Der bestimmende Faktor bleibt die „Geschäftspolitik“ der Netzbetreiber, beziehungsweise deren Besitzer. Diese erstreckt sich von der Orientierung am gesetzlichen Minimum bis zu einer klaren Förderpolitik. Entsprechend sind die Unterschiede der Vergütungen von einen Netzbetreiber zum anderen sehr gross. Bei den untersuchten 30 grössten Netzbetreibern variiert die Vergütung 2020 zwischen 6.2 und 13.0 Rp/kWh. Entsprechend können PV-Anlagen in gewissen Regionen auch mit mittlerem und geringem Eigenverbrauch wirtschaftlich betrieben werden, in anderen jedoch nicht.
Druck auf Netzbetreiber steigt
Das Klimajahr 2019 hat mit Sicherheit auch in der Vergütungslandschaft der Schweizer Netzbetreiber seine Spuren hinterlassen. Verschiedene Publikationen zeigten 2019 erneut auf, dass für eine CO2- und kernenergiefreie Schweiz sehr viel zusätzliche erneuerbare Elektrizität erforderlich sein wird. Dabei ist die Photovoltaik die einzige Erzeugungsart welche ein realistisches Potenzial hat, diese Energiemengen im Land selbst zu erzeugen. Anders als im Energiegesetz, wo von einem Ausbau zu 11.4 TWh die Rede ist, gehen die neuen Studien eher von 30 bis 50 TWh PV-Energie aus. Nachdem der Ausbau der Photovoltaik in der Öffentlichkeit vermehrte Unterstützung geniesst, erhöhte sich auch der Druck auf Netzbetreiber, welche bisher möglichst geringe Vergütungen für den eingespeisten Solarstrom bezahlten.
Wichtige gesetzliche Verbesserung
Auch bei den gesetzlichen Rahmenbedingungen ist 2019 eine wichtige Änderung erfolgt: Nachdem in der Vergangenheit die EICom die Rechtmässigkeit von hohen Vergütungen in Frage gestellt hat, so hat das Parlament diesen Rahmen nun "nach oben" geöffnet: gemäss dem neuen Bundesgesetz über den Um- und Ausbau der Stromnetze, welches am 1.6.2019 in Kraft trat, dürfen die Netzbetreiber die Kosten der Produktion erneuerbarer Energien auf ihre gebundenen Kunden überwälzen. Dies zwar nicht in beliebiger Höhe, aber im Bereich der realen Kosten einer effizienten Anlage. Zum Beispiel hat das EKZ, welche bisher nur geringe Vergütungen gewährte, diese neue Möglichkeit als Anlass genommen, eine recht spektakuläre Verbesserung der Vergütungen umzusetzen.
4 Netzbetreiber senken die Vergütung – 11 erhöhen sie
Innerhalb dieser offenen Rahmenbedingungen haben sich die Vergütungen der Netzbetreiber auch von 2019 auf 2020 von Fall zu Fall unterschiedlich entwickelt. Von den untersuchten 30 Netzbetreibern senkten vier die Vergütung, und elf erhöhten sie. Im Mittel resultierte aus diesen Bewegungen eine Erhöhung von 4% auf neu 9.1 Rp/kWh. Dieser Wert bezieht sich auf den mit der Bevölkerung gewichteten Mittelwert für eine 10 kWp PV-Anlage. Interessant ist, dass alle drei 2019 noch am schlechtesten rangierten Unternehmen ihre Vergütungen angehoben haben, so dass der tiefste Wert nun bei 6.2 Rp/kWh liegt. Dieser Tiefstwert lag 2017 noch 4 Rp/kWh.
Bei den Verteilern, welche die Vergütungen anhoben, taten dies meistens bei den Vergütungen der Energie und nicht bei den Herkunftsnachweises HKN. Die Unternehmen begründen somit ihre Erhöhungen nicht mit einer gewollten Förderung der Energie aus PV-Anlagen in ihrem Netzgebiet, sondern mit Veränderungen am Strommarkt. Dieser hatte nach einer fast zehnjährigen Phase der Baisse von 2016 bis 2018 stark angezogen. Entsprechend wurde dieser Preisanstieg am Strommarkt jetzt per 2020 auch an die Anlagenbetreiber weitergegeben.
Marktpreis der PV-Einspeisung sank von 5.78 auf 4.16 Rp/kWh
Genau diese Kopplung der Vergütungen an den Schweizer und somit an den europäischen Strommarkt birgt aber eine neue Gefahr für die Vergütungen: von 2018 auf 2019 sind die Preise am Strommarkt schon wieder eingebrochen: der vom BFE publizierte Marktpreis der PV-Einspeisung ging von 5.78 (2018) auf 4.16 Rp/kWh (2019). Da viele Verteiler die Vergütungen für 2020 schon im Sommer 2019 festlegt haben, wurden diese erneute Baisse noch nicht in die Vergütungen berücksichtigt. Doch es ist zu befürchten, dass für 2021 erneut grosser Druck entsteht, die Vergütungen zu senken. Es sei denn, die Preise ziehen im laufenden Jahr wieder an.
Wir brauchen dringend viel mehr Photovoltaik
«Alle sind sich unterdessen eigentlich einig, dass wir ab sofort viel mehr Photovoltaikzubau brauchen, um die Schweiz zu dekarbonisieren. Aber wie sollen positive Investitionsentscheide fallen, wenn vielleicht schon nächstes Jahr die Vergütungen wieder auf breiter Front zurückgehen?», fragt Diego Fischer, Projektverantwortlicher für pvtarif.ch und Mitglied des Vorstandes von VESE: «Weil das Einkommen aus dem Verkauf der Energie am Netz mit einem zu hohen Preisrisiko behaftet ist, werden heute Anlagen einzig auf Eigenverbrauch ausgelegt.» Diese Optimierung sei jedoch volkswirtschaftlich unsinnig, denn dadurch komme der PV-Ausbau letztlich teurer zu stehen. «Die reine Orientierung am Eigenverbrauch ist nur ein Hilfskonstrukt, welches das Parlament 2016 gefunden hat. Notwendig für die Energiewende sind ebenfalls reine Produktionsanlagen, welche mit keinem oder sehr geringem Eigenverbrauch preiswert grosse Mengen PV bereitstellen können», so Fischer. Das neue Parlament sei nun gefordert, baldmöglichst die richtigen Weichen zu stellen, damit Investoren Investitionssicherheit bekommen. «Und zwar in der ganzen Schweiz, und nicht nur da, wo zufälligerweise fortschrittliche Netzbetreiber am Werk sind», fordert Fischer. Diese Sicherheit ist nur gegeben, wenn auch mittelfristig stabile Vergütungen im Bereich von 10 bis 12 Rp/kWh gezahlt werden.
pvtarif.ch >>
Text: VESE – Verband unabhängiger Energieerzeuger – eine Fachgruppe der SSES
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