David Galeuchet: „Wenn wir die Energiepreise anschauen, sehen wir, dass wir den Durchbruch geschafft haben. Solarstrom ist die günstigste Energieform, die man realisieren kann. Das lohnt sich für jeden, immer!“ Bild: Solarmarkt

David Galeuchet von Solarmarkt: „Die Nachfrage ist so hoch wie noch nie – ein halbes Jahr Wartefrist ist heute die Regel!“

(AN) „Wir müssen mehr junge Menschen erreichen, die erkennen, dass die Branche ihnen eine gute Perspektive und Chancen bietet“, erklärt David Galeuchet, Leiter Marketing bei Solarmarkt. „Wenn wir die Energiepreise anschauen, sehen wir, dass wir den Durchbruch geschafft haben. Solarstrom ist die günstigste Energieform, die man realisieren kann!“ Ein Standgespräch am 11. Mai 2022 in München an der Intersolar Europe, unter anderem über ein Umdenken in der Gesellschaft und steigende Preise.


Was läuft gut in der Photovoltaik-Branche?

Die Branche boomt unheimlich gut, die Menschen sind sensibel, sie möchten eigene Energie produzieren, möchten autonom sein. Die Zahl der Anfragen ist enorm hoch, so hoch wie noch nie. Es macht Freude zu sehen, dass die ganzen Kampagnen für Solarenergie jetzt Wirkung erzielen. Auch die äusseren Umstände mit dem unerfreulichen Krieg in der Ukraine haben dazu beigetragen sowie die Energiepreise, die viele dazu bewegt, wenn auch ein bisschen spät, jetzt auf Solarenergie zu setzen.

Was läuft falsch?
Der globale Markt ist schwierig, die Lieferketten sind teilweise unterbrochen, Produkte sind nicht lieferbar, das macht der Branche unheimlich zu schaffen! Vieles muss neu geplant oder angepasst werden, das ist definitiv schwierig.

Gibt es Produktesegmente, die fehlen?
Die Montagesysteme sind gut verfügbar. Bei den Modulen ist es sehr unterschiedlich: Die Lager an Produkten aus Asien sind noch gut gefüllt, bei den europäischen Modulen jedoch ist es schwieriger. Ich vermute, dass dies auf die Corona-Pandemie und jetzt den Krieg in der Ukraine zurückzuführen ist. Die Menschen sind gegenüber der Globalisierung kritischer geworden. Sie möchten regionalere Produkte. Sie sind wie ich überzeugt, dass wir wichtige Produkte, die die Basis unserer Energieproduktion sind, in Europa herstellen müssen. Das hat die Nachfrage noch einmal gesteigert. Im ersten Quartal 2022 ist die Nachfrage nach europäischen Modulen bei uns um 90 % gestiegen! Bei den europäischen Modulen stellen wir eine starke Verknappung fest.

Bei den Wechselrichtern ist die Situation schon länger etwas herausfordernd. Dort haben wir zum Teil sehr lange Lieferfristen, hauptsächlich bei Hybrid-Wechselrichtern, sprich solche, die mit Batterien kombinierbar sind. Dieser Markt ist ausgetrocknet.

Gibt es weitere Treiber?
Sicher die Elektromobilität. Ich bin überzeugt, dass es viele Automobilisten gibt, die zuerst ein Elektroauto kaufen und erst dann überlegen, woher der Strom kommt und eine Photovoltaikanlage anschaffen. Das ist ein zusätzlicher erfreulicher Treiber, der den Markt zusätzlich anheizt. Im April waren in der Schweiz 28 % der Neuzulassungen „Steckerfahrzeuge“, sprich Plug-in-Hybrid- und vollelektrische Fahrzeuge, die Entwicklung macht enorme Sprünge.

