Die Aussicht auf Millionenzahlungen in Folge künftiger Ausschreibungen könnte ein wichtiger Grund für den Weiterbetrieb sein. Die Auktionen kosten viel Geld und bewirken, dass Kohlekraftwerke länger laufen. Bild: D. Müller/Greenpeace

Greenpeace Energy: Stilllegungs-Prämien für Steinkohlekraftwerke vergolden Betreiber die Abschaltung - erste Zuschläge werfen Fragen zur Effizienz der Kohle-Ausschreibungen auf

(Greenpeace Energy) Die am Dienstag vom der deutschen Bundesnetzagentur veröffentlichten ersten Stilllegungs-Zuschläge für Steinkohlekraftwerke unterstreichen nach Ansicht des Ökoenergieanbieters Greenpeace Energy die Fragwürdigkeit von Ausschreibungen als Instrument des Klimaschutzes. Die Energiegenossenschaft kritisiert dabei vor allem das System der Auktionen, bei denen sich Kohlebetreiber um Prämien bewerben können, wenn sie dort Kraftwerke zur vorzeitigen Abschaltung anmelden. „Offensichtlich ist der Druck unter den Betreibern ist gross, weil ihre Kohlemeiler bereits unrentabel sind oder es bald werden“, sagt Sönke Tangermann. „Der Staat vergoldet den Betreibern also die Abschaltung von Kraftwerken, die sich wirtschaftlich ohnehin nicht mehr richtig rechnen.“


Elf Gebote haben laut BnetzA diesen Zuschlag nun erhalten. Etliche weitere Kraftwerke hatten sich ebenfalls beworben, kamen aber nicht zum Zuge. Abgeschaltet werden nun unter anderem grosse Blöcke der Kohlekraftwerke Moorburg (Hamburg), Ibbenbüren (siehe ee-news.ch vom 1.12.20 >>), Heyden und Walsum (alle NRW). Insgesamt erhalten die stillzulegenden Kohlemeiler 317 Millionen Euro. Aus der Veröffentlichung der BNetzA lässt sich laut Greenpeace Energy schliessen, dass dabei ein Grosskraftwerk allein 120 Millionen Euro erhält. Insgesamt lagen die Gebote aber deutlich unter dem Höchstpreis von 165‘000 Euro je Megawatt, der für die Auktion festgelegt war.

Aussicht auf Millionenzahlungen ist wichtiger Grund für Weiterbetrieb
Diese erste Ausschreibungsrunde mit einem bezuschlagten Volumen von 4788 Megawatt war laut Informationen der Netzagentur deutlich überzeichnet. Es nahmen also mehr Kraftwerke teil, als bezuschlagt wurden. „Es ist schlecht für den Klimaschutz, dass diese Kohlekraftwerke nun erst mal weiterlaufen, obwohl ihre Betreiber sie doch abschalten wollen“, so Tangermann. Die Aussicht auf Millionenzahlungen in Folge künftiger Ausschreibungen ist nach seiner Auffassung ein wichtiger Grund für diesen Weiterbetrieb: „Die Auktionen kosten viel Geld und bewirken, dass Kohlekraftwerke länger laufen, als sie eigentlich wollen.“

Beschwerde bei der EU-Kommission
„Das Ausschreibungs-System droht den Kohleausstieg – und den damit verbunden Klimanutzen – insgesamt zu verlangsamen“, so Tangermann. Greenpeace Energy hatte daher bereits Anfang September gegen die Stilllegungsregelungen im Rahmen des deutschen Kohleausstiegs Beschwerde bei der EU-Kommission eingelegt. Bei wies Greenpeace Energy die EU-Kommission auch auf die mögliche Unverhältnismässigkeit der Stilllegungs-Prämien hin.

Anreiz unwirtschaftliche Kohlekraftwerke weiter zu betreiben
Die Prämien erhalten die Betreiber-Konzerne nur dann, wenn sie ihre Kraftwerke bis zu einem Zuschlag in der BNetzA-Ausschreibung weiterlaufen lassen – was angesichts eines bis zum Jahr 2038 geplanten Kohleausstiegs mit insgesamt nur sieben Ausschreibungsrunden etliche Monate oder sogar Jahre dauern kann. „Die Hoffnung auf diese Millionenzahlungen ist für die Betreiber ein Anreiz, selbst unwirtschaftliche Kohlekraftwerke weiter zu betreiben, die sie unter reinen Marktbedingungen längst selbst stillgelegt hätten“, sagt Sönke Tangermann.

EU-Kommission gibt grünes Licht
Die EU-Kommission gab in der vergangenen Woche dennoch grünes Licht für die deutschen Steinkohle-Ausschreibungen. Wettbewerbs-Kommissarin Margrethe Vestager hatte dies mit den Worten kommentiert, die Auktionen würden Deutschland „grösstmögliche Emissionsminderung zu geringsten Kosten ermöglichen“. Allerdings schränkte die Kommission in ihrer begleitenden Pressemitteilung damals ein, dass sie sich nicht festlegen würde, ob die Steinkohle-Kompensationen einen beihilferechtlich relevanten Vorteil für die begünstigten Konzerne darstellt oder nicht. Der positive Beitrag zu den Umwelt- und Klimazielen der EU sei jedoch bedeutender als eine potenzielle Marktverzerrung zugunsten der Kohlekonzerne, die durch den Ausschreibungsmechanismus beschränkt würde, entschied die EU-Kommission. „Wir werden die Entscheidung der EU-Kommission genau analysieren und gegebenenfalls weitere – auch juristische – Schritte prüfen.“

Text: Greenpeace Energy eG

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