Die erste Getreideernte unter der APV-Anlage wird eingebracht. ©Bild: Foto Hofgemeinschaft Heggelbach

Die Doppelnutzung der Fläche steigert die Landnutzungseffizienz um 60 Prozent. ©Bild: Foto Fraunhofer ISE

Im Sommer deckte die PV-Anlage die Last fast vollständig ab. ©Bild: Foto Fraunhofer ISE

Die PV-Anlage mit einer Leistung von 194 Kilowatt erstreckt sich über einen Drittel Hektar. ©Bild: Foto Fraunhofer ISE

Fraunhofer ISE: Agrophotovoltaik steigert Landnutzungseffizienz um über 60 %

(ISE) Die »Agrophotovoltaik« kann durch die ressourceneffiziente Doppelnutzung von landwirtschaftlichen Flächen die Flächenkonkurrenz abmildern und Landwirten neue Einkommensquellen erschliessen. Das zeigt eine Projekt des Fraunhofer ISE auf einer Versuchsfläche von einem Drittel Hektar in Süddeutschland. (siehe ee-news.ch, 21.9.17 >>)


Als Testkulturen wurden Winterweizen, Kartoffeln, Sellerie und Kleegras angebaut. Durch einen grösseren Reihenabstand zwischen den bifazialen Glas-Glas-Solarmodulen in fünf Meter Höhe und die Ausrichtung nach Südwesten wurde sichergestellt, dass die Nutzpflanzen gleichmässig Sonnenstrahlung erhalten.

»Die Ergebnisse des ersten Projektjahrs sind ein voller Erfolg, da sich die Agrophotovoltaik-Anlage als praxistauglich erwiesen hat, die Kosten bereits heute mit kleinen Solar-Dachanlagen wettbewerbsfähig sind, die Ernteprodukte ausreichend hoch und wirtschaftlich rentabel vermarktet werden können«, erklärt Stephan Schindele, Projektleiter Agrophotovoltaik am Fraunhofer ISE. »Die Agrophotovoltaik hat das Potenzial, neue Flächen für den dringend benötigten Photovoltaik-Ausbau in Deutschland zu erschliessen und gleichzeitig den Flächenkonflikt zwischen Landwirtschaft und Freiflächenanlagen zu mildern. Bis zur Marktreife der Technologie müssen jedoch noch weitere Sparten und Anlagengrössen getestet und die technische Integration vorangetrieben werden, zum Beispiel bei der Speicherung«, so Dr. Andreas Bett, Institutsleiter des Fraunhofer ISE.

Ernteverluste durch Solarmodule – positive Gesamtbilanz
Die Ergebnisse der ersten Ernten auf den Versuchsflächen sind weitestgehend vielversprechend: »Beim Kleegras ist der Ertrag im Vergleich zur Referenzfläche nur leicht um 5.3 % reduziert«, berichtet Prof. Dr. Petra Högy, Agrarexpertin an der Universität Hohenheim. »Bei Kartoffeln, Weizen und Sellerie sind die Ernteverluste durch die Beschattung mit rund 18 bis 19 % etwas stärker ausgeprägt.«

»Aus agrarwissenschaftlicher Sicht sieht Agrophotovoltaik nach einem vielversprechenden Lösungsansatz aus, um die Landnutzungseffizienz zu erhöhen und den Mix erneuerbarer Energien zu erweitern, die zukünftig aus der Landwirtschaft bereitgestellt werden«, betont Prof. Dr. Iris Lewandowski, Leiterin des Fachgebiets Nachwachsende Rohstoffe und Bioenergiepflanzen an der Universität Hohenheim. Allerdings, schränken die Expertinnen ein, seien noch mehrere Praxisjahre und Untersuchungen mit anderen Kulturen sinnvoll, um eindeutige Aussagen treffen zu können.