Das führt dazu, dass die Installateure zurzeit extrem ausgelastet sind, ihre Pipelines sind überfüllt. Die Kundinnen und Kunden müssen sehr geduldig sein, wenn sie eine Anfrage platzieren. Denn sie müssen damit rechnen, dass sie ihre Anlage erst nächstes Jahr bekommen. Je nach Installateur variieren die Wartezeiten, aber ein halbes Jahr ist sicher heute die Regel. Es gibt erfreulicherweise neue junge Marktplayer, aber bis diese Firmen in Fahrt kommen, dauert es natürlich.

Und der Fachkräftemangel?
Der ist natürlich ein grosses Problem, das uns noch sehr lange begleiten wird. Würde nur die Solarbranche Fachleute suchen, wäre das ja noch ein leichtes, aber das betrifft ja die Baubranche als Ganzes sowie viele andere Branchen.

Liegt es an der Ausbildung oder am Lohn oder daran, dass die Menschen da draussen nicht wissen, welche Chance die Branche bietet?
Einerseits ist die Branche zu wenig bekannt. Andererseits braucht es eine Ausbildungskampagne, da bauen wir sehr auf den Bund, der die Branche unterstützen muss. Denn die Dekarbonisierungsziele des Bundes können nur erreicht werden, wenn wir auch die Fachleute haben. Im Verband haben wir die Solar-Lehre aufgegleist, aber die wird erst 2024 starten. Bis wir die ersten Abgänger haben, geht es ja dann noch einmal drei Jahre! Wir hoffen, dass wir junge Menschen mit unserer Ausbildung erreichen, die sehen, dass die Branche ihnen eine gute Perspektive und Chancen bietet. Dazu müssen wir Quereinsteiger in die Branche bringen.

Welche Berufe eignen sich am besten dafür?
Ich denke da am ehesten an Berufsfelder, die wegfallen, zum Beispiel ein Kaminfeger, der gewohnt ist auf Dächer zu steigen oder Automechaniker. Man geht davon aus, dass zum Beispiel in der Automobil-Branche durch die Elektrifizierung rund 40 % der Jobs wegfallen.

In der Photovoltaikbranche geht es ja seit 20 Jahren rauf und runter, rauf und runter, wenn auch mit steigender Tendenz … wo geht die Reise jetzt hin? Geht es jetzt mal 10 Jahre nur rauf oder könnte es auch wieder einen Einbruch geben?
Ich sehe es nicht so bewegt wie Sie! Aber Sie sind ja auch schon viel länger dabei. Seit ich dabei bin, seit 2011 seit es die Fördergelder gibt, ging es eigentlich nur rauf. Dann gab es den Einbruch in den Jahren 2016 und 2017, als die Fördermittel nicht mehr zur Verfügung standen und es lange Wartelisten gab. Seit 2018 ging es gemächlich wieder rauf und jetzt sehr steil. Für die nächsten Jahre sehe ich keine Trendumkehr. Wenn wir die Energiepreise anschauen, sehen wir, dass wir den Durchbruch geschafft haben. Solarstrom ist die günstigste Energieform, die man realisieren kann. Das lohnt sich für jeden, immer!

Echt für jeden?
Für jeden Produzenten, der auch einen Anteil Eigenverbrauch aufweist. Wir können auch davon ausgehen, dass die Rückspeisetarife ansteigen werden, denn wenn die Strompreise steigen, gibt es keinen Grund, dass die so tief bleiben wie bis anhin. Auch das wird helfen, die Anlagen zu amortisieren.

Inwiefern werden die Anlagepreise durch die hohe Nachfrage und die Mangellage ansteigen?
Die Preise steigen bereits. Grund dafür sind einerseits die Transportkosten, die sich verdreifacht oder gar vervierfacht haben. Inzwischen haben sie sich wieder etwas normalisiert. Andererseits gingen eine gewisse Zeit lang die Aluminiumpreise durch die Decke. Das hat sich auf die Preise der Montagesysteme ausgewirkt. Die Modulpreise haben sich rein durch die Verknappung der Materialien verteuert. Glas ist zum Beispiel ein ganz ein heisses Thema.

