Pascal Affolter (links): „Flexibilität ist bereits heute eine grosse Herausforderung und wird es auch morgen bleiben." Jacques Bonvin (rechts): "Bei öffentlichen Ausschreibungen treten wir gegen Konkurrenten aus ganz Europa an." Bild: Edisun Power

Die von Solstis gebaute 1.2 Megawattanlage von Biofruits im Wallis. Bild: Solstis

Solstis: Rock‘n‘Roll im Photovoltaikmarkt

(©AN) Solstis mit Hauptsitz in Lausanne war eines der ersten reinen Photovoltaikunternehmen der Schweiz: „Wir haben letztes Jahr rund 18 Megawatt verbaut“, freut sich Jacques Bonvin. „Mit unsern 15 Partnern sind wir unterdessen in 15 Regionen der Schweiz vertreten“, erklärt Pascal Affolter. Die beiden haben das rund rund 60 Mitarbeitende zählende Unternehmen 1996 gegründet.


Ein Gespräch mit Jacques Bonvin und Pascal Affolter über den Photovoltaikmarkt, die beiden leiten das Unternehmen seit seiner Gründung gemeinsam und entwickeln es weiter.

Gemäss Swissolar gab es in der Schweiz vergangenes Jahr zehn Photovoltaikunternehmen, die jährlich mehr als 2.5 Megawatt installieren, wie viel hat
Solstis installiert?
Jacques Bonvin
: Insgesamt haben wir Module mit einer Leistung von 18 Megawatt installiert und an unsere Partner geliefert. Pascal Affolter: Rund neun Megawatt haben wir selber installiert und neun Megawatt wurden durch unsere Partner verbaut.

Wie gross ist die durchschnittliche Anlagegrösse?

Pascal Affolter
: Vergangenes Jahr hatte unsere kleinste Anlage drei Kilowatt Leistung und die grösste 1.7 Megawatt. Bei dieser grossen Bandbreite ist die Anlagegrösse nicht sehr aussagekräftig. Aber am meisten bauen wir wohl Anlagen mit 300 bis 600 Kilowatt Leistung.


Welche Anlage war 2012 die schönste?
Jacques Bonvin
: Da müsste man „schön“ definieren, manchmal ist es die schönste betreffend die Integration und manchmal auch die schönste in Bezug auf die Leistung der Anlage. Im Hinblick auf die Ästhetik war sicher die 1.2 Megawattanlage von Biofruits im Wallis (siehe ee-news.ch vom 25.10.2012 >>) unsere schönste Anlage. Wir bauen für Private, Unternehmen und Investoren, bei letzteren ist vor allem die Anlagegrösse ausschlaggebend, bei den Privaten sicher auch die Ästhetik. Unter den Investoren sind unterdessen auch Energieversorger, wie zum Beispiel die Groupe E.

Der Modulmarkt ist in einer
ständigen Umwälzung, Unternehmen fusionieren oder gehen Konkurs. Was heisst das für ein Unternehmen?
Jacques Bonvin
: Genau, Rock ‘n‘ Roll im Photovoltaikmarkt! Die Situation ist in der Tat herausfordernd für uns. Wichtig ist, dass wir qualitativ hochwertige Module kaufen, denn dadurch, dass unsere Module verlässlich Strom produzieren, schützen wir uns vor Garantiefallen. Pascal Affolter: Die Situation im Markt hat sich im letzten Monat noch einmal deutlich geändert. Die europäischen Produzenten verkaufen immer noch zu sehr tiefen Preisen, während die chinesischen Module durch den Anstieg des Yuan doch entsprechend teurer geworden sind. Damit ist der Preisunterschied zwischen europäischen und chinesischen Produkten nicht mehr so gross. Jacques Bonvin: Und somit wählen wir für Anlagen unter 100 Kilowatt wieder automatisch europäische Produkte. Darüber entscheiden wir von Fall zu Fall, bei einer Ausschreibung jedoch, wenn die Konkurrenz gross ist, kommen fast immer chinesische Module zum Zuge.

Werden die Preise so tief bleiben?

Pascal Affolter
: Ich denke schon, denn sehen Sie, die Einspeisevergütungen in ganz Europa rechtfertigen keine höheren Preise. Die Lager der Hersteller und der Händler sind noch voll und die Produktionskapazitäten bleiben trotz insolventen Modulherstellern hoch.

Mit wie vielen Partnern arbeiten sie in der Schweiz zusammen?

