Nettoimporte im Winterhalbjahr. Ausführliche Legende am Textende. ©Bild: Elcom

Elcom: Fordert 5 bis 10 TWh Erzeugungskapazität für das Winterhalbjahr ins Gesetz aufzunehmen

(ee-news.ch) Die ElCom erachtet es als notwendig, im Rahmen der laufenden Revision des Stromversorgungsgesetzes die gesetzliche Verankerung eines rechtlich verbindlichen Zubauziels bis 2035 von mindestens 5 TWh [Bandbreite 5 bis 10 TWh] Erzeugungskapazitäten im Winterhalbjahr aufzunehmen sowie die Implementierung von geeigneten gesetzlichen Massnahmen, um dieses Ziel zu erreichen. Der Endverbrauch im Winterhalbjahr macht rund 55% des jährlichen Stom-Endverbrauchs aus.


Als probates Mittel, um diese Ziel umzusetzen möchte die Elcom den Bundesrat verpflichte, wettbewerbliche Ausschreibungen für den Ausbau von Erzeugungskapazitäten als Reserven im Inland durchzuführen, falls sich abzeichnet, dass das gesetzlich vorgegebene Zubauziel nicht erreicht werden kann.

Winer-Stromimporte nicht gesichert
Auslöser des Grundlagenpapiers Winderstrom der Elcom sind insbesondere drei Fakten: 55% des Strom-Endverbrauchs in der Schweiz fallen auf den Winter. Mit der schrittweise Abschaltung der Schweizer AKW fallen mittelfristig 35% Atromstrom weg, der insbesondere für die Winterversorgung wichtig ist, da die Wasserkraft dann weniger produziert. Andererseits nehmen auch die Nachbarländer der Schweiz ihre AKW und Kohlekraftwerke mittelfristig vom Netz. Die Schweiz kann folglich nicht unbedingt auf diese Winterstromquellen setzen.

Die Elcom stellt fest, dass in den nächsten Jahren werden in den Nachbarländern umfangreich steuerbare Kraftwerke aus dem Markt genommen würden,

  • auf Basis der aktuellen Preise am Terminmarkt sei aber nicht mit einem raschen Zubau an steuerbarer Kapazität zu rechnen,
  • die Verfügbarkeit der grenzüberschreitenden Transportkapazität der Schweiz sowohl technisch wie auch politisch mit der Optimierung im EU-Raum verknüpft sei.

Sommerstrom für den Winter speichern?
Gemäss der Elcom ist eine Jahresbetrachtung mit Blick auf die Versorgungssicherheit ist unzulänglich. Denn wie aus der Elektrizitätsstatistiken des BFE ersichtlich sei, sei besonders die Importabhängigkeit in den Wintermonaten kritisch: „Zusätzliche saisonale Speicherung von Elektrizität über das heutige Mass hinausgehend ist nicht möglich bzw. nicht wirtschaftlich: Die Kapazität für Pumpspeicherkraftwerke ist viel zu gering (limitiert v.a. durch die unterwasserseitigen Reservoirs). Die Umwandlung von Elektrizität in Methan würde das saisonale Speicherproblem zwar lösen – aber auf Basis der aktuellen Technologie ist dies wegen der hohen Umwandlungsverluste nicht wirtschaftlich“, ist im Positionspapier zu lesen. Ein technologischer Durchbruch in den nächsten Jahr(zehnt)en sei zwar möglich, könne aber nicht vorausgesetzt werden. Es sei deshalb davon auszugehen, dass Überschüsse im Sommerhalbjahr im Winter weiterhin nur wie bisher (Speicherkraftwerke) genutzt werden könnten.

Absicherung Importe durch Stromabkommen?
Gemäss der Elcom sind im Vernehmlassungsentwurf zur Revision StromVG sind keine zusätzlichen Massnahmen vorgesehen, um die Frage einer angemessenen Winterproduktion zu adressieren. Es werde jedoch darauf verwiesen, dass die Importverfügbarkeit aufgrund des Stromabkommens verbessert werde. Die ElCom sieht auch den Vorteil, wenn die Rechtssicherheit für die grenzüberschreitende Netznutzung mit einem Stromabkommen verbessert werden kann. Mit Blick auf die Versorgungssicherheit seien aber die Möglichkeiten im Rahmen einer Regelung mit der EU begrenzt, da

  • ein Stromabkommen die Exportfähigkeit der Nachbarländer nicht berühre und
  • die geplanten EU-Bestimmungen zur Festlegung der grenzüberschreitenden Kapazität an den EU-Grenzen unabhängig vom Stromabkommen implementiert würden. Könnten bzw. müssten auch an den Schweizer Grenzen 70% der installierten Kapazität für den Handel verfügbar gemacht werden, würde dies die Kopplung an die umliegenden Märkte festigen. Dadurch liessen sich Defizite im Inland einerseits einfacher decken. Andererseits würden auch Engpasssituationen in den umliegenden Ländern stärker importiert. Zudem wäre die Netzsicherheit aufgrund interner Engpässe und kaum ausreichender Redispatchkapazität in hohem Masse gefährdet.

