Uwe Achatz: „Unsere Distributoren in der Schweiz sind Solarmarkt, Krannich, Sonepar, dann gibt es Fankhauser, ein Urgestein aus der Schweizer PV-Szene, Solexiss und Solstis für de Romandie sind auch dabei.“ Bild: SolarEdge

Uwe Achatz von SolarEdge: „Es ist natürlich eine Herausforderung, wenn die ganze Welt sagt, ich will JETZT Solarenergie!“

(AN) International aufgestellt zu sein, erklärt Uwe Achatz, Country Manager von SolarEdge, sei angesichts der Herausforderungen des Solarmarkts ein Vorteil: „Wir sind in der Lage, Produktionskapazitäten von einem zu einem anderen Ort zu verschieben. Auf der Komponentenseite ist jetzt das Qualifizieren von neuen Lieferanten wichtig.“ Ein Standgespräch am 12. Mai 2022 an der Intersolar Europe in München, unter anderem über den Schweizer Markt und über die Produktion in Europa.


Die Schweiz, das sind gut 8 Millionen Einwohner und etwa die halbe Fläche von Österreich. Wieso ist
es für ein Unternehmen wie SolarEdge von Interesse, dort überhaupt präsent zu sein?
Wenn ich ehrlich bin, stellt sich mir diese Frage gar nicht, denn letzten Endes ist der Schweizer Markt mit den Schweizer Bewohnern, den Schweizer Anforderungen, Gegebenheiten und Dachflächen, mit den limitierten Freiflächen ein extrem interessanter Markt für uns. Denn unsere Produkte und Lösungen passen perfekt zu den Schweizer Bedürfnissen. Wir haben Wechselrichter mit Leistungsoptimierern, die auf jegliche Dachflächen gebaut werden können, wir haben Batteriespeicherlösungen, um die Energie zwischenzuspeichern und mit dem neuen SolarEdge Home Ökosystem sind wir in der Lage, das Management der Energieflüsse optimal hinzubekommen. Und das alles über eine einzige SolarEdge App. Die Schweizerin und der Schweizer mögen Hoch-Technologie, sie lieben es, mit einer App Dinge zu steuern. Die Schweiz und SolarEdge passen also sehr gut zusammen.

Ich habe mir deshalb nie die Frage gestellt, ob es Sinn macht in der Schweiz oder in Österreich präsent zu sein. Ich glaube, SolarEdge muss in allen Märkten präsent sein, weil wir gute Produkte mit Kundennutzen für die jeweiligen Märkte anbieten können.

Gibt es einen Unterschied zwischen den beiden Märkten Österreich und Schweiz, für die Sie verantwortlich sind?
Es gibt unterschiedliche Ausprägungen, wann welche Produkte adaptiert und eingeführt werden. Aber im Grossen und Ganzen sehen wir schon, dass bei Hausdachanlagen die „Attach rates“, wie wir sie nennen, von Batterien an PV-Systeme steigen, ebenso die Nachfrage nach den BackupLösungen, die bei einem Stromausfall in der Lage sind, das Haus zu versorgen. Diese Anfragen häufen sich. Die Frage, wie man mit Überschussenergie ein Auto gratis laden kann, wird auch immer häufiger gestellt, weil die Dichte der Elektroautos in beiden Ländern steigt. Die Nachfrage nach Batterien war zwar in Österreich früher da, aber inzwischen fragt die Schweiz Batteriespeicher stärker und schneller nach.

Der Gedanke der Unabhängigkeit, sich von einem Energieversorger oder fossilen Energieträgern zu lösen, mit der selbsterzeugten Energie und einer Wärmepumpe zu heizen, das Elektroauto zu laden, die ganzen Bedarfe im Haus zu bedienen, der ist ja nicht neu. Und zu fragen, ob das Sinn macht, ist ja heut zu Tage obsolet, weil die gerade angesprochene Unabhängigkeit das eigentliche Ziel sein sollte. Sie muss nur technisch vernünftig umsetzbar sein.

Über welche Firmen vertreiben Sie Ihre Produkte in der Schweiz?
Wir haben ein 3-stufiges Vertriebssystem. Das bedeutet, SolarEdge beliefert den Handel und dieser verkauft an den Installateur und der vertreibt unsere Produkte dann an die Kundin, den Kunden. Wir verfügen über ein Netz von Distributoren, das über die Schweiz verteilt ist: Da sind Solarmarkt, Krannich, Sonepar, dann gibt es Fankhauser, ein Urgestein aus der Schweizer PV-Szene, Solexiss und Solstis für de Romandie sind auch dabei. Damit haben wir die gesamte Schweiz gut abgedeckt.

