An der HSR ist im Studiengang erneuerbare Energien und Umwelttechnik ein Teststand mit einer vertikalachsigen Windturbine aufgebaut worden. Bild: HSR

Strömungssimulation der vertikalachsigen Windturbine. Bild: HSR

Der Erntefaktoren unterschiedlicher Energiequellen. Grafik: SATW

Kleine vertikalachsige Windturbine für den Unterricht an der HSR. Bild: HSR

Energieforschung an der HSR: Baut Bereich Windenergietrotz schlechten Branchenaussichteten in der Schweiz aus

(HSR) Obwohl die Energiewende ohne Windenergie nicht möglich ist, passiert in der Schweiz in diesem Bereich sehr wenig. Der Studiengang EEU und das Institut für Energietechnik an der HSR sind jetzt dabei, die Aktivitäten im Bereich Windenergie auszubauen. Durch Unterricht, internationalen Austausch und Forschungsprojekte setzen wir uns dafür ein, dass diese erneuerbare Naturressource der Schweiz nicht ungenützt bleibt.


Das Institut für Energietechnik (IET) an der HSR beschäftigt sich seit einigen Jahren immer intensiver mit dem Wind. Der Grund dafür ist einfach: Windenergie ist heute nach der Wasserkraft die weltweit wichtigste Quelle erneuerbarer Energie und ein unverzichtbares Element der Energiewende. In Europa haben die Windturbinen sogar die Wasserkraft inzwischen überholt. Auch wenn die Photovoltaik sich schnell entwickelt und wohl künftig den grössten Teil der Energie liefern wird, werden Windturbinen immer eine wesentliche Komponente der Energieversorgung darstellen. 

An 2. Stelle hinter Wasserkraft
Die Windkraft ist aus verschiedenen Gründen sehr attraktiv. Zum einen stellt sie im Moment die umweltfreundlichste aller neuen erneuerbaren Energien dar. Gemäss einem kürzlich erschienenen Bericht der Schweizerischen Akademie der Technischen Wissenschaften (SATW) zur Energiebilanz verschiedener Energieträger, sind die totalen Emissionen einer Windkraftanlage immer noch deutlich tiefer als die einer Solaranlage (siehe Grafik links oben). Wasserkraft ist die einzige Energiequelle, die noch besser abschneidet. (Siehe auch ee-news.ch vom 5.4.18 >>) Zum anderen ergänzen sich Wind und Sonne hervorragend, da Wind vor allem im Winter und auch in der Nacht vorhanden ist. Die Kombination aus Sonne und Wind führt somit zu einer drastischen Reduktion des Speicherbedarfes.

Es gibt in der Schweiz viele gute Standorte für Windenergieanlagen, die im Konzept Windenergie 2017 des Bundesamts für Energie identifiziert wurden (siehe ee-news.ch vom 28.6.17 >>). Wenn Windturbinen dort aufgestellt werden, entstehen viele Arbeitsplätze und die Wertschöpfung bleibt in der Schweiz. Der Wind ist sowieso gratis. Die Energiestrategie des Bundes beinhaltet ein Ziel von 4.3 TWh Windstrom pro Jahr, was der Leistung von mehr als 1’000 grossen Windturbinen entspricht [7]. Wenn diese in den nächsten 30 Jahren gebaut werden sollen, müssen wir langsam anfangen.

Rückstand Schweiz schwer zu erklären
Leider tut sich in der Schweiz, im Vergleich zu anderen europäischen Ländern, noch wenig im Bereich Windenergie. Der Grund dafür ist rein politisch und nur schwer zu erklären. Der Vorteil dabei ist aber, dass die Schweiz optimal von Forschung und technischer Entwicklung in den Nachbarländern profitieren kann. Dies gilt auch für die negativen Auswirkungen der Windturbinen auf die Umwelt. Tatsächlich werden gelegentlich Vögel und Fledermäuse von Windturbinen getötet, was ein ernstzunehmendes Problem ist. Viele Studien kommen aber zum Schluss, dass die Windturbinen -- im Unterschied zum Insektensterben, zur Zersiedelung der Landschaft und zur Klimaerwärmung -- keine gravierende Bedrohung für Mensch und Tier darstellen. In Dänemark wurde im Jahr 2017 44% des Stromes durch Windkraftanlagen erzeugt und die Dänen behaupten immer noch, Sie seien das glücklichste Volk der Welt. 

