Solarkollektoren sammeln die Umgebungswärme der Luft. Diese Strahlungsenergie der Sonne wird an den unterirdischen Speicher abgegeben. Bild: Toni Rütti

Ein neun Tonnen schwer Speicher, der mit 10‘000 Liter Wasser gefüllt wird, wurde vor Christian Trutmanns Einfamilienhaus in Nunningen SO versenkt. Er ist selber Minergie-Experte. Bild: Toni Rütti

EBM: Heizen mit Eis

(©TR) Die EBM Ecotec AG realisiert derzeit in Pratteln BL und Nunningen SO je eine Eisspeicherheizung. Das Saisonspeichersystem kombiniert dabei verschiedene natürliche Energiequellen miteinander. In Nunningen fand bei Hausbesitzer und Minergieexperte Christian Trutmann ein Medienanlass statt.


Zum Medienanlass in Nunningen lud die EBM Ecotec AG (Münchenstein BL) unter dem verheissungsvollen Titel «Heizen mit Eis, ein Wunder?» ein. Wie der EBM-Geschäftsführer Thomas Argast sowie auch Andreas Weber, Leiter Kunden-Energieeffizienz, allerdings gleich zu Beginn relativierten, geht es in Tat und Wahrheit nicht um ein Wunder, sondern ausschliesslich um Physik. Auch sei die Bezeichnung «Eisspeicher» nicht wirklich zutreffend, denn er speichere kein Eis. Zutreffender sei die Bezeichnung Saisonspeicher. Ein solcher, 9 Tonnen schwer Speicher wurde vor Christian Trutmanns Haus im Beisein der Presse in einem Loch versenkt. Das Investitionsvolumen laut Liegenschaftsbesitzer Trutmann: rund 75'000 Franken.

Die Energiemenge, die in 1 Liter Heizöl enthalten ist
Dass Wasser einen natürlichen Wärmespeicher bildet, weiss man aus dem Physikunterricht. Gefrierendes Wasser gibt Energie ab, die sogenannte Kristallisationswärme. Diese wird freigesetzt, wenn ein Stoff seinen Aggregatzustand von flüssig zu fest verändert. Gefriert 1 Liter Wasser, setzt er dabei rund 0,1 kWh Wärmeenergie frei. Das entspricht etwa der Energiemenge, die man benötigt um 1 Liter Wasser von 0 Grad auf 80 Grad Celsius zu erhitzen. 125 Liter Eis ergeben somit etwa die gleiche Energiemenge, die in 1 Liter Heizöl enthalten ist.



Solarkollektoren sammeln die Umgebungswärme
«In der warmen Jahreszeit» – so Andreas Weber – «sammeln spezielle Solarkollektoren die Umgebungswärme der Luft. Diese Strahlungsenergie der Sonne wird über ein Kreislaufsystem an den unterirdischen, rund 10’000 Liter Wasser fassenden Speicher abgegeben. In diesem Wasserreservoir steigt die Temperatur dabei auf bis zu 35 Grad Celsius. Während der Heizperiode entzieht eine elektrische Wärmepumpe dem Wasserreservoir kontinuierlich Wärme und gibt diese auf einem höheren Temperaturniveau an das Heizungssystem ab.» Im Falle der Liegenschaft Trutmann ersetzt dieses System die alte Ölheizung. Die Solarkollektoren kommen hier nicht etwa aufs Dach, sondern es wird mit ihnen ein Zaun gebaut.

Der Kristallisationsprozess, bei dem Energie freigesetzt wird
Sinkt die Temperatur im Speicher weiter, beginnt der Kristallisationsprozess des Wassers, bei dem Energie freigesetzt wird. Dieser Prozess kann so lange genutzt werden, bis sich alles Wasser zu Eis verfestigt hat. Das Einzigartige am Eis- beziehungsweise Saisonspeicher ist, dass er sich selbst regeneriert: Schmilzt das Eis durch natürliche klimatische Wärmewirkung, wird dem Wasser wieder Energie zugeführt. Diese Energie kann wieder durch die Wärmepumpe aufgenommen und in Heizwärme umgewandelt werden. Beim Gefrieren, dehnt sich Wasser aus. Sowohl die Register als auch der Behälter sind so konstruiert und grosszügig dimensioniert, dass sie dadurch keinen Schaden erleiden.

