Albert Bétrisey und Markus Mann (CBA SA) und Urs Brodmann (First Climate) wollen ihren Erfahrungsschatz mit anderen Energiespezialisten teilen und im Gegenzug über neue Erkenntnisse orientiert werden. ©Bild: T. Rütti

Val d'Anniviers: «Holzpellets-Gipfel» in der neuen «Cabane de Tracuit» auf 3'256 m.ü.M.

(©TR) 47 Spezialisten aus der Sparte «Erneuerbare Energie» aus zehn Ländern halten derzeit im Val d’Anniviers VS einen 5-tägigen «Holzpellets-Gipfel» ab. Nicht in einem komfortablen Seminarhotel, nein, in der neuen Berghütte «Cabane de Tracuit» auf 3'256 Metern. Ab Zinal bis zum Tagungsort wurde marschiert.

Auf die Bergwanderung geschickt wurde auch der Esel «Cyril» des Landwirten Fredy Schneiter. Der 14-jährige vierhufige Bergkamerad wurde mit zwei Säcken Holzpellets beladen – ein symbolischer und vor allem medienwirksamer Akt. Die Message: Wir haben uns entschieden, wenn immer möglich nachwachsende Ressourcen zu favorisieren, die Grundsätze der Nachhaltigkeit hochzuhalten und den durchs Heizen verursachte CO2-Ausstoss in Griff zu bekommen. Am «Holzpellets-Gipfel» in der «Cabane de Tracuit» wollen die Energiespezialisten aus Europa sowie einer aus Argentinien ihren Erfahrungsschatz mit den Kollegen teilen und dabei selber zu neuen Erkenntnissen gelangen. Am 5-tägigen «Holzpellets-Gipfel» soll sich der Wissenstransfer als roter Faden durch alle Diskussionen und Referate ziehen.

 

Gleich von Anfang an auf erneuerbare Energie gesetzt
Die für den Moment in ein «Seminarhotel» umfunktionierte Berghütte wird künftig Alpinisten als «Basislager» für Touren aufs Bishorn und aufs Weisshorn dienen. Das Bishorn (4‘153 m ü. M.) wird allerdings auch den 47 Tagungsteilnehmenden in Erinnerung bleiben, denn es bildet den Höhepunkt des Rahmenprogramm: Begleitet von einem professionelle Bergführer «bezwingen» die aus ganz Europa und Argentinien angereisten Energiefachleute den Gipfel (Alternativroute: eine Tour zum Tracuit-Gletscher). Der Aufstieg aufs Bishorn soll auch Symbolkraft haben: Respekt vor der Natur und ein sorgsamer Umgang mit den Ressourcen. Die «Cabane de Tracuit» wird vom «Holzpellets-Gipfel» mit insgesamt 10 Tonnen Pellets beschenkt, also genug, um auf 3'256 m ü. M. während voraussichtlich zwei Jahren Wärme für die 120-plätzigen Berghütte produzieren zu können. Die Holzpellets-Fracht kann indessen nicht vom Esel «Cyril» auf den Berg hochgeschleppt werden. Sie muss – alles andere als umweltfreundlich – vom Helikopter transportiert werden.

