Werbung für «das Geld von morgen»: Nachhaltig orientierte Anlegerinnen und Anleger müssen abwägen, in welche Kryptowährung sie investieren wollen. Foto: B. Vogel

Digitale Währungen (auch: ‹Kryptowährungen›) brauchen keine zentrale Instanz wie eine Zentralbank, die den Geldverkehr autorisiert. Foto: Shutterstock

Werbung für «das Geld von morgen»: Nachhaltig orientierte Anlegerinnen und Anleger müssen abwägen, in welche Kryptowährung sie investieren wollen. Foto: B. Vogel

Im Kanton Zug akzeptieren die Steuerverwaltung und einzelne Geschäfte heute Zahlungen mit Kryptowährungen wie Bitcoin oder Ethereum. Foto: B. Vogel

Das Forschungszentrum CERN (Bild) bei Genf benötigt 428 GWh Strom pro Jahr. Die Kryptowährung Bitcoin braucht über 250 mal mehr Strom. Foto: B. Vogel

Die Illustration veranschaulicht den Aufbau einer Blockchain. Grafik: Hannes Saxer

Das Kraftwerk Itaipu hat eine Leistung von bis zu 14 GW Das ist die Grössenordnung, die die Kryptowährung Bitcoin verbraucht. Foto: Shutterstock

Studie: Digitales Geld nachhaltiger machen - dem quantifizierten Energieverbrauch von Bitcoin auf der Spur

(BV) Die Kryptowährung Bitcoin verschlingt grosse Mengen an Energie. Verantwortlich dafür ist das Proof-of-Work-Verfahren, das alle Transaktionen des digitalen Geldes legitimiert. Eine Studie der ETH Zürich im Auftrag des Bundesamts für Energie hat den Energieverbrauch quantifiziert und zeigt Wege auf, wie der Stromverbrauch durch Ausweichen auf weniger energieintensive Kryptowährungen gedrosselt werden könnte. Wenn sich die Nutzer digitaler Währungen künftig von Umweltargumenten leiten lassen, könnten längerfristig jene Kryptowährungen überleben, welche mit einem vernünftigen Energieverbrauch auskommen.


Für die einen sind Kryptowährungen Hokuspokus, für andere die Fortsetzung der Geldwirtschaft mit digitalen Mitteln. Zu jenen, die digitale Währungen als Zahlungsmittel bereits heute nutzen, gehört der Kanton Zug. Dort können seit Februar 2021 natürliche wie juristische Personen ihre Steuerrechnung mit den Kryptowährungen Bitcoin und Ether begleichen. Im ersten Jahr haben 41 Privatpersonen und 21 Unternehmen von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht.

Einnahmen müssen versteuert werden
Die Abwicklung der Steuerzahlungen erfolgt über die Bitcoin Suisse AG. Diese wechselt die Kryptowährungen in Franken und überweist sie an die Zuger Finanzdirektion. Der Kanton trägt dadurch kein Wechselkurs-Risiko. Kryptowährungen sind für Steuerbehörden noch in einer anderen Hinsicht von Bedeutung. Personen, die an der Herstellung des digitalen Geldes verdienen, müssen diese Einnahmen nämlich versteuern. «Das Schürfen (Mining) von Kryptowährungen durch Zurverfügungstellen von Rechnerleistung gegen Entschädigung führt zu steuerbarem Einkommen», hält die Zuger Finanzdirektion fest.

Das Doppelte des Schweizer Stromverbrauchs
Um Banknoten und Münzen fälschungssicher zu machen, ist ein grosser Aufwand nötig. Das gilt auch für Digitalwährungen wie den Bitcoin. Letztere arbeiten auf der Grundlage der Blockchain-Technologie. Blockchains sind ein Instrument, um Informationen auf dezentral verteilten Computern ohne zentrale Kontrollinstanz (Behörden, Zentralbank) zu speichern. Dass die in der Blockchain gespeicherten Informationen nicht manipuliert werden können, wird durch einen sogenannten Konsensmechanismus sichergestellt. Dieser besteht im Fall von Bitcoin aus dem Proof-of-Work-Verfahren (vgl. Textbox). Dieses Verfahren ist verantwortlich für den sehr hohen Energieverbrauch der Bitcoin-Währung, wie eine Studie im Auftrag des BFE nun zeigt.

