Antje Anzi: „In der Schweiz ist es so wie in allen anderen europäischen Ländern: Die Situation mit den steigenden Energiepreisen führt dazu, dass gerade auch Photovoltaik-Zweiflerinnen und -Zweifler jetzt selber Solarstrom produzieren möchten.“

Antje Anzi von IBC Solar:„Auch die PV-Zweiflerinnen und -Zweifler wollen jetzt ihren eigenen Solarstrom!“

(AN) Sie arbeitet seit 20 Jahren im Unternehmen: Antje Anzi, Director Sales, Solutions International von IBC Solar. „Ich glaube, dass uns die Erfahrungen aus unserer 40-jährigen Unternehmensgeschichte helfen, die aktuell herausfordernde Situation zu stemmen“, erklärte sie uns an der Intersolar Europe am 11. Mai 2022 in München. IBC Solar arbeitet in der Schweiz seit letztem Jahr mit Fankhauser Solar zusammen (siehe ee-news.ch vom 23.7.2021 >>) und hat neu auch Module von Meyer Burger im Portfolio. Ein Standgespräch am ersten Messetag.


Wie läuft das Geschäft in der Schweiz?

Das Geschäft entwickelt sich sehr gut, sogar noch besser, als wir es erwartet haben. In der Schweiz ist es so wie in allen anderen europäischen Ländern: Die Situation mit den steigenden Energiepreisen führt dazu, dass gerade auch Photovoltaik-Zweiflerinnen und -Zweifler jetzt selber Solarstrom produzieren möchten. Deshalb ist auch der Markt in der Schweiz wie in allen anderen Ländern in einem sehr starken Aufwärtstrend. Egal über welches Segment wir reden, Residential, Commercial oder Grossanlagen, was ja in der Schweiz nicht so Thema ist, alle werden stark nachgefragt. Wir sind sehr zufrieden mit der Entwicklung in der Schweiz!

Seit wann ist IBC Solar in der Schweiz tätig?
Wir sind seit mehr als 10 Jahren aktiv in der Schweiz, aber nicht mit einer eigenen Vertretung. Die Kooperation mit Fankhauser besteht erst seit ca. 2 Jahren.

Wie gross war ihr jährliches Wachstum in der Schweiz in den vergangenen Jahren?
Das war sehr unterschiedlich, vor allem am Umsatz bemessen, da die Preise erst gefallen und jetzt wieder gestiegen sind. Von 2020 auf 2021 jedoch hatten wir eine Steigerung im Umsatz von ca. 30 %. Tendenz aktuell steigend.

Warum haben Sie Fankhauser als Partner in der Schweiz ausgewählt?
Die Schweiz ist einer unserer wichtigsten Märkte in Europa. Wenn wir weiter wachsen wollen - und das ist ganz klar unser Ziel - brauchen wir einen etablierten, starken Partner im Markt. Gerade der Residential-Markt in der Schweiz ist immer noch relativ kleinteilig unterwegs, sprich die Anlagen sind kleiner. Für einen Installateur, dessen Fokus es ist, Anlagen zu installieren, ist es eine Herausforderung, die Anlagen selber zu importieren. Fankhauser fungiert hier als Stützpunktpartner, der die Installateure mit den Produkten versorgt, indem er ihnen die Last des Imports abnimmt. Es ist immer unsere Intention, Komplettsysteme anzubieten. Wir haben in der Schweiz das Thema, dass der Installateur höhere Zölle in Kauf nehmen muss, wenn er selber einzelne Komponenten importiert. Damit er kostengünstig trotzdem ein komplettes System kaufen kann, ohne dieses stückeln zu müssen, haben wir uns für diese Kooperation mit Fankhauser entschieden.

Sprich Fankhauser macht den Vertrieb für die Schweiz?
Genau!

Wie unterscheiden sich die Märkte Deutschland, Österreich und Schweiz? Gibt es grosse Unterschiede?
Wenn wir jetzt mal die Technik aussen vorlassen, die ja von den Netzen vorgegeben ist, ist die Entwicklung in den drei Ländern sehr ähnlich. Ob Deutschland, Österreich oder Schweiz, die Endkunden haben ein unheimliches Bedürfnis nach Unabhängigkeit und gerade die Nachfrage nach Speicherlösungen, insbesondere im Eigenheimbereich, steigt stetig. Diese Entwicklung ist in Deutschland natürlich am weitesten fortgeschritten, die ersten Heimspeichersysteme sind dort 2011 installiert worden. Aus unserer Unternehmenssicht dürften in Deutschland rund 70 % der Anlagen im Eigenheimbereich mit Speichern installiert werden. Österreich ist auf dem zweiten Platz mit einer ähnlichen Entwicklung, die Schweiz ist unter den Top 5.. Die Nachfrage nach Speicherlösungen ist enorm. Das stellt uns aber vor die Herausforderung, die Nachfrage decken zu können. Denn Speicherlösungen stellen neue Anforderungen an die Wechselrichter, weil man dafür ein anderes Gerät braucht. Und die sind knapp am Markt.

Wie lang muss eine potenzielle Kundin, ein potenzieller Kunde in der Schweiz auf ein IBC Solar-System warten?
Es kommt ein bisschen darauf an, welche Lösung man möchte und wie komplex diese ist. Aber grundsätzlich sollte sich ein Endkunde heute auf eine Wartezeit von 8 bis 12 Monaten einstellen. Das ist nicht nur in der Schweiz so, das ist tatsächlich in ganz Europa so. Ich habe mich vorhin mit schwedischen Kunden unterhalten, die haben mir dasselbe bestätigt. Norwegen, Polen, es ist überall dasselbe. Egal wohin Sie gehen, die Nachfrage ist so viel grösser als das, was produziert werden kann, weil niemand diese rasch ansteigende Nachfrage, insbesondere nach Speicherlösungen, erwartet hat.

