Solarstrom wird im Neubau in Kombination mit einer Wärmepumpe immer interessanter. Für den Altbau mit hohen Vorlauftemperaturen bleibt Solarthermie aber die beste Lösung. ©Bild: Deutscher Bundesverband Wärmepumpe e.V.

Photovoltaik: Sommerpause für Ölkessel

(©SR) Mit fallenden Öl- und Gaspreisen verlieren Heizungssysteme auf Basis erneuerbarer Energien an Reiz. Photovoltaisch unterstützte Heizungen könnten den Abwärtstrend bremsen, denn Solarstrom wird immer günstiger. Damit wird es wirtschaftlich interessant, mit Überschussstrom aus Photovoltaikanlagen zu heizen.


Der Ölmarkt steht Kopf. Während die USA mit ihrem Fracking-Boom für ein weltweites Überangebot an Öl sorgen, sinkt aufgrund der schwachen Konjunktur in vielen Abnehmerländern der Verbrauch. Die Konsequenz: Der Ölpreis ist seit vergangenem Sommer um mehr als die Hälfte auf rund 50 Dollar pro Barrel (159 Liter) gefallen. Eine baldige Trendwende ist nicht zu erwarten: Auch der weltweit grösste Ölproduzent Saudi-Arabien erhöht die Förderung, um Kosten zu senken und den Markt weiter dominieren zu können.

Für die erneuerbare Wärmebranche sind das schlechte Nachrichten, denn mit fallenden Ölpreisen sinkt erfahrungsgemäss die Bereitschaft der Energieverbraucher, in neue, klimafreundliche Heizungssysteme zu investieren. Der Anteil der erneuerbaren Wärme am Gesamtwärmemarkt stagniert in Deutschland bereits seit 2010 bei knapp zehn Prozent, 2015 wird sich daran voraussichtlich nichts ändern. „Wir rechnen mit einem schwierigen Jahr“, sagt Sanna Börgel vom Bundesverband Wärmepumpe.

Weniger CO2
Dabei könnten erneuerbare Wärmequellen ein wichtiger Eckpfeiler der Energiewende sein. Deutschland will seine Kohlendioxid-Emissionen bis 2020 im Vergleich zu 1990 um 40 Prozent senken – dieses Ziel wird nach aktuellem Stand um rund zehn Prozentpunkte verfehlt. Mit mehr Biomasseheizungen, Solaranlagen und Wärmepumpen könnte es doch noch erreicht werden. Der Wärmesektor schluckt in Deutschland bisher mehr als die Hälfte der Endenergie, bietet also noch grosses Einsparpotenzial. In der Schweiz sind es rund 40 Prozent.

Besonders erneuerbare Nahwärme kann Treibhausgas-Emissionen eindämmen. In einem Neubaugebiet im schwäbischen Crailsheim etwa deckt eine Solarthermieanlage mit 7400 Quadratmetern Kollektorfläche die Hälfte des Wärmebedarfs von rund 200 Haushalten. Damit ihnen auch im Winter Wärme zur Verfügung steht, wird Solarenergie aus dem Sommer in einen Grossspeicher eingespeist. Der Boden nimmt die Wärme auf und speichert sie, bei Bedarf entziehen Erdsonden sie wieder und geben die Wärme in das örtliche Versorgungsnetz ab.

Bisher sind derartige Projekte aber eher selten, da Erneuerbare-Heizungen noch teurer sind als konventionelle. Gegen Öl- und Gaspreise von derzeit etwa 7.5 Cent pro Kilowattstunde kommt die Solarthermie nicht an. In der Schweiz kostete eine Kilowattstunde Heizöl im Dezember 2014 8.2 Rappen. Selbst Grossanlagen wie in Crailsheim produzieren die Kilowattstunde Solarwärme nicht unter acht bis zehn Cent. Wärme aus kleineren Privatkollektoren ist mit zwölf bis 14 Cent sogar noch teurer. Deshalb sinkt aktuell die Nachfrage nach diesen Anlagen trotz staatlicher Förderung.