Autor der Untersuchung ist Vlad Coroamă, bis Sommer 2021 Dozent für Smart Energy am Departement Informatik der ETH Zürich. Coroamă hat darin den Energieverbrauch von Kryptowährungen abgeschätzt. Demnach beträgt der Energieverbrauch für die Bitcoin-Währung pro Jahr über 100 TWh. Das entspricht dem Doppelten des jährlichen Schweizer Stromverbrauchs. Oder mit einem anderen Vergleich: Der Bitcoin braucht 25 bis 50 % der Strommenge, die alle Rechenzentren der Welt zur Datenverarbeitung konsumieren (exkl. Kryptowährungen). Um diese Energie bereitzustellen, sind zehn Kraftwerke mit der Leistung des Kernkraftwerks Gösgen erforderlich.

Schutz vor Manipulation
Die Studie hat auch untersucht, worauf dieser immense Stromverbrauch zurückzuführen ist: Praktisch der gesamte Energieverbrauch (> 99 %) entfällt auf das Proof-of-Work-Verfahren, also den Konsensmechanismus, der bei Bitcoin eingesetzt wird, um die digitale Währung zwischen allen Nutzern zu legitimieren. Zusätzlich ist zwar auch Strom nötig, um Koordinationsnachrichten über Internet an die Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Kryptowährung zu verschicken. Mit 6000 kWh ist dieser Verbrauch jedoch verschwindend gering. Vergleichsweise niedrig ist mit 30 bis 3'000 MWh auch der Stromverbrauch für die dezentrale Speicherung der Blockchain, einer Datei mit einem Datenumfang von aktuell rund 455 Gigabyte.

Wege zu weniger energieintensiven Formen
Die Studie zeigt nicht nur den immensen Stromverbrauch des Proof-of-Work-Verfahrens. Sie beschreibt auch Wege zu weniger energieintensiven Formen von digitalem Geld. Das ist um so wichtiger, als die Blockchain-Technologie nicht nur die Basis von Kryptowährungen ist, sondern dank Ergänzungen wie ‹Smart Contracts› und ‹Non-fungible tokens› (NFT) künftig für viele weitere Bereiche eingesetzt werden dürfte.

Sparsame Alternativen
«Die Blockchain-Technologie ist nicht zwingend mit einem hohen Energieverbrauch verbunden, denn es gibt energieeffizientere Alternativen, um Daten in einer Blockchain manipulationssicher zu speichern», sagt Vlad Coroamă. Während das Proof-of-Work-Verfahren sehr viel Energie braucht, kommt das Proof-of-Stake-Verfahren mit über tausendmal weniger Energie aus. Das ist ein Grund, warum Ethereum, die zweitgrösste Kryptowährung hinter Bitcoin, die Umstellung auf Proof-of-Stake als Konsensmechanismus beschlossen hat. Das Proof-of-Stake-Verfahren funktioniert im Prinzip so, dass Personen, die einen bestimmten Anteil (‹engl. ‹stake›) der Kryptowährung besitzen, per Los zu ‹Prüfern› erhoben werden, die – gegen finanzielle Entschädigung – die Verlässlichkeit des Systems gewährleisten.

Während Ethereum auf das energiesparende Proof-of-Stake-Verfahren umstellt, gibt es weitere Kryptowährungen wie EOS, Tezos oder TRON, die dieses Verfahren bereits länger einsetzen. Daneben existieren weitere Kryptowährungen, die andere, ebenfalls energetisch verträglichere Verfahren als Konsensmechanismus anwenden (z.B. ‹Proof-of-Allocation›).

