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Montageleiter:in (Solar)

Weder von unten noch von oben ist nicht ersichtlich, dass gleich hinter der obersten Kuppe, wo der Bach die ersten rund 100 Meter in die Tiefe stürzt, das Wasser turbiniert wird. Bilder: Anita Niederhäusern

Nur gerade das Gebäude der Rechenreinigungsanlage ist noch sichtbar, die unterirdische Zentrale ist weder von der Bergstation noch von unten her einsehbar. Bilder: Anita Niederhäusern

Blick von oben ins Kraftwerk: Dank des milden Winters konnte bereits im April 2011 die Durchströmturbine der Marke Ossberger in Betrieb genommen werden. Bilder: Anita Niederhäusern

Das Stauwehr der alten Anlage indes konnte für die neue Anlage gebraucht werden. Bilder: Anita Niederhäusern

Kleinwasserkraft: Gelungene Anlagenerneuerung im Landschaftsschutzgebiet

(©AN) 2008 wurde die Planung in Angriff genommen, 2010 ging das 600 kW-Wasserkraftwerk in Bau, seit diesem Frühling produziert es Strom: Das Kleinwasserkraftwerk auf der Engstligenalp ist nicht nur vom zeitlichen Rahmen her ein Vorzeigebeispiel, denn die Anlage liegt einem Naturschutzgebiet von nationaler Bedeutung und wurde mit der Zustimmung der Umweltverbände realisiert.


Der Bach, der sich in zwei Schritten über 600 Meter in die Tiefe stürzt und von der Talstation der Engstligenalp Bahn zuhinterst auf dem Talboden von Adelboden zu sehen ist, bietet ein besonderes Schauspiel. Weder von unten noch von oben ist nicht ersichtlich, dass gleich hinter der obersten Kuppe, wo der Bach die ersten rund 100 Meter in die Tiefe stürzt, das Wasser turbiniert wird. Bereits 1934 wurde das erste Kraftwerk in Betrieb genommen, um die Alpen und das Hotel auf der Engstligenalp und später die Luftseilbahnmit Strom zu versorgen. Samuel Moser, Verwaltungsratder Bergbahnen Engstligenalp AG, führt aus: „Damals wurde die Anlage aber mit dem Ziel gebaut, die Strombezüger auf der Engstligenalp das ganze Jahr über mit Strom zu versorgen und nicht möglichst viel Strom zu produzieren.“

Einbezug aller Interessengruppen

In den 60-er Jahren wurde die Anlage erstmals saniert und die Wasserfassung erweitert. Am Ziel, die Engstligenalp mit Strom zu versorgen, wurde nicht gerüttelt. „2003 machten wir uns dann erstmals Gedanken über eine Sanierung“, erinnert sich Samuel Moser, „denn ein grosses Stück Fels direkt oberhalb des 70-kW-Kraftwerks wurde instabil, und wir mussten mittelfristig mit einem Abbruch rechnen. Auch lief die Konzession 2013 aus.“ Die Planung wurde aber erst 2008 in die Wege geleitet. Eine Studie, die in Auftrag gegeben wurde, zeigte, dass trotz einer Verzehnfachung der installierten Leistung besonders im Winter eine höhere Restwassermenge erreicht würde. Samuel Moser weiss: „Dank dem frühzeitigen Einbezug der Interessengruppen und der Umweltverbände, deren Anliegen auch ins Projekt einbezogen wurden, konnten wir bereits im Juni 2010, rund ein Jahr nach Eingabe des Baugesuchs, mit den Arbeiten beginnen.“ Das ist beachtlich, denn die Engstligenalp ist im Bundesinventar der Landschaften und Naturdenkmäler von nationaler Bedeutung BLN gelistet.

Die Hydro-Solar AG, ein Klein- und Wasserkraftspezialist aus Niederdorf, der auch die ganze Fachplanung geleistet hatte, wurde als Generalunternehmen mit dem Bau der Anlage beauftragt. Das gesamte alte Kraftwerk inklusive Druckleitung wurde demontiert. Leif Karcheter, Projektleiter bei Hydro-Solar: „Die war zum Teil sichtbar, bei der neuen Anlage musste die rund 400 Meter lange Druckleitung jedoch komplett unter Boden verlegt werden.“ Das Stauwehr der alten Anlage indes konnte für die neue Anlage gebraucht werden. Da das neue Kraftwerk aufgrund der Felssturzgefahr weiter unten geplant wurde, konnte die Bruttofallhöhe von 40 auf 57.7 Meter erhöht werden. Genutzt wird eine maximale Wassermenge von 1,35 m3/s.

