Nur wenn der grüne Strom nicht verbraucht wird, fliesst er in das öffentliche Netz des baden-württembergischen Versorgers Erdgas Südwest, der das Projekt mit Kieswerksbetreiber Armin Ossola realisierte. ©Bild: Ossala, Jörg Wilhelm

Schwimmende Solarparks: Die Niederlande entwickeln sich zum Hot Spot – doch China hat einmal mehr die Nase vorn

(©AS) Schwimmende Solarparks führen ein Nischendasein, gewinnen aber zunehmend an Bedeutung. BayWa r.e. plant in den Niederlanden bereits den dritten schwimmenden Solarpark. Bei einer Leistung von 14.6 MW sollen die Floating-Anlagen mit knapp 40‘000 Modulen jährlich über 13 Mio. Kilowattstunden (kWh) Ökostrom erzeugen. Und das ist erst der Anfang. „Wir arbeiten bereits an weiteren Projekten“, erklärt BayWa r.e.-Sprecher Felix Gmelin.


Die Niederlande entwickeln sich gerade zu einer Art Hot Spot für Floating-Module. Der niederländische Anbieter Floating Solar, ein Joint Venture von dem auf Schiffswinden spezialisierten Dromec und des Solarprojektierers Sunprojects, will im Andijk-Trinkwasserreservoir mit 15 schwimmenden Solarkraftwerken, die aus über 73‘000 Modulen bestehen, Strom erzeugen – noch in diesem Jahr sollen die ersten drei Anlagen starten. Und das nationale Konsortium „Zon op Water“ hat Pläne für den Bau von 2000 Hektar schwimmende Solarkraftwerke mit einer Leistung von zwei Gigawatt bis 2023 angekündigt.

Wirtschaftlich dank höherer Einspeisevergütung
Bisher liegen die Floating-PV-Anlage nach Angaben von BayWa r.e.rund 20 bis 25 Prozent über denen für Freiflächenanlagen. Damit sind sie in den Solarausschreibungen in Deutschland nicht wettbewerbsfähig. In den Niederlanden würden dagegen die Einspeisetarife im Rahmen des Auktionsregime SDE+ derzeit bei acht bis zwölf Cent je Kilowattstunden (kWh) liegen. Gmelin: „Das erlaubt uns, diese Anlagen dort zu realisieren.“ In anderen Ländern fehle derzeit eine politische Unterstützung für schwimmende Solaranlage – „obwohl diese Anlagen das Potenzial haben, den Konflikt um die Flächennutzung zu entschärfen.“

Auch ohne Förderung möglich

Dass es auch ohne öffentliche Gelder geht, zeigt ein Projekt in Deutschland. Auf einer Kiesgrube in dem kleinen Ort Rechen in Baden-Württemberg schwimmen die Solarzellen auf einer 8000 Quadratmeter grossen Fläche und sollen rund 800‘000 kWh Strom im Jahr erzeugen. Zwei Drittel des Ökostroms werden vor Ort für Bagger, Brecher und Förderbänder genutzt, die für den Kiesabbau notwendig sind und sollen so rund 560‘000 Kilogramm s CO2 pro Jahr einsparen.

Projekt mit Kieswerksbetreiber

Nur wenn der grüne Strom nicht verbraucht wird, fliesst er in das öffentliche Netz des baden-württembergischen Versorgers Erdgas Südwest, der das Projekt mit Kieswerksbetreiber Armin Ossola realisierte. Die notwendigen Stromleitungen, Zähler und Verteiler sind bereits vor Ort, da die Leitungsinfrastruktur für den Kiesabbau notwendig ist. Erdgas Südwest-Geschäftsführer Ralf Biehl: „Es geht nicht einfach nur um die Produktion von erneuerbaren Energie, sondern auch um eine effiziente und nachhaltige Verwendung.“

Kein Landverbrauch und vom Wasser gekühlt

Schwimmende Solarmodule, die auf mit Luft gefüllten Containern schwimmen und zusätzlich fixiert und verkabelt sind, haben die Vorteile, dass sie keine Landflächen verschwenden. Gleichzeitig werden sie durch das Wasser gekühlt, was den Wirkungsgrad erhöht. Denn Solarmodule mögen zwar Sonne, aber keine Wärme. Eine Faustregel ist, dass sich der Stromertrag um ein Prozent erhöht, wenn die Betriebstemperatur um zwei Grad sinkt. Biehl erwartet daher einen Mehrertrag von rund zehn Prozent von seinen schwimmenden Anlagen.

