Im Quartier Erlenmatt Ost betreibt die ADEV seit dem Herbst 2017 den zur Zeit grössten Solarstrom-Eigenverbrauchsgemeinschaften der Schweiz. Bild: ADEV

Heute ist es bereits günstiger, mit Photovoltaik Strom zu produzieren, der kostet rund 15 Rappen die Kilowattstunde, als den Strom vom Energieversorger zu kaufen. Bild: ADEV

Erlenmatt Ost: Grösster Zusammenschluss zum Eigenverbrauch der Schweiz

(AN) Gebäude mit höchsten Dämmstandards bilden die Basis der Energieversorgung von Erlenmatt Ost. Die Solarstromanlagen auf dem Dach sowie die Grundwassernutzung smart kombiniert mit Wärmepumpen und Speichern ermöglichen, dass die dereinst rund 650 Bewohnenden zu einem guten Teil mit vor Ort produzierter erneuerbarer Wärme und Strom versorgt werden. Verkauft wird der Strom an die Bewohnenden direkt von der ADEV Energiegenossenschaft, ohne dass ein Energieversorger dazwischen geschaltet ist.


„Unsere Strom- und Wärmeversorgung in Erlenmatt Ost ist für uns besonders wertvoll, weil wir das umsetzen können, was wir schon seit bald 40 Jahren fordern und vorleben: erneuerbare Energien wenn möglich dezentral produzieren und so effizient und ortsnah wie möglich verbrauchen“, erklärt Bernhard Schmocker, Leiter Bereich Planung und Bau der ADEV. Denn wird die erzeugte Energie möglichst ortsnah verbraucht, können Übertragungsverluste deutlich reduziert werden, die Wirkungsgrade steigen und im Strombereich werden zudem die Netze entlastet.

Die grösste Zusammenschluss zum Eigenverbrauchsanlagen der Schweiz
Im Quartier Erlenmatt Ost betreibt die ADEV seit dem Herbst 2017 die zur Zeit wohl grösste Solarstrom-Eigenverbrauchsgemeinschaften der Schweiz, obwohl dies gesetzlich erst seit dem 1. Januar 2018 möglich ist. Zurzeit wohnen bereits über 200 Bewohnende auf dem neuen Areal. Bernhard Schmocker: „Wir bauen schrittweise auf jedem Dach der Mehrfamilienhäuser Solarstromanlagen. Der Strom, den diese Anlagen produzieren, wird direkt den Bewohnenden verkauft, ohne dass ein Energieversorger dazwischen geschaltet ist.“ Gesetzlich trägt dieses Modell des direkten Verkaufs von Strom an die Bewohnenden die sperrige Bezeichnung „Zusammenschluss für den Eigenverbrauch“, kurz „ZEV“. Die ADEV zeichnet im Rahmen des ZEV für den gesamten Strombedarf des Quartiers Erlenmatt Ost verantwortlich: Was an den Gebäuden nicht selber produziert wird, kauft sie auf dem freien Strommarkt ein. Für die Bewohner ist die ADEV sozusagen der Energieversorger, sie beziehen den gesamten Strom von ihr.

Die Versorgung über diesen ZEV ist ein ökologisch und auch ökonomisch interessantes Modell: „Ob Mehrfamilienhäuser, Schulen, Gemeindeliegenschaften, Gewerbebetriebe – unsere Erfahrungen zeigen, dass die Stromkosten mit dem ZEV für die Mieterinnen und Mieter sinken. Interessant ist es auch, wenn sich mehrere angrenzende Gebäude zusammenschliessen“, erklärt Bernhard Schmocker. Die ADEV betreibt mehrere solche Anlagen über Gebäudegrenzen hinweg. Die erste – die immer noch in Betrieb ist – wurde bereits 1988 realisiert, indes mit einem gasbetriebenen Blockheizkraftwerk in der alten Chocolatfabrik in Aarau. Inzwischen wurde sie mit einer Solarwärmeanlage ergänzt. Um solche Anlagen realisieren zu können, brauchte die ADEV damals indes noch die Zustimmung des regionalen Energieversorgers. Diese ist dank des ZEV nicht mehr nötig.


