Die deutschen Übertragungsnetzbetreiber erstellen alle zwei Jahre einen Szenariorahmen mit vier Szenarien. Der aktuelle Szenariorahmen reicht bis zu den Jahren 2035 und 2040. Bild: Sharp

Deutschland: Netzbetreiber rechnen mit 120-160% mehr Photovoltaik-Kraftwerkskapazität

(BSW-Solar) Die Stromnachfrage in Deutschland wird kräftig wachsen und künftig deutlich stärker aus Solaranlagen gedeckt werden. Davon gehen inzwischen auch Deutschlands Übertragungsnetzbetreiber aus. Nach deren Einschätzung wird die solare Kraftwerkskapazität in den kommenden 15 Jahren gegenüber heute um rund 120 bis 160 Prozent zunehmen - je nach Entwicklung der politischen Rahmenbedingungen.


Der Bundesverband Solarwirtschaft e. V. (BSW) fordert von der deutschen Bundesregierung eine umgehende Beseitigung von Marktbarrieren und die gesetzliche Beschleunigung des Photovoltaikausbaus noch in diesem Frühjahr. Der BSW begrüsst den gegenüber früheren Prognosen wachsenden Stellenwert der Photovoltaik. Unter Bezugnahme auf eine gemeinsam mit Bonner Marktforschern erstellte Strommarktprognose geht der Verband der Solartechnik und -speicheranbieter jedoch abweichend davon aus, dass die erwarteten solaren Kraftwerkskapazitäten bereits 2026/2027, also in der Hälfte der Zeit, errichtet sein müssen. BSW-Hauptgeschäftsführer Carsten Körnig mahnt: "Andernfalls werden die Klimaziele verfehlt und eine Stromerzeugungslücke infolge des Atom- und Kohleausstiegs ist bereits in der ersten Hälfte der 20er-Jahre unvermeidlich."

Vervierfachung der solaren Kraftwerkskapazität
"Um den wachsenden Ökostromhunger verbrauchsnah zu decken, benötigen wir bis 2035 keine Verzweieinhalbfachung, sondern eine Vervierfachung der solaren Kraftwerkskapazität", erklärt Dr. Martin Ammon. Er ist Geschäftsführer von EuPD Research und Autor der Studie "Energiewende im Kontext von Atom- und Kohleausstieg", die er gemeinsam mit dem BSW und der Innovationsplattform für die neue Energiewelt The smarter E Europe jüngst herausgegeben hat.

30 GW Batteriespeicher
Nach Einschätzung von EuPD und BSW müssen die Kapazitäten von Batteriespeichern bis 2035 auf rund 30 Gigawatt gesteigert werden. Die Netzbetreiber erwarten hier je nach Szenario Zuwächse auf immerhin 16 bis 21 Gigawatt. Bislang wurden nach Angaben von EuPD Research gerade einmal 180.000 Gewerbe-, Heim- und Netzspeicher mit einer Kapazität von insgesamt rund einem Gigawatt in Deutschland installiert. Die installierte Photovoltaikleistung erreicht nach Daten der Bundesnetzagentur in Kürze die 50 Gigawatt-Marke. Nach BSW-Angaben sind in Deutschland inzwischen weit über 1.5 Millionen Solarstromanlagen in Betrieb.


Zweijährliche Erstellung des Szenariorahmens
Die deutschen Übertragungsnetzbetreiber erstellen alle zwei Jahre einen Szenariorahmen. Dieser beschreibt mit Hilfe von vier Szenarien die wahrscheinliche Entwicklung des Stromsektors. Der aktuelle Szenariorahmen reicht bis zu den Jahren 2035 und 2040.

Die deutschen Übertragungsnetzbetreiber schlagen aktuell verschiedene Szenarien vor. Dabei wird die Energiewende mit unterschiedlich starken Ausprägungen der Sektorenkopplung und einer unterschiedlichen Netzorientierung von Erzeuger- und Verbraucherverhalten realisiert. Die Szenarien orientieren sich dabei an den aktuell geltenden gesetzlichen Rahmenbedingungen und energiepolitischen Zielen der deutschen Bundesregierung, wie z. B. die EE-Ausbauziele des Bundes-Klimaschutzgesetzes und die CO2-Reduktionsziele des Klimaschutzprogramms 2030.

Annahmen zu Kraftwerkskapazitäten und Stromverbrauch
Im Vergleich zum letzten Szenariorahmen hat sich das Zieljahr fünf Jahre in die Zukunft verschoben. Daher sind die angenommenen installierten Kapazitäten der erneuerbaren Energien merklich angestiegen. Für den konventionellen Kraftwerkspark wird der Kohleausstieg berücksichtigt.

Die deutschen Netzbetreiber haben die Modelle zur Prognose des Stromverbrauchs aus dem letzten Szenariorahmen weiterentwickelt. Diese ermöglichen eine verbesserte Prognose des Aufkommens, der Verteilung und des Einsatzverhaltens neuer Stromanwendungen wie Elektrofahrzeugen, Wärmepumpen oder Power-to-Gas.

Angesichts zunehmender Sektorenkopplung gehen die Übertragungsnetzbetreiber insgesamt von einer Zunahme des Stromverbrauchs aus. Denn trotz umfassender Energieeffizienzmaßnahmen steigt der Verbrauch durch neue Stromanwendungen in allen Sektoren. Damit können CO2-Minderungen im privaten Bereich, im Verkehr sowie im gewerblichen und industriellen Sektor erreicht werden.

Flexibilisierung und Speicherung von Strom
Bei der Erstellung des Szenariorahmens 2021-2035 haben die deutschen Netzbetreiber neue Entwicklungen bei der Flexibilisierung von Stromanwendungen und neue Speichertechniken berücksichtigt. Hierzu zählen die Steuerung des Verbrauchsverhaltens, die Flexibilisierung des Betriebs von KWK-Anlagen und Batteriespeicher unterschiedlichster Leistungsklassen.

Begleitdokument und Dialogveranstaltungen
Zum Entwurf des Szenariorahmens hat die deutsche Bundesnetzagentur ein Begleitdokument veröffentlicht. Dieses enthält Hinweise, zu welchen Themen sich die deutsche Bundesnetzagentur im Rahmen der Konsultation konkrete Informationen und Stellungnahmen erhofft.

Während des Konsultationszeitraums veranstaltet die deutsche Bundesnetzagentur am 05. Februar 2020 in Berlin und am 06. Februar 2020 in Nürnberg Dialogveranstaltungen, um mit der Öffentlichkeit den Entwurf des Szenariorahmens zu diskutieren.

Entwurf des Szenariorahmens 2021-2035, das Begleitdokument sowie nähere Informationen zu den Dialogveranstaltungen >>


Text: ee-news.ch, Quelle: BSW-Solar und deutsche Bundesnetzagentur

0 Kommentare

Kommentar hinzufügen

Partner

  • Agentur Erneuerbare Energien und Energieeffizienz

Ist Ihr Unternehmen im Bereich erneuerbare Energien oder Energieeffizienz tätig? Dann senden sie ein e-Mail an info@ee-news.ch mit Name, Adresse, Tätigkeitsfeld und Mail, dann nehmen wir Sie gerne ins Firmenverzeichnis auf.

Top

Gelesen
|
Kommentiert