Wenn wir wieder auf die beiden Märkte Österreich und die Schweiz fokussieren: Welche Segmente sind denn jeweils die Stärksten?
Sowohl in Österreich wie auch in der Schweiz sind letzten Endes in beiden Märkten alle Segmente sehr stark wachsend. Der Residential Bereich, also der Markt für Hausdachanlagen, hat in den letzten Monaten einen Boom erlebt und es hat insbesondere die Nachfrage nach Batteriespeicher- und Backup-systemen stark zugenommen, um unabhängiger zu werden. Ebenso das intelligente Management, um zum Beispiel das Auto gratis mit eigenem Strom zu laden. Auch im Commercial Bereich, der Markt für Gewerbeanlagen, steigt die Nachfrage stetig. Denn durch gewisse Ereignisse auf dem Weltmarkt sind die Strompreise angestiegen, und dies ist natürlich für KMUs nicht angenehm. Daher denken auch viele Klein- und Mittelständler nach, handeln jetzt und investieren in Solarenergie. Bei den Grossanlagen ist die Nachfrage von Investorinnen und Investoren auch sehr gross. Gibt es Freiflächen, werden auch grössere PV-Anlagen gebaut.

Auch in Österreich?
Ja, dort werden grosse Freiflächenanlagen gebaut und es werden immer mehr. In der Schweiz gibt es natürlich sehr viel ungenutzte Dachflächen, vom Einfamilienhaus bis zur Dachfläche im Commercial Bereich, auf der PV-Anlagen gebaut werden können. Da gibt es schon noch sehr viel ungenutztes Potenzial, das ausgeschöpft werden kann, bevor man sich Gedanken machen muss, wo Freiflächenanlagen gebaut werden könnten.

Die Branche erlebt ja gerade eine schwierige Zeit mit unterbrochenen Lieferketten, wir haben zwei turbulente Jahre hinter uns und jetzt sind Sie mit einer sehr stark ansteigenden Nachfrage konfrontiert. Welche Herausforderungen zeichnen sich kurz- und mittelfristig ab?
Die Situation, wie sie sich derzeit im Weltmarkt darstellt, mit Corona in den letzten Jahren und ihren Auswirkungen auf die Logistikketten, in Kombination mit einer Bauteileverknappung, das führt natürlich zu gewissen Verwerfungen in den Lieferketten. Aber wir versuchen natürlich – und das ist das Schöne, wenn man ein internationales Unternehmen ist – die Schwächen an einem Ort an einem anderen auszugleichen. Das bedeutet, wir können unsere Produktionskapazitäten A) aufbauen, was wir auch machen, und B) können wir Produktionskapazitäten von einem zu einem anderen Ort verschieben. Auf der Komponentenseite ist natürlich wichtig, neue Lieferanten zu suchen und zu qualifizieren, um die Lieferfähigkeit festzustellen.

Eine Frage bleibt aber immer: Was ist schneller? Die Anpassung der Produktions- und Lieferketten oder die Ausschläge des Markts? Das sind halt die Gegebenheiten am Markt, da versucht man immer, die Produktions- und Lieferfähigkeit so anzupassen, dass man alle Bedarfe der Kundinnen und Kunden global – nicht nur in Österreich und der Schweiz – bedienen kann. Und das ist natürlich eine Herausforderung, wenn die ganze Welt sagt, ich will jetzt Solarenergie! Nicht erst in zwei oder drei Monaten, sondern JETZT! Aber wir leben diese Herausforderung und stellen uns ihr und ich denke, dass wir einen guten Mittelweg gefunden haben, um unsere Kundinnen und Kunden, soweit es uns möglich ist, zufriedenzustellen.

Produktionsstandort Europa, das ist ja so ein Thema, in das Meyer Burger reingeht mit dem Statement: «Wir produzieren in Europa zugunsten von regionalen Lieferketten.» Was bedeutet es für SolarEdge, wenn sich für die Solarbranche die Produktion in Europa für Europa durchsetzt?
Wir haben natürlich auch Fertigungsstätten in Europa, genauer gesagt in Ungarn nahe an der österreichischen Grenze, und in Israel, um den Europäischen Markt mit zu bedienen. Auch in Mexiko gibt es einen neuen Standort, um Produkte für den amerikanischen Markt zu fertigen. wie auch in China und Vietnam mit Fokus auf die Asiatischen Märkte. Wie wir die Fertigung aussteuern, wird immer mit dem Ziel vor Augen entschieden, wie wir unsere Produkte ohne grosse Verwerfungen zu den Kundinnen und Kunden bringen können. Und Europa ist ein interessanter, spannender und wachsender Markt!


Siehe weitere Intersolar-Interview mit:

David Galeuchet von Solarmarkt: „Die Nachfrage ist so hoch wie noch nie – ein halbes Jahr Wartefrist ist heute die Regel!“ (ee-news.ch vom 19.5.22) >>

Antje Anzi von IBC Solar:„Auch die PV-Zweiflerinnen und -Zweifler wollen jetzt ihren eigenen Solarstrom (ee-news.ch vom 24.5.22 >>)


©Interview: Anita Niederhäusern, leitende Redaktorin und Herausgeberin ee-news.ch

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