In Dänemark werden anderem dank einer relativ hohen Besteuerung fossiler Brennstoffe, die meist genossenschaftlich organisierte Solarwärmenetze ohne weitere Förderungen realisiert. ©Bild: Guido Bröer

180 internationale Experten aus 20 Ländern - auch das ist Rekord - haben sich zur 4. International Solar District Heating Conference getroffen, um von den Erfahrungen des Vorreiterlandes zu profitieren. ©Bild: Guido Bröer

Dänemark: 1 Million Quadratmeter Solarkollektoren für Fernwärme

(©GB) Pünktlich zur 4. internationalen Konferenz für solare Wärmenetze im dänischen Billund brach das Gastgeberland eine magische Grenze: Mehr als eine Million Quadratmeter Solarkollektoren sind jetzt dort installiert. Genau 1‘003‘024 m2 zählte der Dänische Fernwärmeverband zu Beginn der Konferenz am Mittwoch, dem 21. September, in insgesamt 85 solarunterstützten Fernwärmenetzen.


180 internationale Experten aus 20 Ländern - auch das ist Rekord - haben sich zur 4. International Solar District Heating Conference getroffen, um von den Erfahrungen des Vorreiterlandes zu profitieren. Beeindruckt waren sie nicht nur von hochkarätigen Vorträgen und Exkursionen zu einigen der weltgrössten Solarkollektorfelder. In Miniatur konnten sie eine solche Anlage auch im Legoland Billund bewundern, in dessen Hotel die Konferenz tagte. Dort ist aus Legosteinen die Solarkollektoranlage des Ortes Braedstrup nachgebildet, mit der vor rund zehn Jahren der bislang weltweit einzigartige Boom der dänischen XXL-Solarwärme begann.

Wärmepreise von 3 bis 5 Cent pro Kilowattstunde
Solarthermie im grossen Massstab kann es heute im Wettbewerb mit allen Formen fossiler Wärmeerzeugung aufnehmen. Die Branche erreicht Wärmepreise von 3 bis 5 Cent pro Kilowattstunde, sofern die Anlagen nur gross genug sind. Und diese werden immer grösser: In Silkeborg in Mitteljütland wächst derzeit eine neue Rekordanlage mit 156‘000 Quadratmetern und einer Spitzenleistung von 110 Megawatt täglich um mehrere tausend Quadratmeter. Der Weltmarktführer Dänemark ist dabei längst nicht mehr das einzige Land, in dem Solarthermieanlagen in solchen Dimensionen entstehen. Im österreichischen Graz laufen beispielsweise Planungen für eine Anlage noch beeindruckenderen Ausmasses: 450‘000 Quadratmeter Kollektorfläche sollen das Fernwärmenetz der zweitgrössten Stadt der Alpenrepublik zu 20 Prozent mit Energie von der Sonne versorgen.

Europaweit ein Thema
Europaweit ist inzwischen auch die Politik auf Wärmenetze mit erneuerbaren Energien aufmerksam geworden. "Fernwärme und –kälte sind jetzt ein grosses Thema in Brüssel um Erneuerbaren und Effizienztechnologien Vorschub zu leisten", sagte Paul Voss, Geschäftsführer des europäischen Branchenverbandes Euroheat & Power. Im Gegensatz zu manchen früheren Papieren der EU spielten diese in der jüngst beschlossenen Heating-and-Cooling-Strategie bis zum Jahr 2030 eine massgebliche Rolle, berichtete er. Dies spiegele sich auch in den jüngsten Budgetplanungen für EU-Förderprogramme.

Solarnutzung für Fern- und Nahwärmenetze zu wenig bekannt
Für die Organisatoren der 4. Solar District Heating Conference, den Dänischen Fernwärmeverband, das Ingenieurbüro PlanEnergi und das deutsche Steinbeis Forschungsinstitut Solites ist die Wirtschaftlichkeit denn auch aktuell nicht der wesentliche Grund, warum die Verbreitung der erneuerbaren Wärmenetze in Europa und der Welt noch so ungleichmässig ist. National gebe es viele gut ausgestattete Förderprogramme, so etwa in Deutschland, Italien, Frankreich und Österreich, berichtet Thomas Pauschinger von Solites. Ausserhalb Dänemarks sei die Möglichkeit der Solarnutzung für Fern- und Nahwärmenetze aber einfach noch zu wenig bekannt. Ein Problem seien auch administrative Hürden, etwa bei der Findung und Genehmigung geeigneter Standorte für grosse Kollektorfelder. Pauschinger: "Auf lokaler Ebene gibt es drei wesentliche Probleme, die heissen: Flächen, Flächen und Flächen."

Meist auf landwirtschaftlich genutzten Arealen
Nicht so in Dänemark, wo die Kollektorfelder meist auf landwirtschaftlich genutzten Arealen am Stadtrand entstehen. Dort werden unter anderem dank einer relativ hohen Besteuerung fossiler Brennstoffe, die meist genossenschaftlich organisierte Solarwärmenetze ohne weitere Förderungen realisiert. Der Wärmekundenpreis in der Kommune Jelling sei - wie in vielen anderen Orten Dänemarks - aufgrund der Installation von 15‘000 Quadratmetern Solarkollektoren jetzt sogar gesenkt worden, wusste der dortige Betriebsleiter zu berichten. Jelling war ebenso wie das jüngst auf 44‘800 Quadratmeter erweiterte Solarwärmenetz der Stadt Gram Ziel einer Fachexkursion im Rahmen des internationalen Kongresses. Gram ist aktuell das Wärmenetz mit dem höchsten Solaranteil. Mehr als 50 Prozent des Jahreswärmebedarfs soll dort von der Sonne gedeckt werden. Möglich macht dies ein Erdbecken-Wärmespeicher in dem 122‘000 Kubikmeter Wasser im Laufe des Sommerhalbjahres auf bis zu 90 Grad Celsius aufgeheizt werden.

Noch stärker als für solche immer neuen Rekorde interessierten sich die nach Billund gereisten Experten allerdings für technische Details und Erfahrungen der Kollegen aus anderen Ländern, Forschungseinrichtungen und Unternehmen, die in diesem Kreis sehr offen diskutiert werden. Dabei gehe es vor allem um Langlebigkeit, Energieeffizienz sowie um den verlässlichen Betrieb solcher Anlagen, sagt Pauschinger: "Diese Details sind letztlich die entscheidenden Faktoren für weiter sinkende Kosten der solaren Energieernte."

Die nächste Gelegenheit zu einem derart breiten und intensiven Austausch wird es 2018 bei der Folgekonferenz in Österreich geben.

©Text: Guido Bröer

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