Mit dem Rettungsschirm für systemkritische Stromunternehmen will der Bundesrat dieses Worst-Case-Szenario eines Blackouts verhindern. Das Gesetz ist auf Ende 2026 befristet. Danach soll es von anderen Regeln abgelöst werden. Bild: T. Rütti

Energieversorger: Worst-Case-Szenario verhindern - Bundesrat verabschiedet Botschaft zum Rettungsschirm für Strombranche

An seiner Sitzung vom 18. Mai 2022 hat der Bundesrat die Botschaft für ein dringliches Bundesgesetz über subsidiäre Finanzhilfen für Stromunternehmen an das Parlament überwiesen. Systemkritische Schweizer Stromunternehmen sollen im Fall von aussergewöhnlichen Marktentwicklungen beim Bund Darlehen zur Überbrückung von Liquiditätsengpässen beziehen können. Der Bundesrat will mit seinem Vorgehen, dass das Parlament rechtzeitig einbezogen und Notrecht vermieden werden kann. (Texte en français >>)


Auf den europäischen Energiemärkten ist es in den vergangenen Monaten zu starken Preisaufschlägen gekommen, die sich mit dem Krieg verschärft haben. Obwohl die Schweizer Stromunternehmen gut aufgestellt sind, kann es in dieser Situation im schlimmsten Fall zu einer unkontrollierbaren Kettenreaktion kommen, welche die Liquidität eines systemkritischen Stromkonzerns und damit auch die Schweizer Stromversorgung gefährden könnte. Grund dafür sind die Regeln des Strommarktes, die verlangen, dass die Stromhandelsgeschäfte mit Sicherheiten hinterlegt werden – der Bedarf an Sicherheiten nimmt mit steigenden Strompreisen vorübergehend rasch zu.

Worst-Case-Szenario verhindern
Die Folgen eines längeren Blackouts wären verheerend. Mit dem Rettungsschirm für systemkritische Stromunternehmen will der Bundesrat dieses Worst-Case-Szenario verhindern. Die Rückmeldungen aus der Vernehmlassung zeigen, dass die Mehrheit Handlungsbedarf sieht, bei der Ausgestaltung der Vorlage aber verschiedene Änderungen möchte. In der Botschaft an das Parlament hat der Bundesrat verschiedene Kritikpunkte berücksichtigt und den Gesetzesentwurf entsprechend angepasst.

Ausgestaltung des Rettungsschirms

  • Die Finanzhilfe des Bundes erfolgt subsidiär: Die dem Rettungsschirm unterstellten Unternehmen müssen gemeinsam mit ihren Fremdkapitalgeberinnen (Banken, Obligationäre, etc.) und ihren Eigentümerinnen (Kantone, Gemeinden, Private) laufend alle notwendigen Vorkehrungen treffen, um die Liquidität des Unternehmens zu sichern.

  • Der Bundesrat ist bereit, Darlehen von bis zu 10 Milliarden bereitzustellen, um systemkritischen Stromunternehmen in ausserordentlichen Marktsituationen temporäre Liquiditätsunterstützung zu gewähren. Im Gegenzug für die Darlehen unterliegen die Unternehmen bestimmten Auskunftspflichten, die im Vergleich zur Vernehmlassungsvorlage gelockert wurden.

  • Die unterstellten Unternehmen bezahlen eine jährliche Bereitstellungspauschale, um die Kosten für die Bereitstellung der temporären Liquiditätsunterstützung durch den Bund mindestens teilweise zu decken.

  • Die Darlehen werden marktgerecht verzinst. Der Bund erhebt einen Risikozuschlag, der je nach Risiko zwischen 4 und 10 Prozent beträgt. Mit diesem namhaften Zuschlag wird sichergestellt, dass Fehlanreize verhindert werden und die Unternehmen alles unternehmen, um sich bei ihren Eigentümerinnen und Banken zu finanzieren und nur im äussersten Notfall Bundesdarlehen beanspruchen.

  • Die Kantone erstatten dem Bund die Hälfte allfälliger Verluste auf Darlehen. Im Gegenzug werden die Kantone zu 50 Prozent an den Einnahmen aus dem Risikozuschlag beteiligt.

  • Auf die Forderung, den Rettungsschirm für alle Unternehmen zu öffnen, kann der Bundesrat nicht eingehen. Dadurch würde faktisch eine staatliche Förderbank für die Energiebranche geschaffen. Für die Stützung nicht systemkritischer Unternehmen sind auch weiterhin die jeweiligen Eigner verantwortlich.

  • Eine rein freiwillige Unterstellung der systemkritischen Unternehmen ist für den Bundesrat kein gangbarer Weg, weil es Situationen geben kann, in denen systemkritische Unternehmen die nötige Liquidität innert der notwendigen Frist nicht mehr selbst aufbringen können und deren Konkurs zu Kettenreaktionen bis hin zu einem Systemkollaps führen könnte, welche die Stromversorgung in der Schweiz gefährden würde. Der Bundesrat schlägt neu aber vor, dass ein systemkritisches Unternehmen vom Anwendungsbereich des Gesetzes weitestgehend ausgenommen werden kann, wenn es auf eine kantonale Liquiditätsunterstützung zählen kann, die mit der Bundesregelung gleichwertig ist.

Das Gesetz ist auf Ende 2026 befristet. Danach soll es von anderen Regeln abgelöst werden. Dazu gehören Vorschriften, die dafür sorgen, dass wichtige Funktionen wie die Stromproduktion jederzeit weiterbetrieben werden können (Business Continuity Management), ein Gesetz zur Integrität und Transparenz des Grosshandels von Strom und Gas sowie allfällige Vorgaben zur Liquidität und Kapitalausstattung.

Dem Bundesrat ist es wichtig, dass das Parlament rechtzeitig einbezogen wird. In der Corona-Pandemie wünschte das Parlament ausdrücklich, dass der Bundesrat soweit als möglich auf Notverordnungen verzichtet und den ordentlichen Gesetzgebungsweg geht. Mit der Überweisung des dringlichen Bundesgesetzes entspricht der Bundesrat diesem Anliegen.

Text: Der Bundesrat

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