„Es mag verlockend tönen, dass jeder sein eigenes Süppchen kochen kann. Doch in der erneuerbaren Energieversorgung geht es darum, den produzierten Strom möglichst effizient und vor Ort zu verbrauchen.“ Anita Niederhäusern, Herausgeberin ee-news.ch

Photovoltaikbranche im Batterietaumel: Jedem Anlagenbesitzer sein Pläsierchen?

(AN) Im Vorfeld der Smarter E in München mit den Messen Intersolar Europe, EES, Power2Drive und EM Power, die heute ihre Tore öffnet, wurde in den letzten Wochen unsere Mailbox täglich mit Pressemeldungen zu neuen Batteriesystemen für Photovoltaikanlagen bombardiert. In Deutschland wird unterdessen jede zwei Anlage mit einem Batteriesystem verkauft. Eine heilsbringende Entwicklung oder volkswirtschaftlicher Blödsinn?


Auf los geht’s los: Heute um 9 Uhr öffnen die Tore der Intersolar Europe, die neu unter dem Dach der Smarter E stattfindet. Parallel dazu werden auch die Tochtermessen ees Europe, Power2Drive Europe und EM Europe durchgeführt. Die neue Welt des Solarstroms unter einem Dach an der Messe München. Rund 50‘000 Besucher werden erwartet, über 1000 Aussteller stehen bereit. Die Photovoltaik ist nicht nur die erneuerbare Technologie, die in den letzten Jahren die deutlichste Kostensenkung verzeichnet hat. Sie weist neben der Windkraft auch das weltweit grössten Potenzial und den höchsten Wachstumsraten auf. Kaum zu glauben, dass die Photovoltaik vor zwanzig Jahren in breiten Energiekreisen als nicht zukunftsfähig belächelt wurde. Hauptargument: zu teuer und zu wenig Stromertrag.

Treiber Photovoltaik und E-Mobilität
Dank der rasanten Entwicklung der Photovoltaik hat Solarstrom die Entwicklung einer ganz neuen Energiewelt ausgelöst: Die immer weiter sinkenden Solarstrom-Produktionskosten und die leider noch tieferen Einspeisekosten der Energieversorger für eben diesen Strom sowie die steigenden Stromkosten für Private haben Speicher über Nacht zum Verkaufsargument gemacht. In Deutschland wurde 2017 jede zweite Photovoltaikanlage mit einem Speicher verkauft. Gleichzeitig entwickelten findige Unternehmer wie Elon Musk neue Speichersysteme, deren Nutzen mit smarten Kommunikationskampagnen rund um die Welt kolportiert wurde und der Elektromobilität Flügel verliehen. Während sich die traditionelle Autobranche noch lange in Sicherheit wiegte, erkannten die Chinesen, dass die E-Mobilität die Chance ist, sich auch in der Mobilität an die Weltspitze zu setzen. So befeuerten Photovoltaik und E-Mobilität die Speicherbranche gleichzeitig. Und damit sanken auch bei den Speichern die Kosten deutlich: Sie haben sich in den vergangenen vier Jahren halbiert!

Jedem sein eigenes Süppchen
Kein Wunder folglich, dass sich im Vorfeld der Smarter E in den vergangen Woche die Mailbox der Redaktion von ee-news.ch täglich mit Pressemeldungen zu neuen Batterielösungen füllte. Wer heute eine Photovoltaikanlage verkaufen will, kommt um die Batterie nicht mehr herum. Sie gehört zu den wichtigsten Verkaufsargumenten. Nicht die kühnsten Köpfe hätten noch vor 10 Jahren gewagt vorauszusagen, dass die Post so abgehen wird. Jedem Anlagenbesitzer sein Pläsierchen! Wenn der Anlagenbesitzer dann mit Solarstrom sein Auto lädt, mag das sinnvoll sein. Aber den Solarstrom in der eigenen Batterie zu bunkern, während der Nachbar diesen verbrauchen könnte, ist volkswirtschaftlicher und ressourcentechnischer Blödsinn. Es mag verlockend tönen, dass jeder sein eigenes Süppchen kochen kann. Doch in der erneuerbaren Energieversorgung geht es darum, den produzierten Strom möglichst effizient und vor Ort zu verbrauchen. Die Batterie ist da nur die zweite Wahl. Die Energieversorger täten folglich gut daran, den Anlagenbesitzern die Netzeinspeisung schmackhaft zu machen, statt sie zu vergraulen. Auch das Netz wird den Solarstrom verkraften: Bis zu 50 % Solarstrom sind dank Leistungs- und Wechselrichter sowie Blindstrommanagement auch in weniger dicht besiedelten Regionen durchaus verkraftbar. Erst danach machen Speicher vielleicht Sinn (siehe ee-news.ch vom 27.6.17 >>).


Verschmelzung der Technologien
Der Siegeszug der Photovoltaik hat neben dem Solarstrom als Produkt einerseits auch der über Wärmepumpen mit Solarstrom erzeugten Wärme die Türe geöffnet. Andererseits hat er mit dem Entwicklungsschub, den er bei den Batterien ausgelöst hat, die E-Mobilität unaufhaltsam angeschoben. Hinzu kommen die Möglichkeiten der Digitalisierung. Aufgrund dieser Entwicklungen findet zurzeit eine Energierevolution statt, die alles auf den Kopf stellen wird. Daher macht es Sinn, dass die Intersolar Europe, die weltweit grösste Messe der Solarwirtschaft, unter das Dach der Smarter E gestellt wurde. Denn mit der ees Europe werden die Fachleute für Batterien und Energiespeichersysteme abgeholt, mit der Power2Drive Europe diejenigen für Ladeinfrastruktur und Elektromobilität und zu guter Letzt mit der EM-Power die Spezialisten für intelligente Energienutzung in Industrie und Gebäuden. Günstiger Photovoltaikstrom ist und bleibt indes der Erfolgsfaktor und die Basis für die gesamte Entwicklung.

Anita Niederhäusern, Herausgeberin und leitende Redaktorin ee-news.ch

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