Die Referenten – hier Gastgeber Thomas Lädrach - sprachen vor vollen Rängen. Bild: Julian Steiner, HIS

Rainer Handl hielt ein engagiertes Plädoyer für eine europäische Holzwirtschaft mit Zukunft. Bild: Julian Steiner, HIS

Die diesjährige Rohholztagung des TF WHE und der HIS-Kongress fanden an der Empa Akademie in Dübendorf statt. Bild: Julian Steiner, HIS

Task Force Wald+Holz+Energie: Haben wir auch das Holz, um die Perspektiven umzusetzen?

(PM) Am diesjährigen Kongress von Holzindustrie Schweiz HIS wurde klar: Die Holzverarbeitung bietet interessante Perspektiven. Zugleich stellte sich am selben Tag an der Rohholztagung der Task Force Wald+Holz+Energie (TF WHE) die Frage: Haben wir auch das Holz dazu? (Texte en français >>)


Der Tagungsort für die beiden Veranstaltungen war gut gewählt: Die Empa in Dübendorf. Was allein dort abgeht in Bezug auf die Weiterentwicklung der Holztechnologie, ist beeindruckend. Ein Forschungsschwerpunkt, so sagte Dr. Tanja Zimmermann, Departementsleiterin «Functional Materials» an der Empa, gilt der Delignifizierung. Wenn man dem Holz das Lignin entzieht, entsteht ein verdichtetes Zellulose-Komposite, das ganz neue Möglichkeiten eröffnet. Ein zweites Forscherteam beschäftigt sich mit der Prozessoptimierung in der maschinellen Holzverarbeitung, zum Beispiel im Hinblick auf Faserdämmplatten. Ein drittes Entwicklungsfeld gilt der Erforschung und Verbesserung des Tragwiderstandes, der Gebrauchstauglichkeit und der Dauerhaftigkeit von Tragwerken, Verbindungen und Bauteilen.

Innovative Holzstrukturen
Resultat sind innovative Holzstrukturen, die zum Beispiel in Form von Holzbeton beim Bau des 80 Meter hohen Holzhochhauses „Pi“ in Zug eingesetzt werden. All diese Erkenntnisse helfen auch in der Weiterentwicklung der Kunst des Holzverbiegens, die von Dr. Kai Strehlke, Leiter Digitale Prozesse bei Blumer-Lehmann präsentiert wurde und die neue Massstäbe in der Erstellung von Freiformgebäuden setzt. Die künstliche Veränderung von physikalischen Eigenschaften des Holzes kann aber auch im Kleinen ganz neue Perspektiven eröffnen. So stehe die Lancierung von Holzkreditkarten im grossen Stil kurz bevor, sagte Dr. Oliver Kläusler, Geschäftsführer von Swiss Wood Solutions.

Sorge tragen zu den Holzreserven
Eine Devise lautet also: Zusatznutzen schaffen. Eine zweite Devise muss aber sein, die Kreislaufwirtschaft des Holzes hervorzuheben und auch zu leben. Denn – so wurde an der Rohholztagung gewarnt – kann das Holz zum Beispiel im Hinblick auf den aufkommenden Recyclingbeton nicht mehr lange allein für sich beanspruchen, klimaneutral zu sein. Zudem bleibt die bange Frage: Haben wir überhaupt genug Holz, um alle diese neuen Nutzungsbereiche abzudecken? Für die Schweiz kennen wir die Antwort: Es wächst in den Schweizer Wäldern das Doppelte an Holz nach, das genutzt wird. Aber es gilt zu differenzieren. Bei den derzeitigen «Brotbäumen» Fichte und Tanne ist das Verhältnis zwischen Nutzung und Nachwuchs ausgeglichener – zumindest wenn man sich auf die Gebiete beschränkt, wo eine Holzernte wirtschaftlich lohnend ist. Zudem setzt der Klimawandel genau diesen Bauholz-Baumarten besonders zu, während in tieferen Lagen zunehmend Laubbäume wachsen, deren Nutzung schwieriger und wirtschaftlich von untergeordneter Bedeutung ist.