Auf Spitzenlast ausgelegt

Die Ausbauwassermenge des neuen Kraftwerks, sprich die genutzte Wassermenge, wurde deutlich erhöht, um die während der Schneeschmelze hohen Abflüsse turbinieren zu können. Dadurch werden 60% der Jahreserträge in der Zeit von Mitte Mai bis August erzeugt. Einen Löwenanteil daran trägt das Schmelzwasser bei. Im Hochsommer kommt noch etwas Schmelzwasser vom Wildstrubelgletscher hinzu, von dem wegen der Klimaerwärmung nicht mehr viel übrig bleibt. Samuel Moser führt aus: „Wir gehen davon aus, dass im Winter aufgrund der Restwasservereinbarung von 74 Liter pro Sekunde das Werk während rund zwei Monaten ausser Betrieb sein wird, eine ökologische Verbesserung gegenüber dem alten Werk.“ Das abgestufte Restwassermanagement verlangt je nach Vortageswasserverlauf eine maximale Restwassermenge von 350 Liter pro Sekunde.

Sei
lbahn statt 1200 Helikopterflüge
Rund 1200 Helikopterflüge waren für den Bau geplant, doch dann hatten Bauplaner eine geniale Idee: Den Bau einer Bauseilbahn, im Hochgebirge eine gängige Alternative zum Helikopter. Leif Karcheter: „Damit konnten wir erstens schwerere Lasten transportieren und waren gegenüber den Helikopterflügen wetterunabhängiger.“ Und die Laufkatze mit Seilzug diente gleichzeitig als Baustellenkran. Die Voraussetzungen für den Kraftwerksbau waren auch für den Wasserkraftspezialisten speziell: „Da war einerseits die exponierte Lage auf rund 2000 Meter über Meer, dann der Bau im Naturschutzgebiet, der ein besonders schonendes Vorgehen erforderte, und die kurze schneefreie Periode.“ Die ferngesteuerte Bauseilbahn mit nur zwei Masten auf der Engstligenalp und einer direkten Verankerung im Talboden kam den Bauarbeiten doch sehr entgegen. Leif Karcheter erklärt: „Wir konnten bis zu fünf Tonnen laden, da wäre der Helikopter an seine Grenzen gestossen. Anstelle eines getriebegekoppelten Generators konnten wir zum Beispiel das schwere Modell eines direkt gekoppelten Generators ins Kraftwerk einbauen, der erst noch den besseren Wirkungsgrad aufweist!“

Zwei Millionen Kilowattstunden Strom

Dank des milden Winters konnte bereits im April 2011 die Durchströmturbine der Marke Ossberger in Betrieb genommen werden. „Zwar fehlte uns aufgrund des schneearmen Winters viel Schmelzwasser“, erklärt Leif Karcheter, „aber wir sind zuversichtlich, dass wir trotzdem im ersten Betriebsjahr die durchschnittlich prognostizierten zwei Millionen Kilowattstunden Strom produzieren können.“ Das ist rund fünfmal mehr als mit dem alten Kraftwerk.

Bei einem Spaziergang auf der Engstligenalp ist ein halbes Jahr nach Inbetriebnahme kaum mehr etwas von den Bauarbeiten zu sehen, obwohl das Verlegen der neuen Druckleitung erhebliche Sprengungen erfordert hat. Mit Kies von der Engstligenalp wurde ein Kiesbett gebaut, auf das die Leitung zu liegen kam. Nur gerade das Gebäude der Rechenreinigungsanlage ist noch sichtbar, die unterirdische Zentrale ist weder von der Bergstation noch von unten her einsehbar. Die Gesamtkosten der neuen Kraftwerksanlage betragen rund 2,5 Mio. Franken. Die Alternative Bank Schweiz konnte dank der nachhaltigen Bauweise und der KEV Entschädigung für die Finanzierung gewonnen werden.

Verträglichkeit mit der Natur, der Alpkultur und de
m Tourismus
„Der Kraftwerksumbau“, erklärt Samuel Moser, Verwaltungsrat der Bergbahnen Engstligenalp AG, „stand von Beginn weg unter dem Zeichen der Verträglichkeit mit der Natur, der Alpkultur und dem Tourismus. Die zustimmenden Stellungnahmen der involvierten Organisationen bestätigten im Bewilligungsverfahren, dass das Projekt die hohen Ansprüche erfüllen würde; heute wird das Kraftwerk unter Fachleuten bereits als Beispiel für einen gelungenen Prozess und für höchste Nachhaltigkeit aufgeführt“, so Samuel Moser weiter. Die Engstligenalp Bahnen führen auf Anfrage Führungen für Fachleute durch.

Technische Kennzahlen

Neues Krafwerk

Altes Kraftwerk

Wassermenge

1350 l/s

175 l/s

Bruttofallhöhe

57,7 m

40 m

Maximale Leistung

600 kW

60 kW

Jahresproduktion

2‘000‘000 kWh

450‘000 kWh

Turbinentyp

Durchströmturbine Marke Ossberger (3-stufig

Francis Spiralturbine

Fläche Wassereinzugsgebiet

14,4 km2

14,4 km2

Mittlere Höhe Einzugsgebiet

2300 m ü. M.

2300 m ü. M.

Wasserentnahme

1926,64 m ü. M.

1926,64 m ü. M.

©Text und Bilder: Anita Niederhäusern, leitende Redaktorin ee-news.ch

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