhalten die Rückseiten der Zellen zusätzliche Beschichtungen, die elektrische und optische Verluste reduzieren.

Nanoporöse Strukturen aus Siliziumoxid
Einen anderen Ansatz, um die Effizienz von Solarmodulen zu erhöhen, bieten so genannte Antireflexschichten auf den Frontgläsern. Dabei handelt es sich meistens um einschichtige, nanoporöse Strukturen aus Siliziumoxid. Sie reduzieren die Reflexion des einfallenden Lichts und erhöhen die Lichtdurchlässigkeit des Glases. Da mehr Licht auf die Solarzellen fällt, wird durch diese zusätzliche Energie die Gesamteffizienz der Module um zwei bis drei Prozent erhöht.

Effizientes Beschichtungsverfahren
Der süddeutsche Maschinenbauer Bürkle zum Beispiel bietet Solarglaslieferanten nach eigenen Angaben ein besonders effizientes Beschichtungsverfahren an. Bürkles Walzenauftragsmaschine „e.a.sy-Coater“ könne im Gegensatz zur oft eingesetzten Sprühbeschichtung besonders homogene Fluidfilme mit nur fünf bis 15 Mikrometern Dicke auf die Gläser auftragen. Das Verfahren sei ideal, um Materialverluste zu vermeiden und eine definierte Schichtdicke zu erzielen, erklärt Bürkle-Produktmanager Oliver Meisriemel. „Schichtdickenunterschiede sind durch Farbabweichungen leicht zu erkennen. Mit unserer Walzenauftragsmaschine erzielt man eine technisch und optisch perfekte Oberfläche."

Text: glasstec 2014

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1 Kommentare

Hans Hauri, Baden (Schweiz)

Auf der High-Tech-Seite Prozent um Prozent an Effizienzsteigerung und finanziellen Einsparungen zu erkämpfen, ist nötig.
Sinnvoll wäre auch: Mehr PV-Anlagen in Bergdörfern, wo die Strahlung intensiver ist und im Winter weniger durch (Hoch-)Nebel vermindert wird. Damit der vereisende Schnee besser abgleitet, braucht es u.a. Module, deren umlaufenden Profile an der Unterkante nicht über die Oberfläche hinausgreifen, also den Schnee weder bremsen noch gar zurückhalten.

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