Heutigen Förderinstrumente reichen nicht aus
Der Zubau an Winterproduktion aufgrund der vorhandenen Instrumente (KEV, Eigenverbrauchsgemeinschaften, Investitionsbeiträge) bis 2035 dürfte gemäss den Berechnungen der Elcom rund +4 TWh betragen. Wären die Schweizer AKW per 2035 vom Netz, resultierte somit ein Importbedarf von gut 12 TWh. Nun habe die Importsituation im Winterhalbjahr 2016/17 aber gezeigt, dass schon bei einem Importbedarf von «nur» rund 10 TWh, bei gleichzeitig eingeschränkter Exportfähigkeit der Nachbarländer, die Situation zeitweise sehr angespannt sein könne. Da die Exportfähigkeit der Nachbarländer in den nächsten Jahren mit hoher Wahrscheinlichkeit abnehmen werde, sei aus einer Risikobetrachtung heraus ein substanzieller Anteil der (potenziell) wegfallenden Winterproduktion in der Schweiz selbst zu ersetzen.

Photovoltaik konkurrenziert Laufwasserkraft
Ein verstärkter Zubau bei Photovoltaik in der EU und der Schweiz führt gemäss der Elcom insbesondere im Sommer zu einer Erhöhung der Produktion. Die Auswirkungen seien vielfältig und führen u.a. zu einem weiter abnehmenden Preisniveau im Sommer oder gar zu vermehrten negativen Preisen. Aufgrund des ähnlichen Produktionsprofils (auf Monatsbasis) steht die PV-Produktion auch in direkter Konkurrenz mit Laufwasserkraftwerken13 in der Schweiz, was die Möglichkeit zur Erwirtschaftung von ausreichenden Deckungsbeiträgen für den langfristigen Erhalt der Laufwasserproduktion erschwert. In Hinblick auf die anstehenden Konzessionserneuerungen der Wasserkraftwerke kann diese allfällige Entwertung die Diskussionen erschweren. Eine Minderung dieses Kanibalisierungseffekts könnte zwar mit einem «Peak Shaving»14 der PV Produktion erreicht werden. Dies wiederum schmälert aber die Wirtschaftlichkeit der PV.

Fazit der Elcom
Die ElCom erachtet es als notwendig, im Rahmen der laufenden Revision des Stromversorgungsgesetzes auf Gesetzesstufe aufzunehmen:

  1.  die gesetzliche Verankerung eines rechtlich verbindlichen Zubauziels bis 2035 von mindestens 5 TWh [Bandbreite 5 bis 10 TWh] Erzeugungskapazitäten im Winterhalbjahr sowie die Implementierung von geeigneten gesetzlichen Massnahmen, um dieses Ziel zu erreichen;

  2. die gesetzliche Verpflichtung des Bundesrates, wettbewerbliche Ausschreibungen für den Ausbau von Erzeugungskapazitäten als Reserven im Inland durchzuführen, falls sich abzeichnet, dass das gesetzlich vorgegebene Zubauziel nicht erreicht werden kann;

weil

  • der Importbedarf mit dem Wegfall der CH-KKW in den nächsten Jahren markant ansteigen dürfte,
  • die zukünftige Exportfähigkeit und Exportwilligkeit der Nachbarländer erheblichen Unsicherheiten unterliegt,
  • die Anreize für Investitionen in die Winterproduktion kaum genügen,
  • die Versorgungssicherheit ein kollektives Gut ist,
  • die Frage einer angemessenen Eigenversorgung politisch zu beantworten ist, die Rahmenbedingungen die Versorgungssicherheit auch langfristig sicherzustellen haben.

Bild Nettoimporte Winterhalbjahr
Legende zu Bild links oben: Die orange Linie (3) zeigt die mögliche Zunahme des Importbedarfs im Winterhalbjahr aufgrund der Ausserbetriebnahmen der CH-KKW nach einer Betriebsdauer von jeweils 50 Jahren12 (KKW Mühleberg etwas früher, KKB etwas später). Die grüne Linie (4) zeigt die mögliche Zunahme bei einer Ausserbetriebnahme der KKW nach 60 Jahren. Insgesamt fallen in den nächsten 15-25 Jahren rund 14 TWh Winterproduktion weg. Zusammen mit dem durchschnittlichen Importbedarf aus den letzten 10 Jahren führt dies rechnerisch (ohne Zubau im Inland) zu einem Winter-Importbedarf von rund 17 TWh.


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Text: ee-news.ch, Quelle: Elcom

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