Video zum Forschungsprojekt Agrophotovoltaik - Hofgemeinschaft Heggelbach am Bodensee. ©Video: Fraunhofer ISE

Solaranlage produziert überdurchschnittlich

Die 720 bi-fazialen Solarmodule gewinnen Sonnenstrom nicht nur auf der Vorderseite, sondern nutzen auch die von der Umgebung reflektierte Strahlung auf der Rückseite. Bei günstigen Bedingungen (z.B. Schneefläche), können sie so bis zu 25 Prozent Mehrertrag erzielen und den Energieertrag der Fläche zusätzlich erhöhen. Aus energetischer Sicht ist diese Doppelnutzung einer Ackerfläche ohnehin deutlich effizienter als der reine Anbau von Energiepflanzen, der in Deutschland immerhin 18 Prozent der landwirtschaftlichen Flächen ausmacht.

Mit der installierten Leistung von 194 Kilowatt können 62 Vier-Personen- Haushalte versorgt werden. In den ersten zwölf Monaten hat die Photovoltaik-Anlage 1266 Kilowattstunden Strom pro installiertem Kilowatt Leistung geerntet. Dieses Ergebnis liegt ein Drittel über dem deutschlandweiten Durchschnitt von 950 Kilowattstunden pro Kilowatt.

Die Stromernte vom Acker passt in ihrem täglichen Verlauf gut zu den Lastverläufen auf dem Hof. So wurde etwa 40 Prozent des erzeugten Solarstroms in der Hofgemeinschaft direkt für das Betanken des Elektrofahrzeugs sowie die Verarbeitung der Produkte genutzt. Im Sommer wurde die Last tagsüber fast komplett durch die Photovoltaik-Anlage beliefert. Die Demeter-Bauern um Thomas Schmid planen, durch eine Optimierung ihres Verbrauchsverhaltens und den Einsatz eines Stromspeichers den Grad der Eigennutzung auf 70 Prozent zu steigern. Den überschüssigen Strom nimmt der Projektpartner Elektrizitätswerke Schönau ab.

Das Projekt »Agrophotovoltaik- Ressourceneffiziente Landnutzung«
Seit die Idee der Agrophotovoltaik 1981 vom Gründer des Fraunhofer ISE, Prof. Dr. Adolf Goetzberger, formuliert wurde, wurden weltweit mehrere grosse Agrophotovoltaik-Anlagen umgesetzt. Allerdings existieren nur wenige solche Forschungsanlagen. Im Projekt »APV-Resola« werden erstmalig unter Realbedingungen die wirtschaftlichen, technischen, gesellschaftlichen und ökologischen Aspekte der Technologie an einer Pilotanlage wissenschaftlich untersucht. Das deutsche Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) und die FONA- Forschung für nachhaltige Entwicklung fördern das Projekt.

Projektziel ist die Entwicklung der Agrophotovoltaik-Freiflächenanlagentechnologie zu einem marktfähigen Produkt. »Um den für eine Markteinführung notwendigen Nachweis der Funktionstüchtigkeit im Einsatz erbringen zu können, müssen wir weitere techno-ökonomische Agrophotovoltaik-Anwendungen vergleichen, die Übertragbarkeit in andere Regionen demonstrieren und grössere Anlagen realisieren«, so Stephan Schindele. So sollen die unterschiedlichen Anwendungsmöglichkeiten u.a. in Kombination mit Obst-, Beeren-, Wein- und Hopfenbau sowie mit Energiespeicher, organischer PV-Folie und solarer Wasseraufbereitung und -verteilung untersucht werden. »Neben Investitionen seitens der Industrie und der Forschungspolitik ist für die erfolgreiche Markteinführung der Agrophotovoltaik auch eine für erneuerbare Energien typische politische Steuerung notwendig«, ergänzt Stephan Schindele. Das Fraunhofer ISE und das Wuppertal Institut haben daher bereits 2014 in einer gemeinsamen Stellungnahme mit Unterstützung der Universität Hohenheim vorgeschlagen, Agrophotovoltaik in Ausschreibungen in einer Testphase gesondert zu berücksichtigen.

Text: Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme ISE

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