Ist es der Speicher oder sind es auch die Module?
Eigentlich ist im Moment alles knapp, aber bei den Wechselrichtern haben wir die grössten Herausforderungen, denn da werden Semiconductor verbaut, sprich Halbleiter. Jeder aus der Elektrobranche weiss, dass das Produkt rar ist. Wir hoffen sehr, dass die Produktionskapazitäten schnell ausgebaut werden können. Aktuell ist das Modul eher ein kleineres Problem.

Die Module kommen nach wie vor aus China?
Nicht nur, wir haben anfangs Jahr mit Meyer Burger einen neuen Hersteller in unser Portfolio aufgenommen, der ja ursprünglich aus der Schweiz kommt und sich einen Namen als Hersteller von Produktionsanlagen im Photovoltaikbereich gemacht hat. Das Unternehmen ist dann ja in die Produktion von Solarmodulen in Europa eingestiegen, mit Produktionsstandorten in Thalheim und Freiberg in Sachsen in Deutschland. Wir haben diese Module auch in unser Portfolio aufgenommen, um unseren Nachhaltigkeitsgedanken noch mehr zu unterstreichen. Darüber hinaus passen sie sehr gut zu unserem Qualitätsanspruch.

Sind diese Module teurer als die aus Asien?
Sie sind rund 25 Prozent teurer als die Module aus Asien. Leider, denn das Interesse der Kunden für deutsche oder europäische Ware ist solange gross, bis sie zu rechnen beginnen. Da ist sehr viel Überzeugungsarbeit zu leisten! Es gibt Märkte wie die Schweiz, aber auch Schweden und ganz Skandinavien, in denen mehr Wert auf die Nachhaltigkeit gelegt wird und in denen die Kaufkraft höher ist. Dort verkaufen sich europäische Module leichter.

Inwieweit ist denn die Verknappung der einzelnen Bestandteile eines Systems, von den Modulen über den Wechselrichter und das Montagesystem bis hin zu den Batterien, noch handlebar?
Unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter leisten gerade Enormes, denn die Situation ist sehr schwierig. Gerade im Auftragsabwicklungsbereich sind Überstunden inzwischen normal. Ich glaube, dass die Unternehmen, die die aktuell schwierige Situation am besten handlen, dann auch die besten Jahresergebnisse erzielen werden.

Hilft Ihnen die 40-jährige Unternehmensgeschichte, diese Situation auch besser zu handlen?
Vielleicht hilft es uns ein bisschen, besser mit Herausforderungen umzugehen, da wir ja schon viele gemeistert haben. Aber am Ende ist jede Herausforderung auch wieder eine neue, auch wenn man gelernt hat, sich immer wieder an neue Gegebenheiten anzupassen.

Ich bin seit 20 Jahren bei IBC Solar dabei und ich habe noch kein „normales“ Jahr erlebt. Es ist entweder zu viel oder zu wenig, oder wir haben andere externe Einflüsse. Aber wahrscheinlich ist es schon so, dass uns unsere Geschichte und Erfahrung helfen, mit dieser Situation zurechtzukommen und richtig darauf zu reagieren.

Inwieweit kann IBC Solar längerfristig planen? Im Moment grenzt das doch eher an Kaffeesatzlesen
Da ist was Wahres dran, aber auch da hilft uns die 40-jährige Erfahrung. Denn eine Planung ist immer ein Blick in die Zukunft, in Verbindung mit einer Erfahrung aus der Vergangenheit. Und die ist bei uns halt ein bisschen länger als bei anderen. Wir haben natürlich auch Mehrjahrespläne und klar definierte Ziele in unserer Strategie.

Mit wie viel Wachstum rechnen Sie dieses Jahr, verglichen mit dem Vorjahr?
Wir rechnen mit einem deutlich höheren Umsatz, allein schon bedingt durch die massiv höhere Nachfrage. So gehen wir von einem Umsatz in 2022 zwischen 450 und 500 Millionen Euro aus. In 2021 lag unser Konzernumsatz bei 374 Millionen Euro. Für die kommenden Jahre rechnen wir mit einer weiteren deutlichen Steigerung.

Sie sind seit 20 Jahren bei IBC Solar tätig. Haben Sie diese Entwicklung erwartet?
Nein! Ich glaube, der Einzige der die so voraussah, war Udo Möhrstedt, der Gründer von IBC Solar, der heute noch CEO ist. Sonst hätte er das Unternehmen nicht gegründet. Natürlich habe ich schon von Beginn an bemerkt, dass es etwas Besonderes ist, in der Solarbranche zu arbeiten. Der Pioniergeist, alles war neu und man hat schon gemerkt, dass es etwas Grosses werden wird. Aber dass der Markt wie in den letzten Monaten explodiert, dass auch die Zweifler sagen: „Ich will auch ein Solarsystem“, das habe ich so nicht erwartet. Das hat eventuell in dem Ausmass nur Herr Möhrstedt geahnt, als er das das Unternehmen gegründet hat.

Siehe auch Intersolar-Interview mit:

©Text: Anita Niederhäusern, leitende Redaktorin und Herausgeberin ee-news.ch und pelletpreis.ch

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