Gemäss AgroSolar Europe sollen Materialien wie Flachs, Carbon, Holzfasern oder andere nachwachsende Rohstoffe „so verarbeitet, dass sie besonders tragfähig sind“. ©Bild: AgroSolar.FibR

Erste Prototypen will Agrosolar Europe ab 2024 bauen, 2026 soll die Serienproduktion starten. ©Bild: AgroSolar.FibR

Neue Tragstruktur für Agri-PV: Nachwachsender Rohstoff mit schwieriger Entsorgung

(©BJ) Zwei Firmen wollen gemeinsam Tragstrukturen für Agri-PV-Anlagen aus Naturfasern etablieren. Doch zur ganzen Wahrheit gehört auch: Es geht um Faserverbundwerkstoffe, die auf Epoxidharz oder Polyurethan basieren.


Die Firma Agrosolar Europe hat angekündigt, künftig die tragenden Bauteile ihrer Agri-Photovoltaik-Anlagen aus nachwachsenden Rohstoffen zu fertigen. Man werde „organische Strukturen anstatt Stahl beim Bau einsetzen“, schreibt das Unternehmen in einer Mitteilung. Zusammen mit der Firma FibR aus Kernen im Remstal habe man „innovative Leichtbauweisen mit organischen Materialien erprobt“.

Erste Prototypen will Agrosolar Europe ab 2024 bauen, 2026 soll die Serienproduktion starten. Um grosse Worte ist das Unternehmen mit Sitz in Berlin nicht verlegen: „Ziel der beiden Unternehmen ist es, die Solarbranche grundlegend zu revolutionieren, sie nachhaltiger, günstiger und europäischer zu machen.“

Zum Beispiel Flachs, Carbon oder Holzfasern
Materialien wie Flachs, Carbon, Holzfasern oder andere nachwachsende Rohstoffe würden „so verarbeitet, dass sie besonders tragfähig sind“. Inspiriert sei man von der Natur, daher ähnelten die Strukturen „eher Bäumen als Bauwerken“ und fügten sich daher „hervorragend in die Landschaft“ ein. Zugleich spare man rund 90 Prozent Gewicht, so dass der Bau der Anlagen „mit weniger Maschinen- und Personaleinsatz und weitaus schneller möglich“ sein werde. Der Preis der Tragstrukturen werde auf dem Niveau heutiger Gestelle von Agri-PV-Anlagen liegen, sagt Firmensprecherin Anke Müller.

Abhängigkeit entschärfen
Momentan kommt vor allem Flachs als Faserlieferant zum Einsatz. Dieser stehe aus Deutschland aber noch nicht ausreichend zur Verfügung, was der wesentliche Grund dafür sei, dass man erst 2026 in Serie gehen werde, sagt die Firmensprecherin. Die heimische Wertschöpfung ist für Agrosolar Europe Teil des Konzepts: „Wir können unsere Agri-PV Anlagen in Zukunft aus genau den Materialien fertigen, die unter den Anlagen angebaut werden“, sagt Geschäftsführer Markus Haastert. So entschärfe man die Abhängigkeiten von anderen Märkten.

„…vielversprechend Absatz…“
Am Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme (ISE) in Freiburg, das im Jahr 2016 die deutsche erste Agri-Photovoltaikanlage in Heggelbach im Landkreis Sigmaringen aufbaute, heisst es auf Anfrage, man bereite eine Kooperation mit den Unternehmen vor, aber es gebe noch keine Ergebnisse. Man halte jedoch „den Ansatz für vielversprechend“, sagt Max Trommsdorff, Agri-PV-Experte am ISE.

18 Meter Spannweite
Die Technik der Tragwerke aus Naturfaserkomposit wurde am Karlsruher KIT entwickelt. Professor Moritz Dörstelmann, Gründer der Firma FibR und Professor für Digital Design and Fabrication am KIT spricht von einer „ressourceneffizienten Leichtbauweise“, mit der „extrem weitspannende, hochtragfähige Tragstrukturen hergestellt werden“ können. Die erst 2017 gegründete Firma FibR hat nach eigenen Angaben schon Tragstrukturen mit 18 Metern Spannweite aufgebaut.

FibR will durch die Kooperation mit ArgoSolar Europe die ursprünglich aus der Architektur hervorgegangene Entwicklung nun in der Agri-PV etablieren. Allerdings geht es dem Solarunternehmen nicht darum sich als Hersteller der Tragkonstruktionen am Markt zu etablieren. „Wir sind Projektierer und werden die Anlagen selbst betreiben“, sagt Firmensprecherin Müller. Ein reiner Lieferant von Gestellen für Photovoltaiklanlagen wolle man explizit nicht sein.

Schwierige Entsorgung
Während sich alle Beteiligten aufgrund der Naturfasern die Nachhaltigkeit der neuartigen Konstruktion auf ihre Fahnen schreiben, droht jedoch ein ganz entscheidender Punkt unterzugehen: Es handelt sich bei den Materialien um Faserverbundwerkstoffe. Das heisst: Die Fasern sind in eine Matrix eingebunden – und diese besteht einstweilen aus Epoxidharz oder Polyurethan. Dadurch wird die spätere Entsorgung der Konstruktionen schwierig. Eine Kompostierung, die man beim Stichwort nachwachsende Rohstoffe assoziiert, wird nicht möglich sein. Zugleich ist Recycling bei Faserverbundwerkstoffen grundsätzlich ein heikles Thema. Immerhin könne man Dämmstoffe daraus machen, sagt die Sprecherin von AgroSolar Europe. Doch eine Kreislaufwirtschaft ist das nicht.

Ziel sei es, irgendwann auch biobasierte Harze zu nutzen, versichert Julian Fial, Chefentwickler der Firma FibR. Doch so weit sei man noch nicht. Bis dahin dürften Metallkonstruktionen, die durch Einschmelzen voll recycelbar sind, aus Sicht der Entsorgung die unkompliziertere Lösung sein.

©Text: Bernward Janzing

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2 Kommentare

Redaktion ee-news.ch

Danke für den Hinweis, wir haben den Fehler korrigiert!

DH

Agri-PV-Anlagen
Im Titel.
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