BAUPHASE BIS MITTE 2019 – EINE ÜBERSICHT

Mitte 2019 werden die ersten 10 der total 13 geplanten Gebäude stehen. Damit sind rund 80% des Areals fertiggestellt. Die Umsetzung der letzten Phase erfolgt voraussichtlich ab 2023. Die Haustechnik wird modular ausgebaut.

Bewohnende

  • Über 650 Personen in über 200 Wohnungen und gewerblichen Einheiten

Energietechnik Endausbau

  • 850 kW Leistung Solarstrom auf den Quartierdächern
  • Wärme aus dem Grundwasser
  • 3 zentrale Wärmepumpen mit insgesamt 900 kW Leistung) in der Energiezentrale
  • 70’000-Liter-Wärmespeicher in der Heizzentrale, verteilt auf 5 Einheiten
  • 13 dezentrale Wärmepumpenboiler in den einzelnen Gebäuden
  • Ladeinfrastruktur für Elektroautos

 

Wärme aus dem Grundwasser mit Solarenergie veredeln
Doch zurück zu Erlenmatt Ost: Die Grundlage für den hohen Grad der Eigenversorgung in den Bereichen Wärme und Strom bilden einerseits die äusserst hohen Dämmstandards der Mehrfamilienhäuser, die auf eine Vorgabe der Stiftung Habitat zurückgehen. Sie sorgen dafür, dass die Heizwärme auf der tiefen Temperatur von 36 Grad verteilt werden kann, was den Energiebedarf deutlich senkt. In durchschnittlich isolierten Häusern, die vor 2000 gebaut wurden, beträgt die erforderliche Vorlauftemperatur 45-50 Grad.

Andererseits tragen die Solarstromanlagen auf allen Dächern sowie die Wärme aus dem Grundwasser zur hohen Eigenversorgung bei. „Diese Energien veredeln wir mit zentralen Wärmepumpen und Speichermöglichkeiten“, erklärt Energiefachmann Schmocker und führt weiter aus: „Für die Heizwärme entziehen zwei zentrale Wärmepumpen in der Heizzentrale dem Grundwasser rund 5 Grad Wärme. Sie werden mit dem Solarstrom von den Dächern betrieben.“ Erste Auswertungen im Dezember 2017 und Januar 2018 zeigen, dass die Wärmepumpen eine Arbeitszahl von 5 erreichen, also braucht es nur noch 1 Kilowattstunde Strom, um 5 Kilowattstunden Wärme zu produzieren. In grossen zentralen Wärmespeichern wird die Heizwärme gespeichert. „So können die Wärmepumpen mit viel Solarenergie betrieben werden“, freut sich Schmocker. Daneben gibt es noch dezentrale Wärmepumpen in den einzelnen Gebäuden für das Warmwasser.

„Wenn alle bis 2019 geplanten Gebäude fertig erstellt sind, werden auf den Dächern knapp 850 kW Solarstromleistung installiert sein. Damit können wir 30 bis 40 Prozent des auf dem Areal benötigten Stroms produzieren. Das ist 10-mal so viel wie der Schweizer Durchschnitt. Unser Ziel ist es, möglichst viel des selbst produzierten Stroms direkt vor Ort zu verbrauchen“, führt Bernhard Schmocker aus.

Forschungsprojekt E-Mobilität
Auch die Elektromobilität wurde ins Projekt einbezogen: „In der Tiefgarage von Erlenmatt Ost steht ein Miet-Elektroauto, ein weiteres folgt. Die Batterien werden als weitere Speicher für den Solarstrom einsetzen werden.“ In einem Forschungsprojekt wird untersuchen, inwieweit das Speichern von Solarstrom in der Autobatterie und die Nutzung des Solarstroms als Antriebsenergie für die Elektroautos vereinbar sind.

©Text: Anita Niederhäusern, im Auftrag der ADEV Energiegenossenschaft

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