Module statt Kollektoren
Dennoch ist eine Kehrtwende am Ökowärme-Markt möglich. Zum einen spekuliert die Branche auf ein baldiges Ende des ruinösen Öl-Wettförderns und einen erneuten Anstieg der Preise für fossile Brennstoffe – dadurch könnten regenerative Heizsysteme wieder stärker in den Fokus rücken. Zum anderen könnten photovoltaisch unterstützte Heizungssysteme für eine Zunahme der Solarwärmenutzung sorgen. „Solarstrom wird immer günstiger. Damit wird es wirtschaftlich interessant, mit Überschussstrom aus Photovoltaikanlagen zu heizen“, sagt der Berliner Energieprofessor Volker Quaschning. Technisch wäre das leicht möglich: Photovoltaikmodule ersetzen lediglich die Kollektoren und den Kollektorkreis einer Solarthermieanlage. Die Wärme wird dann statt über einen Wärmetauscher über einen elektrischen Heizstab oder eine Wärmepumpe in den Wärmespeicher eingespeist.

Aus physikalischer Sicht ist das Heizen mit Solarstrom zwar ineffizient: Solarmodule wandeln Sonnenlicht mit einem Wirkungsgrad von nur rund 20 Prozent in Strom um, während die Solarthermie fast 80 Prozent Effizienz erreicht. Allerdings ist es nicht die Idee, eine Photovoltaikanlage ausschliesslich zum Heizen zu benutzen, sondern Reste des Solarstroms zu verwerten. Die solare Einspeisevergütung hat sich in den vergangenen drei Jahren auf rund zwölf Cent pro Kilowattsunde halbiert und sinkt kontinuierlich weiter. Immer mehr Haushalte nutzen ihren Solarstrom vom Dach deshalb direkt selbst und speisen nur noch die überschüssige Energie gegen Vergütung ins öffentliche Stromnetz ein. Das lohnt sich, weil privat erzeugter Solarstrom in Deutschland mit zwölf Cent mittlerweile nicht einmal mehr halb so teuer ist wie Haushaltsstrom aus der Steckdose.

Passen gut ins System
Heizstäbe und Wärmepumpen fügen sich nahtlos in dieses Konzept ein. „Sie wandeln nur den Überschussstrom in warmes Wasser für die Dusche und die Heizung um“, erklärt Ralf Kleinknecht von der schwäbischen Firma Solarinvert. Die Wärme steht dem Verbraucher dann in einem herkömmlichen thermischen Speicher zur Verfügung. Der noch verbleibende, über den Bedarf und die Speicherkapazität hinausgehende Überschussstrom wird ins Netz eingespeist. Ihre Stärken haben Photovoltaikheizungen ebenso wie Solarthermieanlagen im Sommer. Konventionelle Wärmeerzeuger laufen im Sommerbetrieb nur für den Trinkwasserbedarf und daher stark taktend und bei schlechten Wirkungsgraden. Wird ein Heizstab oder eine Wärmepumpe genutzt, kann der Kessel ruhen.

Einfachste Photovoltaikheizungen bestehen aus einem simplen Heizstab, der direkt im thermischen Speicher oder in einem vorgeschalteten Boiler heisses Wasser erzeugt. Solarinverts „Stromhamster“ ist in beiden Ausführungen erhältlich. Das Heizelement mit bis zu sechs Kilowatt Leistung lässt sich dank einer integrierten Leistungselektronik stufenlos regeln, um die Leistungsaufnahme an den aktuellen Stromüberschuss anzupassen. Oft sind die Überschüsse niedriger als die Leistung des Heizstabs. Ein nicht regelbares Gerät müsste in diesem Fall ausgeschaltet bleiben oder Strom aus dem Netz nutzen.

Das Ziel ist, genauso viel Solarstrom per Heizstab zu nutzen, wie sonst eingespeist wird. Bei den derzeitigen Brennstoffpreisen dürfte es sich für die meisten Betreiber immer noch mehr lohnen, Solarstrom-Überschüsse ins Netz einzuspeisen. Doch mit stetig fallender Vergütung und wieder steigenden Ölpreisen könnten sich die Heizstäbe bald bezahlt machen. Bei solarthermischen Anlagen sieht die Prognose ungünstiger aus, da die Wärmegestehungskosten der Technik seit Jahren unverändert auf hohem Niveau verharren und im Gegensatz zu Photovoltaikzellen keine nennenswerten kostensenkenden Innovationen zu erwarten sind.