Noch bis zu 20 Jahren kein Fichtennotstand
Lars Schmidt, Hauptgeschäftsführer des Verbandes Deutsche Säge- und Holzindustrie DeSH, sieht trotzdem über die nächsten zehn, zwanzig Jahre keinen Fichtennotstand in Europa. «Nicht zuletzt wegen der massiven Klimaschäden (sie betreffen landesweit 10% der gesamten Waldfläche!) müssen wir das Holz aber aus weiter entfernten Regionen zu uns transportieren», sagt er. Dem pflichtet auch Rainer Handl von der Holzindustrie Wirtschaftskammer Österreich WKO zu, ergänzt aber: «Wir müssen gleichwohl Sorge tragen zu unseren Holzreserven – vor allem in Bezug auf die Dekarbonisierung.

Problem in Massen Holz zu verbrennen
Zum Beispiel ist es problematisch, in Massen Holz zu verbrennen, um Biogas herzustellen.» Ein grosses Problem in beiden Nachbarländern ist die Biodiversitätsdebatte – oder eher die Tatsache, dass diese gar nicht geführt wird. Eher scheint es so zu sein, dass die Holzindustrieverbände ohne grossen Einbezug mit Biodiversitätsgesetzen konfrontiert werden, die darauf abzielen, die Bäume im Wald stehen zu lassen, statt sie als Ressource zu nutzen und durch Waldverjüngung den Wald zu stabilisieren und gleichzeitig sowohl eine Wald- als auch eine Holzsenke zu schaffen. «Das ergibt keinen Sinn», sagten die beiden Referenten aus dem benachbarten Ausland.

Waldpolitik und Ressourcenpolitik Holz zusammenführen
Paul Steffen, Vizedirektor des Bundesamtes für Umwelt (BAFU), sagte dazu: «Für uns fusst klimaoptimierter Waldbau und dessen Klimaschutzleistung auf den 3 «S» Sequestrierung (Bindung von CO2 im Wald), Speicherung (z.B. in Holzprodukten) und Substitution (z.B. von fossilen Rohstoffen). Klar ist dabei, dass der Laubholzanteil steigen wird.» Seine Teilnahme an der Tagung zeigt: In der Schweiz redet die Politik mit der Wirtschaft – auch wenn es auch hier noch Verbesserungspotenzial gibt. Dies gelte insbesondere für die Zusammenarbeit der verschiedenen Bundesämter, monierten einige Tagungsteilnehmende. Deshalb werden die Ressourcenpolitik und die Waldpolitik des Bundes zukünftig zu einer einzigen Wald- und Holzstrategie zusammengeführt. «Die Gespräche sind unter Einbezug der Verbände angelaufen, der Prozess sollte 2024 abgeschlossen sein», sagt Paul Steffen.

«Gib nie auf!»
Monika Rühl, Direktorin von economiesuisse, nahm ihrerseits die Apelle aus der Runde nach besseren raumplanerischen Rahmenbedingungen («uns fehlt oft der geeignete Boden, um unsere Betriebe weiterzuentwickeln») und nach Versorgungssicherheit bei der Elektrizität auf. In ihrem Referat konnte sie aber bestätigen, was im Plenum gut spürbar war: Die Herausforderungen in Zeiten des rasanten Strukturwandels und der Digitalisierung sind gross – und doch hat sich die Holzindustrie bislang ganz gut gehalten. Wie die Challenges noch besser gemeistert werden können, brachte der Solartaxi-Abenteurer Louis Palmer am Schluss der Veranstaltung in packender Weise auf den Punkt: «Gib nie auf! Habe den Mut, Unterstützung anzunehmen!» Und vor allem – «sei kreativ!»

Text: Holzindustrie Schweiz und Task Force Wald + Holz + Energie

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1 Kommentare

Max Blatter

Jedenfalls sollte die Nutzung von Holz als Bau- und Werkstoff Priorität haben vor der Nutzung als Energieträger.

Schon lange ergänze ich die aus der Nutzung landwirtschaftlicher Biomasse bekannte Prioritätenfolge "Teller, Trog, Tank" (englisch "Food, Feed, Fuel") zu "Teller, Trog, Tischlerei, Tank" respektive "Food, Feed, Furniture, Fuel".

Beim Holz fallen (nach meinem Wissensstand) der Teller und der (Futter-)Trog weg, aber die Reihenfolge der übrigen beiden ist m.E. gesetzt – siehe oben!

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