Die Studie zeigt zudem auf, dass die Anwohner von potenziellen Standorten eine negativere Einstellung zu Windkraftanlagen haben als Anwohner von bereits bestehenden Anlagen. Grafik: Suisse Eole

Gundula Hübner forscht seit 1990 im Bereich Sozial- und Umweltpsychologie, in den letzten Jahren mit Schwerpunkt Auswirkungen von Windenergieanlagen in Deutschland.

Suisse Eole: Fast alle sind mit Windturbinen zufrieden

(©Suisse Eole) Drei Viertel der Anwohnerinnen und Anwohner von Windparks in der Schweiz befürworten die Windenergienutzung vor Ort. Sie geben an, dass die Anlagen keine oder nur geringfügige Auswirkungen auf ihr Wohlbefinden hätten. Lediglich 6 % fühlen sich stark belästigt. In der Wahrnehmung der Befragten überwiegen die Vorteile der Windenergie allfällige Nachteile.


Zu diesen für die Windenergie positiven Resultaten kommt eine Meinungsumfrage der Universitäten Halle-Wittenberg und St. Gallen. Die Bundesämter für Energie (BFE) und Umwelt (BAFU) haben das Forschungsvorhaben gefördert, hatten aber weder Einfluss auf den Untersuchungsaufbau, noch das Vorgehen, noch die Ergebnisse (siehe auch ee-news.ch vom 31. Oktober >>).

Kein oder nur ein schwacher Zusammenhang besteht zwischen der erlebten Belästigung und dem Wohnabstand zu Wind-kraftanlagen. Dank den heutigen Grenzwerten (Lärmschutz etc.) spielt die Distanz praktisch keine Rolle bei der Belästigungswirkung. Wesentlich sind neben persönlichen Faktoren die Sicht auf die Anlagen und der Verlauf des Planungsprozesses.

Unter den 5,5 %
Die Studie bestätigt, dass es sich bei den Windenergiegegnern um eine kleine, aber laute Minderheit handelt. Unter den 5,5 % der Befragten, die in der Projektphase gegen die Projekte waren, hat sich mehr als ein Drittel persönlich aktiv eingesetzt. Hingegen hatte sich unter den 78 % der Befürworter lediglich jede 18. Person zu einem Pro-Engagement bewegen lassen.

Im Vergleich mit anderen Stromgewinnungsformen gilt Windenergie als sehr sicher und erreichte die zweitbeste Platzierung, direkt nach der Photovoltaik. Auch punkto möglicher negativer Auswirkungen schnitt Windenergie am zweitbesten ab. Die Studie vergleicht auch verschiedene Belästigungswirkungen. Dabei wird Windenergie als etwa gleich störend angesehen wie Landwirtschaftsmaschinen oder Funkmasten. Landwirtschaftliche Gerüche, Hochspannungsleitungen oder Autobahnen hingegen gelten als stärker belästigend als Windenergie.

Wünsche der Anwohner

Zu den Wünschen der Anwohnerinnen und Anwohner bestehender Anlagen gehören (in dieser Reihenfolge):

  • günstigere Strom-preise für Anwohner,
  • mehr Beteiligungsmöglichkeiten bei der Planung,
  • mehr Informationen und mehr Windenergieanlagen (!).
  • Geringere oder andere Geräusche wünschten sich hingegen nur wenige.

Die Studie zeigt zudem auf, dass die Anwohner von potenziellen Standorten eine negativere Einstellung zu Windkraftanlagen haben als Anwohner von bereits bestehenden Anlagen. Dies lässt sich so interpretieren, dass die Nachbarschaft zu Windturbinen ein noch unbekanntes Phänomen darstellt und Ängste auslösen kann. In diesem Bereich sind aus der Sicht von Suisse Eole verstärkte Information und mehr Sachlichkeit bei der Diskussion nötig.


… 3 Fragen an:

Gundula Hübner Geboren 1962, Professorin für Psychologie an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg und der Medical School Hamburg. Forscht seit 1990 im Bereich Sozial- und Umweltpsychologie, in den letzten Jahren mit Schwerpunkt Auswirkungen von Windenergieanlagen in Deutschland. Sie ist Leiterin der Studie «Wirkungen von Windkraftanlagen auf Anwohner in der Schweiz».

1. Ihre Akzeptanzstudie zeigt, dass alle be
stehenden Anlagen gut bis sehr gut akzeptiert werden. Die Medien vermitteln indes den Eindruck, dass Windenergieanlagen häufig umstritten seien. Wie bringen Sie diese Bilder auf einen Nenner?
In den Medien wird häufiger über die Gegner der Windenergie als über Befürworter berichtet. Ob die Gegner tatsächlich die Mehrheit der Anwohner vertreten, war bisher unklar. Unsere Studie zeigt jedoch, dass die Mehrheit der Anwohner für die Windenergieanlagen war, nur eine Minderheit war dagegen. Zudem haben wir untersucht, wie viele Anwohner psychische oder körperliche Symptome erleben, die sie in Zusammenhang mit den Windenergieanlagen in der Nähe sehen – dies war nur eine Minderheit von 6 %. Nun haben wir zum ersten Mal weltweit vergleichende Aussagen zur Wirkung unterschiedlicher Emissionen, die wissenschaftlich fundiert sind. Unsere Studie kann einen Beitrag zur Versachlichung der Diskussion leisten.

2.
Trotzdem muss man die Minderheit der stark Belästigten ernst nehmen. Wären verschärfte Vorschriften sinnvoll?
Die Belästigungswirkung korreliert stark mit z.B. der Einschätzung des Planungsprozesses, Sicht auf die Anlage und kognitive Bewältigungsstrategien. Hingegen besteht nur ein schwacher Zusammenhang zwischen starker Belästigung und Wohndistanz. Dies zeigt, dass die heutigen Schutzbestimmungen, vor allem die Lärmschutzverordnung, für einen wirksamen Schutz der Anwohner sorgen. Aber Verbesserungen sind möglich.

3. Welche Empfehlungen geben Sie den Planern und Behörden, damit sie die Akzep
tanz ihrer laufenden Projekte noch steigern können?
Einen stärkeren Einbezug der Bevölkerung in den Planungsprozess erachte ich als wichtigsten Punkt. So können die Gemeinden die Standortplanung selbst in die Hand zu nehmen. Ich kenne Beispiele, wo die Gemeinden den Planungsrahmen vorgeben und sich einen Projektentwickler suchen, der ihren Kriterien entspricht. Das Verfahren hat zu hoher Zufriedenheit geführt. Natürlich sind auch die Projektentwickler gefordert, den Anliegen der Anwohner gerecht zu werden. Andererseits können Immissionen teilweise mit technischen Massnahmen gemindert werden. In einem anderen Projekt konnten wir beispielsweise starke Lärmbelästigung auf leise, aber trotzdem störende Geräusche (Amplitudenmodulation) der Rotorblätter zurückführen. Hersteller versuchen, das Geräuschspektrum angenehmer zu gestalten. Auch im Bereich der Anlagenbefeuerung gibt es einfache Lösungen, damit die Anlagen weniger oft und weniger stark blinken müssen.

©Text: Suisse Eole, erschienen im éole info 27

0 Kommentare

Kommentar hinzufügen

Partner

  • Agentur Erneuerbare Energien und Energieeffizienz

Ist Ihr Unternehmen im Bereich erneuerbare Energien oder Energieeffizienz tätig? Dann senden sie ein e-Mail an info@ee-news.ch mit Name, Adresse, Tätigkeitsfeld und Mail, dann nehmen wir Sie gerne ins Firmenverzeichnis auf.

Top

Gelesen
|
Kommentiert