Heizstab oder Wärmepumpe?
Wärmepumpen bieten eine weitere Möglichkeit, mit Solarstrom zu heizen. Eine Wärmepumpe ist zwar in der Anschaffung um ein Vielfaches teurer als ein Heizstab, verwertet den Solarstrom aber auch wesentlich effizienter. Ein modernes Gerät erzeugt aus einem Kilowatt elektrischer Antriebsleistung etwa vier Kilowatt Wärme. Damit liegen die Kosten pro Kilowattstunde aus einer mit Solarstrom betriebenen Wärmepumpe derzeit bei nur rund drei Cent. Mittlerweile bieten fast alle namhaften Hersteller Brauchwasser-Wärmepumpen an, die speziell auf den Betrieb mit Solarstrom abgestimmt sind. In der Regel handelt es sich dabei um sogenannte Luft-Wasser-Wärmepumpen, die den Solarstrom nutzen, um der Umgebung Wärme zu entziehen. Der dazu nötige Wärmetauscher ist im Gerät integriert. Ein Energiemanagementsystem regelt, wann der Solarstrom die elektrischen Geräte im Haushalt und wann er die Wärmepumpe betreiben soll.

Wenn sich mit Photovoltaik schon günstig Warmwasser erzeugen lässt, warum soll sie dann nicht auch gleich das ganze Haus heizen? Heizungsspezialist Rennergy hat ein Solar-Wärmepumpen-System entwickelt, das genau das kann. „PV-Heiz“ enthält eine leistungsstärkere Wärmepumpe als die Warmwasser-Varianten, arbeitet aber ebenfalls mit einem integrierten Luft-Wärmetauscher. Das System erhitzt dabei vorrangig das Brauchwasser, speist überschüssige Wärme aber direkt in das Heizungssystem ein. „Auf diese Weise lässt sich der Hausenergiebedarf eines Energiesparhauses von März bis November komplett mit Photovoltaikstrom abdecken“, erklärt Rennergy-Vertriebschef Jakob Schweiger.

Auf Augenhöhe mit Öl
Das Problem ist jedoch, dass mit der Photovoltaik-Wärmepumpen-Kombination in den Wintermonaten nur 30 bis 50 Prozent des Bedarfs abgedeckt werden kann und somit entweder viel zusätzlicher Netzstrom bezogen werden muss oder ein zusätzlicher Wärmeerzeuger nötig ist – beide Varianten schmälern erheblich die Wirtschaftlichkeit der Photovoltaikheizung. Schweiger verspricht jedoch, dass sich PV-Heiz dennoch bezahlt macht. „Selbst wenn die Wärmepumpe von Dezember bis Februar mit Netzstrom betrieben wird, liegt das System bei durchschnittlichen Kosten von acht Cent pro Kilowattstunde und damit auf Augenhöhe mit Öl“, sagt Schweiger.

Hängt die Photovoltaik die Solarthermie damit nun ab? Wärmeexperten beim Bundesverband Solarwirtschaft bezweifeln das. Zur Wasserbereitung und bei Neubauten sei die Photovoltaik noch sinnvoll, nicht aber für die Beheizung älterer Gebäude. In Altbauten müsse wegen der schlechten Dämmung mehr Wärme bereitsgestellt werden. Das erfordere hohe Vorlauftemperaturen, die Wärmepumpen nur mit erheblichem Effizienzverlust erreichen könnten. Die Solarthermie sei in diesem Punkt energetisch sinnvoller, heisst es beim BSW.

Zu wertvoll fürs Heizen
Ausserdem ist Photovoltaik aus Sicht des Verbands zu schade, um in einfache Wärme umgewandelt zu werden. „Wir bekommen in den kommenden Jahren durch die Elektromobilität neue Stromverbraucher dazu. Die wichtigste Aufgabe der solaren Stromversorgung ist es, diese neuen Verbrauch mit Solarstrom aus Batterien zu betreiben, weil wir hier die grössten Energieeinsparungseffekte erreichen können“, sagt BSW-Vizepräsident Helmut Jäger. Ob Hausbesitzer aus diesem Grund auf das Heizen mit Solarstrom verzichten, ist jedoch fraglich.

©Text: Sascha Rentzing

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