Kleine Wasserkraftwerke sind ein kostengünstiger und verlässlicher Energieträge. In Summe würde ein Verzicht auf kleine Wasserkraftanlagen Mehrkosten von etwa einer Milliarde Euro erzeugen. ©Bild: Bergische Universität Wuppertal

Kleine Wasserkraft: Spart in Deutschland eine Milliarde Euro beim Netzausbau und stabilisiert Netzbetrieb - die 8 wichtigsten Erkenntnise

(ee-news.ch) Durch einen geringeren Netzausbau und einen stabilen Netzbetrieb reduziert der Bestand der kleinen Wasserkraftanlagen die Netzausbaukosten in Deutschland um rund eine Milliarde Euro gegenüber einem Szenario ohne diese Anlagen. Das ist das zentrale Ergebnis einer Kurzstudie der Bergischen Universität Wuppertal.


In einem Szenarienvergleich zeigt die Studie, dass die Netzausbaukosten ohne kleine Wasserkraftanlagen um 750 Millionen steigen können und weitere Netzdienstleistungen im Wert von 250 Millionen Euro verloren gehen. „Damit die kleine Wasserkraft diese Vorteile ausspielen kann, sollte die deutsche Bundesregierung in dieser Legislaturperiode Rahmenbedingungen schaffen, die den Erhalt und den Ausbau der kleinen Wasserkraft sichern“, forderte Hans-Peter Lang, Präsident des Bundesverbandes Deutscher Wasserkraftwerke (BDW), anlässlich der Veröffentlichung eines Gutachtens.

Wirtschaftlichkeitsgebot beachten
„So reduzieren zum Beispiel die über 7000 Wasserkraftwerke in Deutschland wegen ihrer Nähe zu den Stromverbrauchern die Netzverluste erheblich. Sie erzeugen den Strom konstant und meistens dort, wo er gebraucht wird. Wasserkraftstrom muss daher nicht über lange Distanzen über die Netze transportiert werden“, sagte Lang. Die derzeitigen ökologischen Auflagen, wie Fischaufstiege und -abstiege sind zwar technisch umsetzbar, untergraben aber die Wirtschaftlichkeit der Anlagen. Daher empfiehlt der BDW der deutschen Bundesregierung, die Finanzierungsgrundlage für die Wasserkraft zu verbessern. Lang: „Ein Wasserkraftbetreiber, der seine Anlage ökologisch modernisiert, erfüllt auch eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Deshalb sollte die Bundesregierung über ein Bundesförderprogramm die ökologische Modernisierung unterstützen.“ An die Bundesländer gerichtet, empfiehlt Lang: „Bei den Genehmigungsverfahren muss zudem das Wirtschaftlichkeitsgebot beachtet werden.“ Dazu gehörten längere Umsetzungsfristen, angepasste Anforderungen bei Restwasser und Durchgängigkeit sowie straffere und kürzere Genehmigungsverfahren.


Zusammenfassung der wesentlichen Erkenntnisse der Studie ‚Netztechnischer Beitrag von kleinen Wasserkraftwerken zu einer sicheren und kostengünstigen Stromversorgung in Deutschland‘

Erkenntnis 1: Die verlässlichen Wasserkraftwerke sind eine wichtige Säule der Energiewende
Die Wasserkraft leistet als schwankungsarme regenerative Energiequelle mit ihrem flächendeckenden Einsatz einen erheblichen Beitrag zur emissionsarmen deutschen Stromversorgung und wird bei fortschreitender Energiewende noch weiter an Bedeutung gewinnen. Insbesondere die geforderte „stetige Stromversorgung auch durch regenerative Energien“ wird zu einem guten Teil durch Wasserkraftwerke realisiert. Auf Grund der rechtlichen/ökologischen Herausforderungen bei der Erschliessung neuer Wasserkraftwerke, sollten bestehende Kapazitäten –jeglicher Anlagengrösse –deswegen unbedingt erhalten und effizient genutzt werden.

Erkenntnis 2: Kleine Wasserkraftwerke reduzieren den Netzausbaubedarf im Verteilnetz erheblich
Kleinere Wasserkraftwerke sind wegen ihres netzdienlichen Verhaltens von grosser Bedeutung für die deutsche Stromversorgung, da sie ihre Leistung stetig und mit hohen Volllastnutzungsstunden einspeisen, ohne Netzüberlastungen zu verursachen. Dies reduziert den Netzausbaubedarf der Verteilnetze erheblich. Auch deshalb ist es wichtig, die bestehenden Kapazitäten der kleinen Wasserkraft zu erhalten sowie ihren wirtschaftlichen Betrieb zu gewährleisten. Würde das nicht gelingen, müsste die durch kleine Wasserkraftwerke (< 1MW)bereitgestellte Energiemenge durch Windkraft-und Photovoltaik-Anlagen substituiert werden, wodurch sich die zusätzlichen Netzausbaukosten allein im Mittel-und Niederspannungsnetzin Deutschlandauf etwa 750 Millionen Eurobelaufen würden.