Suche nach dem Hebel
«Bei Kryptowährungen und anderen Anwendungen der Blockchain haben wir heute schon Lösungen, die mit vergleichsweise wenig Energie auskommen. Dank dieses Vorteils haben meines Erachtens ‹Proof-of-Stake›-Währungen bessere Zukunftschancen als ‹Proof-of-Work›-Währungen», sagt Vlad Coroamă. Es werde interessant sein zu beobachten, ob bzw. welche Hebel Privatunternehmen und Politik nutzen werden, die eine Hinwendung zu sparsamen Blockchain-Technologien begünstigen. Coroamă verweist dabei auf öffentliche Verwaltungen oder Unternehmen, die Kryptowährungen als Zahlungsmittel anerkennen.

‹Mining› findet kaum in der Schweiz statt
Im Kanton Zug gibt es bisher keine Massnahmen, die darauf abzielen, energetisch vorteilhafte Kryptowährungen zu bevorzugen. «Zu diesem Thema gibt es aktuell im Kanton Zug keine Überlegungen, da nur wenige Transaktionen stattgefunden haben», sagt Finanzdirektor Heinz Tännler. Auch bei den Schweizer Banken ist eine solche Bevorzugung bislang kein Thema, wie ein Sprecher der Schweizerischen Bankiervereinigung (Swiss Banking) sagt. Bisher offerierten nur wenige Banken in der Schweiz Dienstleistungen für Kauf, Handel und Verwahrung von Kryptowährungen, auch finde das energieintensive ‹Mining› von Kryptowährungen kaum in der Schweiz statt.

Handhabe durch ESG-Kriterien
Der Sprecher der Bankiervereinigung verweist zugleich darauf, dass sich die Banken bei der Beratung von Privatkunden unabhängig von der gewählten Anlageklasse unter anderem am Leitfaden für den Einbezug der ESG-Kriterien orientieren würden. Diese Kriterien stehen für die Aspekte Umwelt (Environment), Gesundheits- und Arbeitsschutz (Social) und nachhaltiger Unternehmensführung (Governance). Die ESG-Kriterien bieten damit eine Handhabe, den hohen Stromverbrauch von Kryptowährungen im Beratungsgesprächen zumindest zu thematisieren.

Regulierungsvorstoss im EU-Parlament
Der hohe Energieverbrauch von Blockchain-Technologien auf Grundlage von Proof-of-Work wird unterdessen international rege diskutiert. So hat beispielsweise das EU-Parlament in einem jüngsten Regulierungsvorstoss mit dem Gedanken gespielt, die Verwendung von Kryptowährungen einzuschränken, die auf dem energieintensiven Proof-of-Work-Verfahren basieren. Der Vorschlag wurde schliesslich abgelehnt. Es steht aber weiterhin die Idee im Raum, das Mining von Kryptowährungen bis 2025 in die EU-Taxonomie für nachhaltige Aktivitäten aufzunehmen, um so den CO2-Fussabdruck der Kryptowährungen zu verringern.

Internationaler Expertendialog
Das Bundesamt für Energie nahm die Studie von Vlad Coroamă zum Anlass, das Thema in den Expertendialog unter dem Dach der Internationalen Energieagentur (IEA) einzubringen. Dort tauschen Fachleute aus zwölf Ländern einschliesslich der Schweiz Informationen und Erfahrungen aus und entwickeln Vorschläge für einen effizienten Umgang mit Energie. «Das Thema fällt international auf sehr grosse Resonanz», sagt Roland Brüniger, externer Leiter des BFE-Forschungsprogramms Elektrizitätstechnologien.


Es kostet viel Energie, um den Bitcoins zu trauen

Eine digitale Währung wie Bitcoin kennt weder Banknoten noch Münzen, sie existiert nur virtuell. Vereinfach dargestellt besteht die Währung aus einer Kontenliste (‹Register›), in der vermerkt ist, auf welchen Konten wie viele Bitcoins liegen. Dieses Register wird nicht durch eine Bank verwaltet und kontrolliert, sondern dezentral auf zahlreichen Computern weltweit gespeichert. Aktuell liegen identische Kopien des Registers auf ca. 15'000 Computern. Konteninhaber können durch einen privaten Schlüssel ihre Eigentümerschaft beweisen und so Überweisungen veranlassen.

