Energieträger für die Bereitstellung von Wärme in München 2035 und 2050. Der Einsatz von Erdgas geht zurück, von etwa 70 % im Basisjahr 2020 auf etwa 30 % im Jahr 2035 und nahezu null im Jahr 2050. Quelle: Studie ‚Klimaneutrale Wärme München

München könnte die erste deutsche Grossstadt werden, die von fossilen Brennstoffen auf klimaneutrale Fernwärme und dezentrale erneuerbare Wärme umsteigt. ©Bild: Öko-Institut

Studie und Massnahmenpaket: Wie München bis 2035 klimaneutral wird

(PM) Die bayrische Landeshauptstadt München hat sich das Ziel gesetzt, bis zum Jahr 2035 klimaneutral zu werden. Die Stadtverwaltung selbst soll dieses Ziel schon 2030 erreichen. Zwei neue Studien in Zusammenarbeit von Öko-Institut, Hamburg Institut, Intraplan und der Forschungsgesellschaft für Energiewirtschaft (FfE) zeigen jetzt auf, wie das Ziel der Klimaneutralität so schnell wie möglich erreicht werden kann und welche Massnahmen die Stadt dafür ergreifen muss. Die wichtigsten Felder für die Münchner Klimaschutzpolitik: eine CO2-freie Wärmeversorgung mit klimaneutraler Fernwärme, Geothermie und die energetische Sanierung der Gebäude sowie eine klimaschonende Mobilität für eine lebenswerte Stadt mit Elektromobilität und einem starken öffentlichen Personennahverkehr (Öpnv).


„Beide Studien zeigen klar, dass alle Akteure in der Stadt schnell und energisch handeln können und müssen, damit das Ziel Klimaneutralität zeitnah erreicht werden kann. Damit kann München einen starken Beitrag zu den Zielen des Pariser Klimaabkommens leisten“, fasst Christof Timpe, Projektleiter des Fachgutachtens für ein klimaneutrales München und Leiter des Institutsbereichs Energie & Klimaschutz am Öko-Institut, zusammen.

Wärmestudie München: Weg zum klimaneutralen Wärmesektor
Die von der FfE und dem Öko-Institut im Auftrag der Stadtwerke München bearbeitete Studie ‚Klimaneutrale Wärme München 2035‘ zeigt Strategien auf, wie der Wärmesektor der Stadt klimaneutral werden kann. Kernelemente sind dabei eine schnellere und bessere Wärmedämmung mit einer Sanierungsrate von mehr als zwei Prozent aller Gebäude pro Jahr sowie ein Umbau der Fernwärmeerzeugung – weg von fossilen Energieträgern und hin zu Geothermie und anderen erneuerbaren Energien. In den Quartieren, in denen keine Fernwärme angeboten werden kann, müssen die heute dominierenden Heizungen auf Basis von Erdgas und Heizöl systematisch durch Wärmepumpen und andere Technologien zur Nutzung erneuerbarer Energien ausgetauscht werden.

Die Studie stellt ein Paket von Handlungsempfehlungen zusammen, mit denen die Stadt mit Unterstützung durch den Bund und den Freistaat Bayern die Emissionen des Wärmesektors mit Ausnahme der Abfallverbrennungsanlagen auf nahezu Null reduzieren kann. „Angesichts der künftig voraussichtlich stark ansteigenden Preise für fossile Energieträger sind eine gute Wärmedämmung und klimaneutrale Heiztechnik nicht nur für das Klimaziel wichtig, sie schützen zugleich Mieterinnen und Mieter vor kräftigen Steigerungen der Heizkosten,“ sagt Timpe weiter.

Fachgutachten Klimaneutralität: Massnahmenplan für den Klimaschutz
Auf dem Weg zur Klimaneutralität in München müssen neben dem Wärmesektor auch viele andere Bereiche des städtischen Lebens so verändert werden, dass sie dem angestrebten Ziel entsprechen. Dabei sollen in den grossen Feldern Wärme, Kälte und Strom, Verkehr, Wirtschaft und Dienstleistung, privater Konsum sowie Stadtverwaltung und kommunale Unternehmen möglichst wenige Einschränkungen und möglichst viele attraktive und bequeme Alternativen entstehen.