Erkenntnis 3: Verbrauchsnahe Erzeugung aus kleinen Wasserkraftwerken verringert die Netzverluste signifikant
Auf Grund der Langlebigkeit von Wasserkraftanlagen sind vielfach die Netze um die Wasserkraft herum entstanden. Kleine Wasserkraftwerke speisen daher direkt in die verbrauchsnahen unteren Spannungsebenen des Verteilnetzes ein und vermeiden somit Übertragungsverluste höherer Ebenen. Ausserdem verursachen sie – verglichen mit anderen dezentralen Einspeisern – durch ihre Konstanz deutlich weniger (quadratisch abhängige) Netzverluste in den unteren Spannungsebenen selbst und steigern so die Gesamteffizienz (von der Erzeugung bis zum Verbrauch). Verglichen mit Windkraft-und Photovoltaikanlagen reduzieren kleine Wasserkraftwerke die Verluste im Mittel und Niederspannungsnetz um 4-6%, hinzukommen weitere Verlustreduzierungen auf höheren Netzebenen.

Erkenntnis 4: Kleine Wasserkraftwerke stabilisieren zukünftig das Gesamtsystem durch Bereitstellung von Systemdienstleistungen
Kleine Wasserkraftwerke können durch ihre prinzipiell gute Regelbarkeit die Frequenzhaltung und damit die Stabilität des Gesamtsystems aktiv unterstützen (Regelleistungserbringung). Dies wird vor dem Hintergrund des vorgesehenen Ausscheidens konventioneller Kraftwerke immer relevanter. Sofern die Wasserkraftwerke über eine dynamische Stauraumbewirtschaftung verfügen, lässt sich diese Regelung sogar nahezu ohne jeglichen „Verlust“ an regenerativ erzeugter Energie realisieren.

Erkenntnis 5: Kleine Wasserkraftwerkeerhöhen die Versorgungsqualität auf Verteilnetzebene
Die gute Regelbarkeit (Wirk-und Blindleistung) leistet ebenfalls einen wichtigen Beitrag zur Versorgungs-und Spannungsqualität im Stromverteilnetz. Die Leistung der kleinen Wasserkraftwerke kann individuell den aktuellen Netzbedürfnissen angepasst werden. Abweichungen kann so unmittelbar und wirksam entgegengewirkt werden.

Erkenntnis 6: Inselnetz-und schwarzstartfähige kleine Wasserkraftwerke können bei grossflächigen Blackouts lokal die Versorgung aufrechterhalten
Als regelbare dezentrale Erzeuger könnten kleine Wasserkraftwerke – nach kleineren Modifizierungen – lokale Inselnetze versorgen und so die Versorgung selbst bei einem grossflächigen Blackout aufrechterhalten. Dies erhöht die Versorgungszuverlässigkeit und ist insbesondere für die Versorgung kritischer Infrastrukturvon wichtiger Bedeutung.

Erkenntnis 7: Kleine Wasserkraftwerke als kostengünstiger Baustein der Energieversorgung
Die jahrzehntelange Betriebserfahrung und einfache und robuste Konstruktion von Wasserkraftwerken führt zum einen zu geringen Wartungsaufwänden und wirkt sich zum anderen in sehr langen Betriebsdauern von mehr als 50 Jahren aus. Dadurch erreichen Wasserkraftwerke sehr niedrige Stromerzeugungskosten, weswegen die Wasserkraft lediglich 2% der gesamten EEG-Umlagekosten verantwortet [1].

Erkenntnis 8: Kleine Wasserkraftwerke dienen als dezentrale Energiespeicher
Die zunehmende Integration volatiler regenerativer Einspeiser führt zu einer Erhöhung des Speicherbedarfs. Laufwasserkraftwerke mit dynamischer Stauraumbewirtschaftung könnten einen Teil des Speicherbedarfs abdecken. Da für diese Art der Speicherung –wie zum Beispiel bei einem Batteriespeicher – keine Energieumwandlung nötig ist, entstehen keine Wirkungsgradverluste.

Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass kleine Wasserkraftwerke als über die Lebensdauer kostengünstiger und verlässlicher Energieträger in Zukunft noch weiter an Bedeutung gewinnen. Sie reduzieren sowohl den Netzausbaubedarf auf Verteilnetzebene – gerade in den ländlichen Mittel-und Niederspannungsnetzen – als auch die Netzverluste erheblich. Im Falle eines Wegfalls der kleinen Wasserkraftwerke träten weitere signifikante Ausbaukosten der Hochspannungsnetze sowie gegebenenfalls der Verbundnetze und Aufwendungen für zusätzliche Netzkomponenten wie Speicher und Regelungsanlagen hinzu. In Summe würde ein Verzicht auf kleine Wasserkraftanlagen Mehrkosten von etwa einer Milliarde Euro erzeugen.

[1] Deutsches Bundesministerium für Wirtschaft und Energie, „EEG in Zahlen: Vergütungen, Differenzkosten und EEG-Umlage 2000 bis 2018,“ Berlin, 2017.

Gutachten ‚Netztechnischer Beitrag von kleinen Wasserkraftwerken zu einer sicheren und kostengünstigen Stromversorgung in Deutschland‘ >>

Präsentation des Gutachtens >>

Handlungsempfehlungen des BDW an die deutsche Bundesregierung für die aktuelle Legislaturperiode >>

Text: ee-news.ch, Quelle: Bundesverband Deutscher Wasserkraftwerke (BDW)

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