Die Rückliefervergütung der BKW von 2018 bis 2020. Bild: BKW

BKW: Solarstromproduzenten werden mit nachträglich festgelegten Quartalspreisen verunsichert

(©AN) Im November 2019 wurden die unabhängigen Solarstromlieferanten per Post informiert: Ab 2020 zahlt die BKW die Vergütung für Solarstrom, der in ihr Netz gespiesen wird, nach Quartalsende gemäss der Entwicklung des Marktpreises. Anlagebesitzer wissen also neu erst bei Erhalt der Rechnung, wie viel die Kilowattstunde vergütet wird. Die Vergütung sinkt dadurch voraussichtlich von 9.5 Rp. pro Kilowattstunde auf voraussichtlich 8.2 Rp. (inkl. Herkunftsnachweis HKN). Das ist ein Rückgang um über 13 %. Die BKW spricht von einer „Vereinfachung“ der Abrechnung.


Andreas Stämpfli, Anlagebesitzer von zwei Anlagen mit 43 kW- und einer 30 kW-Liestung, die er 2012 und 2014 auf gemieteten Bauerndächern gebaut hat, erhielt anfangs Jahr von BKW einen Brief mit folgendem Inhalt: „Wie wir im November 2019 informiert haben, vereinfachen wir die Abrechnung per 1. Januar 2020. Neu berechnen wir den effektiven Marktwert der Energie quartalsweise. So wird die eingespeiste Energie zeitnah nach dem aktuellen Marktwert vergütet. Es ist uns wichtig, die Abrechnung für Sie optimal und transparent zu gestalten.“ Wie hoch die Preise vermutlich neu sein werden, hat Stämpfli nun auf der Homepage der BKW erfahren, denn auf dem Preisblatt der BKW stehen keine Preise für 2020 (siehe Link am Textende).

Zu grosse Herausforderung
Im August müssen die Energieversorger der Elcom jeweils die Strompreise für Stromkunden mit einem Verbrauch unter 100 MWh für das Folgejahr mitteilen. Doch für einige Energieversorger, das sind gemäss dem Verband unabhängiger Energieerzeuger (VESE) die CKW, die Kantonalen Elektrizitätswerke Nidwalden und neustens auch die BKW, scheint es eine zu grosse Herausforderung zu sein, solche Angaben zu den Vergütungen für die Solarstromlieferanten zu machen: „Seit diesem Jahr weiss ich immer erst nach Abschluss des Quartals, wie viel ich für meinen Solarstrom ausbezahlt erhalte!“, ärgert sich Andreas Stämpfli.

Von 5.58 auf 3.7 Rp./kWh
„Die vorläufigen Preisangaben für das zweite Quartal 2020 betragen 3 Rappen pro Kilowattstunde“, erklärt Andreas Stämpfli. „2019 habe ich dafür noch 5 Rappen erhalten, das entspricht folglich einem Rückgang von 40 %!“ Die BKW gibt auf ihrer Homepage für das ganze Jahr einen HKN-Preis von 4.5 Rp. pro Kilowattstunde (kWh) an. Im ersten Quartal wird der Solarstrom voraussichtlich zu 3.7 Rp., im zweiten zu 3.0 Rp. im dritten zu 3.5 Rp. und im vierten zu 4.6 Rp. berappt. „Das heisst, ich werde doppelt bestraft, denn im Sommer produziert meine Anlage ja mehr als im Winter“, stellt Andreas Stämpfli fest. 2018 zahlte die BKW noch 5.58 Rp./kWh Solarstrom, 2019 waren es 5 Rp./kWh, 2020 werden es voraussichtlich noch durchschnittlich 3.37 Rp./kWh sein (Gewichteter Mittelwert gemäss Berechnungen von VESE). Allerdings zahlt die BKW diesen Preis für Anlagen bis 5 MW Leistung, was lange nicht alle Energieversorger machen. Viele garantieren ihre Preise nur für Anlagen bis 100 kW, danach gibt es individuelle Verträge.

 

2018

2019

1. Q 2020

2. Q 2020

3. Q/2020

4. Q 2020

HKN

4.5 Rp.

4.5 Rp.

4.5 Rp.

4.5 Rp.

4.5 Rp.

4.5 Rp.

Solarstrom

5.68 Rp.

5.0 Rp.

3.7 Rp. (Plan)

3.0 Rp.

(Plan)

3.5 Rp.

(Plan)

4.6 Rp

(Plan)

Total

11.18 Rp.

9.5 Rp

8.2 Rp.*

7.5 Rp.*

8.0 Rp. *

9.1 Rp.*

* vorausschtlich, Preis wird erst nach Ende des Quartals festgelegt


Marge von 30 %
11.72 Rp./kWh bezahlt ein Haushalt für Solarstrom gemäss der Produktebroschüre der BKW. In diesem Preis inbegriffen ist auch der HKN. Das sind 30 % mehr, als die BKW den Solarstromproduzenten einschliesslich HKN durchschnittlich bezahlt.

Rund CHF 0.5 Mio. gespart
Gemäss der Stromkennzeichnung hat die BKW 2018 insgesamt 52 Mio. kWh Solarstrom an ihre Kundinnen und Kunden geliefert. Entsprechend viel haben sie somit auch bei den Produzenten eingekauft beziehungsweise selbst produziert. Bei einer Vergütung von 9.5 Rp/kWh entspricht dies Kosten von ca. CHF 5 Mio. Senkt die BKW den Preis um 1 Rp./kWh, «spart» sie rund CHF  0.52 Mio.

Kostspielige Kommunikationskampagne für AKW Mühleberg
„Mit dieser Preispolitik für Solarstrom zwingt mich die BKW über kurz oder lang, meine Solarstromanlage zu verkaufen, vielleicht sogar an sie!“, stellt Andreas Stämpfli resigniert fest. Während die BKW die Solarstromproduzenten immer mehr unter Druck setzt, fährt sie beim Rückbau des AKW Mühleberg eine sicher sehr teure Kommunikationskampagne. So schafft sie es, sich für den Rückbau des „ehrenwerten AKW Mühlebergs“ in den Medien feiern zu lassen. Obwohl der Rückbau technisches Neuland bedeutet und während den ersten fünf Jahren immer noch ein Supergau wie in Fukushima passieren kann. Mit der Kampagne lenkt die BKW auch geschickt davon ab, dass sie die Solarstromproduzenten in ihrem Netzgebiet mit ihrer Preispolitik nachhaltig verunsichert.


9.9 Rp./kWh Graustrom für gebundene Kunden
Sowohl 2019 wie auch 2020 summieren sich die reinen Stromkosten für Graustrom für BKW-Kundinnen und Kunden (H4-Tarif) auf 9.09 Rp./kWh. Das ist Strom ohne HKN. Die BKW verkauft ihrer Kundschaft also Graustrom fast dreimal teurer, als sie ihren Solarstromproduzenten Solarstrom abkauft.


©Text: Anita Niederhäusern, leitende Redaktorin und Herausgeberin ee-news.ch

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