Im Rahmen des Fachgutachtens Klimaneutralität im Auftrag der Landeshauptstadt München haben das Öko-Institut, das Hamburg Institut und Intraplan eine umfassende Sammlung von über 250 Massnahmen zum Klimaschutz vorgelegt. Die Empfehlungen bauen im Wärmesektor auf die Wärmestudie der Stadtwerke auf.

Ausbau der Photovoltaik auf 800 MW
Der Strombedarf der Stadt München soll künftig über erneuerbare Energien gedeckt werden. Dazu gehört ein Ausbau der Photovoltaik von heute etwa 75 Megawatt (MW) auf 800 MW innerhalb der Stadt im Jahr 2035 ebenso wie die Gewinnung von Strom aus dem biogenen Anteil des Abfalls der Stadt sowie aus Klärschlamm bzw. Klärgas. Darüber hinaus planen die Stadtwerke München weitere Investitionen in erneuerbare Energien ausserhalb des Stadtgebiets (siehe ee-news.ch vom 18.11.2021 >>), so dass bis 2035 der gesamte Strombedarf Münchens rechnerisch erneuerbar gedeckt werden kann.

Treibhausgase im Verkehr reduzieren ist langwieriger Prozess
Im Verkehr können die Treibhausgasemissionen über drei wesentliche Ansatzpunkte reduziert werden: Vermeidung von Verkehr, seine Verlagerung auf klimafreundlichere Verkehrsmittel (Umweltverbund) und eine weniger klimaschädliche Abwicklung des verbleibenden Verkehrs. „Trotz vieler vorhandener guter Ansätze ist dies ein langwieriger Prozess, der erhebliche Investitionen in die Infrastrukturen des öffentlichen Verkehrs erfordert“, erläutert Alexandra Rudolf, Verkehrsplanerin bei Intraplan. Gerade wegen dieser langen Umsetzungszeiten der wirkungsstarken Massnahmen ist es umso wichtiger, unverzüglich und mit ausreichenden Ressourcen die Planung der entsprechenden Projekte voranzutreiben. „Selbst eine Stadt wie München ist dabei auf die rechtliche und finanzielle Unterstützung des Freistaats und des Bundes angewiesen“, so Rudolf weiter.

Klimaneutrale Fernwärme und dezentrale erneuerbare Wärme
Im Massnahmenprogramm werden auch konkrete rechtliche Instrumente aufgezeigt, mit denen die Vorschläge umgesetzt werden könnten. „So kann der Stadtrat in Bebauungsplänen die Verbrennung von Heizöl und Erdgas in neuen Heizungen Schritt für Schritt beschränken“, sagt Christian Maass, Geschäftsführer des Hamburg Instituts, und betont den Pioniercharakter einer solchen Massnahme: „München könnte somit die erste deutsche Grossstadt werden, die konsequent für den Umstieg von fossilen Brennstoffen auf klimaneutrale Fernwärme und dezentrale erneuerbare Wärme sorgt.“

Bundesweiter Rahmen für die Energiewende nötig
Die beiden Studien zeigen auch, dass Städte und Gemeinden einen verlässlichen Rechtsrahmen für mehr Klimaschutz seitens der Bundesregierung benötigen. Nur so kann es gelingen, das gesamte Energiesystem zeitnah so umzugestalten, dass die Ziele des Pariser Klimaabkommens erreicht werden.

Dazu gehören Instrumente wie ein ambitionierter CO2-Preis, der klimaschädliche Treibhausgase verteuert, eine Abschaffung der EEG-Umlage, um emissionsarmen Strom im Gegenzug günstiger zu machen sowie gut ausgestattete Förderprogramme für die Gebäudesanierung und die Möglichkeit für Kommunen, höhere Anforderungen an einen klimaschonenden Gebäudebestand und klimaneutrale Heizanlagen zu stellen.

Massnahmenplan ‚Klimaneutrales München‘ von Öko-Institut, Hamburg Institut und Intraplan >>

Studie: Klimaneutrale Wärme München 2035. Mögliche Lösungspfade für eine klimaneutrale Wärmeversorgung in der Landeshauptstadt München von FfE und Öko-Institut >>

Text: Öko-Institut e. V.


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