Die Rotorblätter sind mit einer Biege-Torsionskopplung konstruiert und können sich an hohe Windlasten anpassen. ©Bild: Lee Jay Fingersh, NREL 2343

SmartBlades2: Feldmesskampagne an Windkraftanlage in Colorado startet

(DLR/IWES) Drei innovative, 20 Meter lange Rotorblätter des SmartBlades2-Projekts werden in den kommenden vier Monaten in Boulder, Colorado (USA), bei Wind und Wetter untersucht. Die Messkampagne soll unter anderem klären, wie gut die mit einer Biege-Torsionskopplung konstruierten Rotorblätter in der Lage sind, Spitzenlasten bei stark wechselhafter Windstärke effektiv zu reduzieren. Die Messergebnisse dienen als Grundlage für die Weiterentwicklung von intelligenten Rotorblättern.


Dafür wurden die vom Fraunhofer-Institut für Windenergiesysteme (IWES) entworfenen und vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) gebauten Rotorblätter erfolgreich an einer Testanlage des US-Forschungsinstitutes National Renewable Energy Laboratory (NREL) des Amerikanischen Energieministeriums (DOE) im National Wind Technology Center (NWTC) installiert.

Längere Lebensdauer, höhere Erträge
Mit einer Biege-Torsionskopplung ausgestattete Rotorblätter können sich selbstständig an die Windverhältnisse anpassen: Bei höheren Windgeschwindigkeiten verwindet sich das Rotorblatt und bietet dem Wind somit weniger Angriffsfläche. Dadurch werden die Belastungen auf die Anlage reduziert und die Lebensdauer der Rotorblätter erhöht. Um das aeroelastische Verhalten der neu entwickelten Blätter in der Messkampagne vollständig zu erfassen, wurde bereits bei der Fertigung im DLR-Zentrum für Leichtbauproduktionstechnologie (ZLP) in Stade von den Partnern speziell entwickelte Messtechnik in die Blätter integriert (Zeitraffersequenz vom Aufbau der Windkraftanlage in Colorado).

Erste Bewährungsprobe bei Wind und Wetter
"Diese Messkampagne ist die erste Bewährungsprobe für unsere Entwicklungen. Wir sind sehr gespannt, wie sich unsere Rotorblätter in diesem Freifeldtest verhalten werden", sagt SmartBlades2-Projektmanagerin Zhuzhell Montano Rejas, vom DLR-Institut für Faserverbundleichtbau und Adaptronik. Die dabei gewonnenen Erkenntnisse sollen in die Verbesserung von Simulationsmodellen für Windenergieanlagen der nächsten Generation eingehen. Die Federführung der Messkampagne liegt beim Fraunhofer IWES: "Um die Verformungen, Beschleunigungen und Beanspruchungen der Blätter zu erfassen, setzen wir mehrere Messsysteme ein, welche Messungen über die gesamte Blattlänge erlauben. Die Umströmung der Rotorblätter an der Oberfläche wird mit einem aerodynamischen Messsystem erfasst", berichtet der Leiter der Messkampagne Dr. Christian Kress vom IWES. Im Inneren der Rotorblätter messen unterschiedliche Systeme vom DLR, IWES und SSB Wind Systems, wie stark sich die Blätter bei Windlast verbiegen und verwinden. Auch die von NREL zur Verfügung gestellte Testturbine ist mit umfangreicher Messtechnik ausgestattet.

300 Punkten pro Sekunde messen
Die Messergebnisse werden mit Daten zu den Windverhältnissen korreliert, die NREL-Systeme und ein SpinnerLIDAR (LIght Detection And Ranging)-Messgerät des Zentrums für Windenergieforschung (ForWind) der Universität Oldenburg erfassen. Mit einem Laser scannt das SpinnerLIDAR einen Ausschnitt des Windfelds vor oder hinter der Testanlage. "In diesem Ausschnitt kann das SpinnerLIDAR jede Sekunde an über 300 Punkten messen", sagt ForWind-Wissenschaftler Prof. Dr. Martin Kühn. "So können wir sowohl die Windgeschwindigkeiten, die Windrichtungen, die vertikalen Windscherungen als auch die lokalen Turbulenzen erfassen und das in einer so hohen räumlichen Auflösung, wie es mit herkömmlichen Lidar-Messgeräten nicht möglich ist."

Von sehr niedrigen bis zu sehr hohen und böigen Windgeschwindigkeiten
Der Abgleich des von den Sensoren gemessenen Strukturverhaltens mit den Winddaten wird zeigen, ob die entwickelten Rotorblätter das gewünschte Verhalten aufweisen. Zu Anfang der Messkampagne wird das einströmende Windfeld gemessen, am Ende die Nachlaufströmung hinter der Windenergieanlage, um den Einfluss der Anlage auf die Strömung besser verstehen zu können. Bei der dreiblättrigen Controls Advanced Research Turbine (CART3) von NREL, anders als bei einer für die kommerzielle Stromerzeugung genutzten Anlage, können die Wissenschaftler verschiedene Untersuchungsszenarien, wie zum Beispiel abrupte Abbremsvorgänge des Rotors, durchführen. Die Windbedingungen am Standort am Rande der Rocky Mountains reichen im Winter von sehr niedrigen bis zu sehr hohen und böigen Windgeschwindigkeiten. So können die Forscher die SmartBlades2-Rotorblätter unter vielfältigen Umgebungsbedingungen erproben. "Wir freuen uns, die neuen Rotorblätter an unserer Forschungsturbine am NWTC validieren zu können. Auch wir sind sehr daran interessiert herauszufinden, wie sich diese mit Biege-Torsionskopplung ausgelegten Rotorblätter in der Praxis unter realen Bedingungen verhalten", sagt Andrew Scholbrock, der bei NREL für die SmartBlades2-Messkampagne verantwortlich ist.

Durch die Messkampagne erwarten die Partner des Projektes SmartBlades2 aussagekräftige Ergebnisse zum Verhalten der neuen Rotorblätter. Die Validierungsaufgaben beginnen mit der Datenauswertung bereits während der Messungen und werden bis zum Projektende im Herbst 2019 fortgeführt. Das Projekt unterstützt die Industrie bei der Weiterentwicklung von Rotorblättern mit Biege-Torsionskopplung und soll den Weg für die Einführung dieser Technologie ebnen.

Das Projekt SmartBlades2 wird vom deutschen Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) gefördert und vom deutschen Forschungsverbund Windenergie mit den Partnern DLR, IWES und ForWind sowie den Industriepartnern GE, Henkel, Nordex Acciona, SSB Wind Systems, Suzlon, Senvion und WRD Wobben Research and Development durchgeführt.

Text: Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR)

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