Der Rohstoff Holz stammt aus der Region
Zum Auftakt der Zusammenkunft wurde in Zinal eine Pressekonferenz im Freien abgehalten. Betont wurde dabei die Nachhaltigkeit des Heizens mit Holzpellets: Der hierfür verwendete nachwachsende Rohstoff Holz stamme ausschliesslich aus der Region und müsse nicht auf umweltfeindliche Weise von weit her herbeigekarrt werden, wurden die Medienleute orientiert. Weil Holzpellets bei ihrer Verbrennung nicht mehr CO2 abgeben, als das Holz im Wald selber aufgenommen hat, gelten sie als CO2-neutral. Sie sind ein Abfall- oder Nebenprodukt aus dem Sägewerk und kommen erst noch ohne chemische Stoffe aus. Und vor allen Dingen: Holz wächst unablässig nach. «Wir sind spezialisiert auf Green Investments, Klimaneutral- und Wasser-Dienstleistungen sowie Umweltberatung. Unser Angebot richtet sich an Kunden und Investoren, die einen nachhaltigen Beitrag zum globalen Klimaschutz beitragen möchten»,  so Urs Brodmann von der First Climate (Switzerland) AG. Er erklärte dies auch vor dem Hintergrund, dass in der Schweiz etwa 40 Prozent des CO2-Ausstosses aufs Heizen von Gebäuden und insbesondere Wohnungen entfielen. Die Leistungen von First Climate seien auch ein Beitrag zu einer gelebten Nachhaltigkeit in der Region, sofern – wie im Falle des Val d’Anniviers – auf lange Transportwege verzichtet werde. Mit einem Anteil von etwa 50 % an den fürs Heizen verwendeten erneuerbaren Energien sei Holz in der Schweiz noch weit vom Wünschbaren entfernt. «Derzeit werden etwa 4 Mio. m3 Holz zwecks Energiegewinnung verbrannt. Eine Erhöhung um mindestens 50 % auf total 6 Mio. m3 ist problemlos möglich, ohne unseren Wäldern Schaden zuzufügen», so der First-Climate-Direktor. 

Kollektiv von Heizöl auf Holzpellets umgestellt
Die Chauffage Bois-Energie Anzère  CBA SA hat im Bioenergiedorf Anzère eine Holzpellets-Fernwärmezentrale mit einer Heizleistung von sage und schreibe 6,3 Megawatt in Betrieb genommen und dabei dokumentiert, dass es in einem Dorf möglich ist, kollektiv von Heizöl auf Holzpellets umzustellen. «Es ist dies die grösste Holzpellets-Fernwärmeanlage Zentraleuropas. Die bereits dritte Erweiterungsetappe befindet sich in Planung. Langfristig können in Anzère 2 Millionen Liter Heizöl eingespart werden», sagte Albert Bétrisey von der CBA SA. Investiert wurden rund 8,7 Mio. Franken. CBA-Eigentümer sind die 600 Immobilienbesitzer, die Wärme aus der Heizzentrale beziehen statt Einzelfeuerungen zu besitzen; sie halten 49% der Aktien, 51% hält die Mann Energie Suisse, eine Tochtergesellschaft der deutschen Mann Naturenergie GmbH. Zu Mann gehört auch die deutsche Westerwälder Holzpellets GmbH. Zu einer so nachahmenswerten Umstellung von Heizöl auf Holzpellets wie in Anzère kommt es in der Berghütte «Cabane de Tracuit» insofern nicht, als hier gleich von Beginn an auf erneuerbare Energie gesetzt wird.

Unabhängigkeit von Ländern, wo Skrupel und Korruption herrschen
Markus Mann von der CBA AG und dem Mann-Konzern schätzt den jährlichen weltweiten Bedarf an Holzpellets auf 15 bis 18 Mio. Tonnen – ein Klacks im Vergleich zur Papierproduktion, wo eine Milliarde Tonnen Holz verarbeitet werde. «Die von uns gewählte Form der erneuerbarer Energie erlaubt es der Schweiz, auf den Import von Energieträgern aus dem Ausland weitgehend zu verzichten. Dies wiederum verhilft uns zu einer entscheidenden Unabhängigkeit von Staaten, in denen Skrupel und Korruption an der Tagesordnung sind, ganz zu schweigen von der dort herrschenden politischen Instabilität. Erneuerbare Energien haben für die Schweiz nebst der Schonung von Umwelt und Klima noch einen weiteren positiven Aspekt: Das Kapital bleibt und zirkuliert im eigenen Land, statt in Länder abzufliessen, die mit diesen Geldern auch Waffen kaufen und Kriege führen könnten. Nicht auszumalen, wenn wir eines Tages zu deren Zielscheibe würden!» Auf die Karte erneuerbare Energie und speziell auf den nachwachsenden und hierzulande jederzeit verfügbaren Rohstoff Holz zu setzen, setze ein Zeichen und zeige die Stossrichtung einer zukunftsträchtigen Energiepolitik. Der internationale «Holzpellets-Gipfel» im Val d’Anniviers diene nicht zuletzt der Sensibilisierung für diese Thematik und fördere das entsprechende Bewusstsein.

©Text: Toni Rütti, Redaktor ee-news.ch

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