Jacques Bonvin: Inzwischen sind es 15 in der ganzen Schweiz, die in ihren Regionen gut verankert sind. Wir liefern ihnen die Komponenten und bilden sie auch aus, sie sind aber selbständig. Nur wenn sie ein grösseres Projekt realisieren können, das ihre Kapazitäten übersteigen würde, übernehmen wir dies von Lausanne aus. Pascal Affolter: Unser Ziel ist es, in jedem Kanton mit einem Partner zusammenzuarbeiten. Wir gehören inzwischen zu den grossen Photovoltaikspezialisten der Schweiz, neben Tritec, Benetz und Jäggi.

Seit rund zwei Jahren bauen Sie den Markt in der Deutschschweiz aus. Wie kommen Sie voran?

Pascal Affolter
: Wir haben gerade den zweiten Mitarbeiter für die Deutschschweiz bei uns in Lausanne angestellt, die Zusammenarbeit mit unseren Partnern in der Deutschschweiz läuft ausgezeichnet.

Ist es überhaupt noch möglich, zu wachsen?

Jacques Bonvin
: Wir zählen heute 35 Festangestellte und bis zu 30 Temporär-Mitarbeitende. Der Photovoltaikmarkt in der Schweiz wächst immer noch sehr schnell. Dieses Wachstum öffnet auch immer wieder neue Türen, auch wenn die Konkurrenz omnipräsent ist.

Wer sind Ihre Mitbewerber?

Jacques Bonvin
: Bei öffentlichen Ausschreibungen sind das Konkurrenten aus ganz Europa, wie eine Ausschreibung, die wir gerade gewonnen haben zeigt. Da haben portugiesische, spanische und französische Unternehmen mitgeboten. Im regionalen Markt sind das oft Unternehmen, die neu auf Photovoltaik setzen, zum Beispiel Spengler oder Elektriker. Hier ist unser Vorteil, dass wir beide uns seit über 20 Jahren nur mit Photovoltaik befassen.

Angesichts der stark gesunkenen Preise der Module und Anlagekomponenten wird der Anteil der Installationsarbeiten
an den Anlagekosten immer grösser, was heisst das für Solstis?
Pascal Affolter: Wir sind gezwungen den Anlagebau deutlich günstiger anzubieten, und trotzdem die Qualität hoch zu halten. Die Preise für die Anlagekomponenten sind zwar gesunken, die gesetzlichen Vorschriften dagegen in den letzten Jahren deutlich gestiegen. Das gilt sowohl für die elektrischen Normen als auch für die Feuerversicherungen, was die Kosten auf der Installationsseite doch verteuert.

Sie sind in der ganzen Schweiz und in Frankreich tätig. Gibt es neue Märkte?

Jacques Bonvin
: Wir arbeiten neu mit einem Syrer zusammen, der mit unserem Know-how Solstis-Anlagen in Nordafrika und im mittleren Osten baut. Im Libanon wurde eine erste Anlage realisiert, weitere Projekte sind im Sudan in der Planung. Pascal Affolter: Und in Bangkok durften wir eine Photovoltaikanlage auf dem Gebäude der Schweizer Botschaft errichten. Jacques Bonvin lachend: Wir möchten natürlich eine Photovoltaikanlage auf jeder Schweizer Botschaft bauen!

Welche grossen Herausforderungen werden Sie sich in Zukunft stellen müssen?

Jacques Bonvin
: Wir sind seit unserer Gründung immer gewachsen, am Anfang langsam, und jetzt immer schneller. Irgendwann werden wir lernen müssen, auch mit der Stagnation unseres Geschäfts zu leben. Für die Zukunft wird es auch entscheidend sein, dass wir mit den Lieferanten mit den besten Produkten zusammenarbeiten. Pascal Affolter: Flexibilität ist bereits heute eine grosse Herausforderung und wird es auch morgen bleiben. Wir müssen unserer Linie, die uns so weit gebracht hat, treu bleiben, indem wir im richtigen Moment konservativ sind, aber auch dann, wenn es erforderlich ist, die Segel hissen. Das ist die grösste Herausforderung.

Und die grösste Freude in Ihrem Geschäft?

Jacques Bonvin: Da denke ich gleich an vergangene Woche: Wir konnten einem temporär angestellten Mitarbeitenden mitteilen, dass wir ihn fest anstellen. Er kam zum mir ins Büro und hat sich persönlich bei mir bedankt, solche Momente sind für mich sehr berührend. Pascal Affolter: Wir haben vor kurzer Zeit eine Ausschreibung über eine 1.3 Megawattanlage der Post gewonnen. An solchen Tagen ist es, als ob wir die Schweizermeisterschaften gewonnen hätten, es sind sehr emotionale Momente und einige der Mitarbeiter haben skandiert: ‚On a gagné, on a gagné‘.

©Interview: Anita Niederhäusern, leitende Redaktorin ee-new.ch

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