Allgemein ist mit steigenden Preisen zu rechnen. Das ist neu, denn wir haben ja in der Solarbrache bisher praktisch immer nur sinkende gehabt. Daher ist es schwierig zu sagen, wie sie sich genau entwickeln werden. Wir hoffen, dass wir in den nächsten ein bis eineinhalb Jahren wieder aus dieser Verknappung rauskommen.

Also kann man nicht sagen, wir streichen die Förderung, weil sich die Anlagen eh rechnen?
Ich denke, es wäre noch zu früh, und es wäre insbesondere für Grossanlagen zu früh, wo kein Eigenverbrauch stattfindet. Die sind angesichts der tiefen Einspeisevergütungen immer noch schwer zu realisieren. Für solche Anlagen müssen wir viel einfachere Förder-Mechanismen finden. Wir haben eine sehr komplizierte Förderlandschaft, die insgesamt viel einfacher werden müsste. Da ist unser Parlament gefragt, damit wir ein einfaches, klares Fördermodell haben, einen einheitlichen Tarif für die ganze Schweiz. Das würde allen helfen und den Investoren Investitionssicherheit geben, damit sie einfacher planen können. Das Fördermodell soll die Differenz zum Marktpreis absichern und im Umkehrschluss kann ich mir auch vorstellen, dass jemand Förderung entgegennimmt, er dann aber wieder einen Teil abgeben muss, wenn der Strompreis hochgeht.

Wie dies der Fall war insbesondere für Schweizer Windstrom im Winterhalbjahr 21-22?
Genau, der Staat gibt dem Investor eine gewisse Sicherheit und im Gegenzug zahlt dieser wieder zurück, wenn die Preise dies erlauben. Wer das nicht will, sollte unabhängig investieren.

IBC Solar verkauft Module von Meyer Burger. Haben Sie die auch im Portfolio?
Ja, wir konnten die Module als erste anbieten. Das ist natürlich sehr erfreulich, ein Schweizer Modul, das in Deutschland hergestellt wird. Meyer Burger versucht, die ganze Wertschöpfungskette nach Europa zu holen, das ist sehr positiv. Unsere Kundinnen und Kunden sind bereit, für europäische Produkte mehr zu bezahlen. Und Meyer Burger ist mit dem Schweizer Hintergrund da sehr gut unterwegs, die Produktionskette möglichst nachhaltig zu gestalten. Die Produktionskette von Solarsystemen muss wieder europäischer werden. Meyer Burger lässt sich in der Schweiz sehr gut verkaufen. Seit Anfang Jahr haben wir die Module im Portfolio und nach anfänglichen Lieferschwierigkeiten hat sich das Produkt sehr gut entwickelt.

Mit wie viel Mehrkosten muss die Kundschaft für die europäischen Module rechnen?
Das ist von Hersteller zu Hersteller sehr unterschiedlich und kann sich zwischen 20 -50% mehr bewegen.

Haben Sie einen Wunsch für das laufende Jahr?
Dass sich die Märkte beruhigen, die Produkte besser verfügbar sind, so dass wir unsere Kundinnen und Kunden wieder schneller bedienen können und natürlich, dass der Enthusiasmus für die Solarenergie, den wir hier in an der Intersolar besonders spüren, weiter dauert. Wir wollen in der Schweiz den Markt von den in diesem Jahr rund 700 MW Zubau auf jährlich 2 Gigawatt steigern. Das ist der Zubau, den die Schweiz braucht, um die Dekarbonisierung zu schaffen bis 2050. Es wäre wünschenswert, dass der Enthusiasmus von Seiten der Investoren anhält!

Siehe weitere Intersolar-Interviews:

©Text: Anita Niederhäusern, leitende Redaktorin und Herausgeberin ee-news.ch und pelletpreisch.ch

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