Mit einer Einheit Strom vier bis fünf Einheiten Wärme erzeugen
Die Investition in eine Saisonspeicherheizung ist zwar höher als bei einem konventionellen Heizsystem, dafür sind aber die Betriebskosten viel geringer, was die Mehrkosten bereits nach wenigen Jahren wettmacht. Die Saisonspeicherheizung ist offenbar besonders energieeffizient: Mit dem System können mit einer Einheit Strom vier bis fünf Einheiten Wärme erzeugt werden. Thomas Argast: «Im Gegensatz zu fossilen Brennstoffen wird bei der Saisonspeicherheizung bis zu 75 Prozent weniger Co2 freigesetzt. Dieses System hat sich bereits mehrfach bewährt. Ist es in einer Region nicht erlaubt, ein Loch für eine Erdsonde zu bohren, bietet die Saisonspeicherheizung eine interessante Alternative.» Was die Förderbeiträge anbelangt, macht der Kanton Solothurn offenbar zwischen Saisonspeicher und Erdsonde keinen Unterschied. 


Energiegewinn das ganze Jahr
Der Ablauf der Jahreszeiten steuert die effektive Nutzung von fünf Energiequellen. Im Sommer wird die Wärme der Sonne, im Frühling und Herbst die Energie der Umgebungsluft über den Kollektor dem Saisonspeicher zugeführt. Mit Beginn der kalten Jahreszeit wird der Speicher kontinuierlich bis zum Gefrierpunkt oder darüber hinaus, abgekühlt.

Die Kristallisationsenergie
Beim Übergang von kaltem Wasser zu Eis wird eine Wärmemenge von 0.01 kWh/Ltr. freigesetzt. Die Aggregatszustandsänderung von flüssig zu fest gibt eine enorme Wärmemenge frei. Sobald der Heizungsregler erkennt, dass Energie der Sonne und Umgebungs-Luft nicht mehr ausreicht um Heizung und Warmwasser abzudecken, bezieht das System Zusatzenergie aus dem Speicher. Beim Norminhalt von 10‘000 Litern Wasser generiert der Saisonspeicher Kristallisationsenergie von umgerechnet ca. 100 Liter Öl. Diese Energiemenge reicht, um über den Wärmepumpenprozess rund vier bis sechs Wochen ohne jegliche Zusatzenergie (Umweltwärme) auszukommen.

Die Kraft der Natur: 5 Elemente

  • Sonne Die Energie der Sonne wird nicht nur unmittelbar genutzt, sondern auch effizient für die kommende Heizperiode im Speicher eingelagert.
  • Luft Die in der Luft enthaltene Wärme ist eine zusätzliche Energiequelle. Die Luftkollektoren sind auch bei bewölktem Himmel, nach Norden ausgerichtet oder nachts funktionsfähig.
  • Erde Die über das Jahr nahezu konstant Erdwärme von 8 bis 10°C liefert eine effektiven Beitrag. Kostenintensive Dämmungen sind nicht nötig bzw. nicht erwünscht.
  • Wasser Besonders wirtschaftlich wird Wasser als Speichermedium, wenn Wärme im niedrigen Temperaturbereich gespeichert wird. Beim Saisonspeicher Konzept beträgt die Temperatur nicht mehr als 25°C
  • Eis Die Nutzung der Kristallisationswärme ist die Kernidee dieses Speicherkonzepts. Die frei werdende Energie wird zum Heizen genutzt, im Sommer würde das entstandene Eis zum Kühlen zur Verfügung stehen (nur Neubau).


Stichwortartiges Fazit einer Saisonspeicherheizung
Der so genannte Eisspeicher speichert kein Eis, so dass die Bezeichnung Saisonspeicher zutreffender ist. Dieses System ist DIE Alternative zur Erdsondenbohrung. Die Kombination von fünf regenerativen Energiequellen garantiert eine stabile, ganzjährige Betriebssicherheit. Die Amortisation sollte innert 10 Jahren möglich sein, fürs Pay-Back muss mit 10 bis 12 Jahren gerechnet werden. Die Lebenserwartung des Speichers liegt bei 60 bis 80 Jahren. Die Investitionskosten sind mit jenen Kosten vergleichbar, die beim Erdsonden-System entstehen. Äusserst geringe sind die laufenden Kosten.

©Text: Toni Rütti, Redaktor ee-news.ch

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