Verschmutzungen durch Algen oder Wasservögel

„Die permanente Kühlung kann die Leistung der Solarmodule bei hohen Lufttemperaturen etwas steigern, andererseits können Verschmutzungen durch Algen oder Wasservögel zusätzlichen Wartungsaufwand verursachen“, erklärt Carsten Körnig, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbands Solarwirtschaft, auf Nachfrage. Potential für Floating-Anlagen sieht er vor allem in Ländern mit einer hohen Bevölkerungsdichte und vielen Wasserflächen. Aber: „Auch in Deutschland muss der Ausbau der Solarstromernte vervielfacht werden, um die Erderhitzung einzudämmen. Wir gehen davon aus, dass die dafür benötigten Flächen künftig etwa hälftig auf Gebäuden liegen werden und hälftig auf Freiflächen. Als Solarpark-Standorte kommen dabei vorbelastete Konversionsflächen, ertragsarme Böden der Landwirtschaft, in gewissem Umfang aber auch Wasserflächen in Betracht.“

Weltweit n
ur gerade 1.1 GW installiert
Die Umwandlung von Sonnenlicht in Strom ist die weltweit am stärksten wachsende Energiequelle. Im vergangenen Jahr wurden Anlagen mit einer Leistung von 102 Gigawatt (GW) neu installiert. Prognosen zufolge können sie bis 2050 weltweit 30 bis 50 Prozent des Strombedarfs decken. Bisher spielen dabei die wasserbasierten Photovoltaiksysteme eher eine Nebenrolle. Obwohl sie bereits vor rund zehn Jahren in den USA erfunden wurden, lag die installierte Leistung nach Angaben des Fraunhofer-Instituts für Solare Energiesysteme (ISE) Mitte 2018 bei lediglich gut 1.1 GW. Nur ein Prozent davon ist in Europa realisiert worden. Eine Studie der World Bank Group beziffert das Potenzial für Floating-PV in Europa auf 20 GW, wenn ein Prozent der menschgemachten Süsswasserflächen dafür verwendet werden.

Frankreich 17 MW-Anlage geplant

Die Anlage in Rechen ist im europäischen Vergleich eher bescheiden. In Grossbritannien hat der Ölkonzern BP ein 6.3 MW-Projekt realisiert. In Frankreich sollen sogar 46‘000 Module im Örtchen Piolenc eine Spitzenleistung von 17 MW liefern. Das schwimmende Kraftwerk in der Provence-Alpes-Côte d’Azur im Südosten von Frankreich ist die grösste ihrer Art in Europa und von Akuo Energy, einem der führendem unabhängigen Erzeuger erneuerbarer Energie in Frankreich.

50 Hektar Wasserfläche in Südeuropa

BayWa r.e.-Sprecher Gmelin ist überzeugt, dass in Südeuropa Floating PV für Flächen ab 50 Hektar „schon bald ohne Subventionen oder staatliche Förderung realisierbar“ ist. „Für kleinere Anlagen oder nördlichere Regionen wie Deutschland können Ausschreibungen mit Schwerpunkt auf Innovation und Technologie ein geeignetes Mittel sein, um das Konzept Floating Solar stärker zu etablieren.“

China hat die Nase vorn

Die meisten Anlagen entstehen zurzeit in China. Das französische Photovoltaik-Unternehmen Ciel & Terre hat in der chinesischen Stadt Suzhou in einem ehemaligen Kohleabbau- und Überschwemmungsgebiet ein schwimmendes Kraftwerk mit einer Nennleistung von 70 MW gebaut, das sich über eine Fläche von 140 Hektar erstreckt und in den kommenden 25 Jahren rund 1.94 Millionen MWh Storm erzeugen soll.

Test auf der Nordsee

Auf dem Meer schwimmen die PV-Anlagen bisher nicht, da die Module kein Salzwasser vertragen und mit hohen Wellen zu kämpfen haben. Ein internationales Konsortium unter Leitung des belgischen Unternehmen Tractebel, einer Tochter des französischen Energieversorgers Engie, will es aber versuchen. Voraussichtlich im kommenden Jahr soll ein Pilotprojekt starten und die erste Offshore-Solaranlage der Welt in der Nordsee entstehen.

©Text: Angela Schmid

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