Ungefähr alle zehn Minuten
Da Bitcoins gehandelt werden und dabei das Konto wechseln, muss das Register laufend aktualisiert werden. Das geschieht ungefähr alle zehn Minuten. Bei jeder Aktualisierung werden die jüngsten Transaktionen in einer Datei (‹Block›) zusammengefasst und diese dann an den zuletzt erstellten Block angehängt. So entstand über die Jahre eine Aneinanderreihung von Blöcken (‹blockchain›), die in der Summe alle bisher mit Bitcoin durchgeführten Kontobewegungen enthält. Die Blockchain der Bitcoin-Währung besteht aktuell aus gut 700'000 Blöcken mit einer Dateigrösse von insgesamt 455 Gigabyte. Die Kopien der Blockchain auf den 15'000 beteiligten Rechnern werden fortlaufend in der aktuellsten Version gespeichert.

So viel wie 400 Vier-Personen-Haushalte im Jahr
Was aber, wenn jemand Bitcoins einzuheimsen versuchte, indem er einen Block mit manipulierten Informationen an die Blockchain anhängt? Damit das nicht passiert, können nur Personen einen neuen Block anfügen, die zuvor in aufwändiger Arbeit (daher der Name ‹Proof-of-Work›) ein sehr anspruchsvolles kryptografisches Rätsel gelöst haben. Genau diese Aufgabenstellung ist der Grund für den sehr hohen Energieverbrauch der Kryptowährung Bitcoin: Für die Lösung des kryptografischen Rätsels – also den Proof-of-Work – sind zur Zeit durchschnittlich 280 Berechnungen nötig. Dafür wird alle zehn Minuten so viel Strom benötigt, wie 400 Vier-Personen-Haushalte im Jahr verbrauchen.

Zugang zu günstigem Strom entscheidend
Der kryptografische Aufwand schützt die Währung vor Manipulation – und ist zugleich das ‹Lebenselixier› von Proof-of-Work-basierten Digitalwährungen wie Bitcoin. Denn wer diesen Aufwand betreibt und die entsprechenden Energiekosten bezahlt, wird für seine Arbeit bezahlt: Für die erfolgreiche Verschlüsselung eines Blocks winken als Honorar 6.25 neue Bitcoins (mit einem aktuellen Wert von rund 300'000 Fr.) zuzüglich Transaktionsgebühren. Ohne diese Vergütung wäre das ‹Schürfen› von Bitcoins nicht attraktiv. Wenn man die Kosten des Stroms berechnet, der für die Verschlüsselung eines Blocks nötig ist, kommt man (bei einem Schweizer Haushaltsstrom-Preis von 20 Rp.) auf Kosten von über 330'000 Fr. Das Schürfen von Bitcoins ist damit für Personen attraktiv, die Zugang zu günstigem Strom haben. BV


©Text: Benedikt Vogel, im Auftrag des Bundesamts für Energie (BFE)

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2 Kommentare

Renato

Ein idiotischeres Konzept gibts ja gar nicht! Sofort weltweit verbieten wäre die konsequente Lösung, um diesem Unfug ein Ende zu setzen.

luki

Wer Proof of Work kritisiert, (man darf natürlich bemängeln, dass Energie Verbrauch immer doof ist) hat sich einfach nicht genug über Bitcoin informiert. Wenn man Bitcoin nicht möchte, dann brauch man auch keine andere Krypto Währung. Denn dann kann man auch einer Zentralen Partei (z.B. EZB) einfach vertrauen mit einer CBDC, was natürlich viel weniger Strom verbrauchen würde. Bitcoiner sind aber der Meinung, das der Schaden der zentralen Parteien grösser ist als der des Energieverbrauch von Bitcoin.
Beispiel Türkei, durch die Abwertung der Lira, wurde viel Energie "vernichtet" den nun müssen die Leute dort jeden Tag schauen, wie sie über die Runden kommen. Bitcoin kann man sowieso nicht mehr verhindern und auch nicht mehr abstellen, also viel Glück.

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