Windenergie im Unterricht
Die Windenergie eignet sich hervorragend für den Unterricht, da sie viele Aspekte des Ingenieursstudiums vereint. Für die Entwicklung einer Windturbine ist Wissen aus den Fachgebieten Konstruktion, Maschinenbau, Werkstofftechnik, Aerodynamik und Elektrotechnik erforderlich. Diese Kompetenzen sind alle an der HSR vorhanden und Teil des Lernstoffes in den technischen Studiengängen.

An der HSR ist im Studiengang Erneuerbare Energien und Umwelttechnik ein Teststand mit einer vertikalachsigen Windturbine aufgebaut worden (siehe Bild oben rechts). Diese Anlage ist das Ergebnis mehrerer Studienarbeiten, in denen die Studierenden ihre Fähigkeiten unter Beweis stellen konnten. Die Blätter der Turbine können mit einem 3D-Drucker hergestellt werden und das Drehmoment der Turbine wird mit einer zeitlichen Auflösung von 0.5 ms gemessen. So kann nicht nur die gemittelte Leistung der Turbine gemessen werden, sondern auch der Beitrag der einzelnen Blätter zum Drehmoment.

Diese Windturbine kann auch mit numerischen Strömungssimulationen modelliert werden. Da solche Simulationen sehr aufwendig sind, kommt dafür der neue Rechencluster der HSR zum Einsatz. Die Simulationen erlauben uns, die Umströmung der Blätter und der Streben im Detail zu verstehen, was bei der Optimierung der Turbine sehr nützlich ist (siehe Bild oben links). Ähnliche Simulationen, aber in viel grösserem Massstab, haben wir für die Firma Agile Wind Power durchgeführt. Im Bereich Windenergie kann die Schweiz viel von anderen Ländern lernen. Dies gilt auch für unsere Studierenden und wir sind deshalb dabei, Austauschprogramme mit Hochschulen im Ausland aufzubauen. 

Windenergie in der Forschung
Obwohl Windenergie inzwischen eine ausgereifte Technologie ist, so dass Windparks auch ohne Subventionen gebaut werden können, gibt es noch viele spannende Herausforderungen für die Forschung. Um die Kosten pro kWh zu senken, hat die Industrie immer grössere Turbinen entwickelt. Vor kurzem hat die Firma GE eine neue Turbine für den Offshore-Sektor mit 107 m langen Blättern und einer Leistung von 12 MW auf den Markt gebracht (siehe ee-news.ch vom 6.3.18 >>). Die Frage, wie lange diese Entwicklung weitergehen kann, ist durchaus berechtigt. Vielleicht gibt es andere Möglichkeiten, die Kosten zu senken. Eine Option, welche von Agile Wind Power oder von SeaTwirl wird, ist der Bau vertikalachsiger Windturbinen, welche für gewisse Anwendungen kostengünstiger sein könnten. 

Weitere Forschungsthemen haben mit der Digitalisierung zu tun. Moderne Windturbinen sind grosse komplexe Anlagen, welche unter extrem wechselhaften Betriebsbedingungen funktionieren müssen. Die Überwachung dieser Anlagen wird mit Hilfe von Sensoren gewährleistet, welche permanent Daten an den Betreiber übertragen. Nur durch intelligente Auswertung dieser Daten wird es möglich, potentielle Probleme vorherzusagen und die teuren Wartungsarbeiten optimal zu planen, am besten, wenn der Wind sowieso nicht weht.

Die Zukunft kommt sowieso
Die Welt steht vor einer Energierevolution, egal ob dies uns gefällt oder nicht. Die Energie der Zukunft wird erneuerbar sein und die Nutzung fossiler Brennstoffe wird aufhören. In dieser Veränderung steckt auch eine Chance, welche wir an der HSR unbedingt packen wollen.

Text: Institut für Energietechnik (IET) Hochschule Rapperswil (HSR)

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