Dvgw und Vde reagieren auf den derzeitigen Boom bei Heizlüftern und geben Tipps für das Heizen im Winter. Statt dem Kauf von Heizlüftern empfehlen sie, schon jetzt Effizienzmassnahmen an den Gasheizungen für den Winter anzugehen.

Vde und Dvgw: Gasheizung im Winter weiterbetreiben – Heizlüfter sind keine sinnvolle Alternative

(PM) Aktuell wird als vermeintliche Vorsorge für den Fall eines Gasversorgungsengpasses in Deutschland im kommenden Winter vorgeschlagen, dass Privathaushalte für die ergänzende Heizung von Wohnungen und Häusern auf mobile elektrische Direktheizgeräte (Heizlüfter, Radiatoren, Heizstrahler oder ähnliche) zurückgreifen könnten. Diese Geräte sind relativ preisgünstig, so dass die Nachfrage bereits sehr stark zugenommen hat und weiter steigen dürfte.


„Wir sehen die aktuelle Entwicklung mit einiger Sorge, da unsere Stromversorgung für eine derartige gleichzeitige Zusatzbelastung nicht ausgelegt ist“, sagt Martin Kleimaier, Leiter des Fachbereichs ‚Erzeugung und Speicherung elektrischer Energie‘ der Energietechnischen Gesellschaft im Verband der Elektrotechnik Elektronik und Informationstechnik e.V. (Vde Etg). „Da die Heizgeräte einfach an eine Haushaltssteckdose angeschlossen werden, können sie – im Gegensatz zu elektrischen Wärmepumpen oder sogenannten Nachtspeicher-Heizungen – im Falle von drohenden Netzüberlastungen nicht vom Netzbetreiber abgeschaltet werden“, so Kleimaier weiter.

Gasheizung massvoll weiterbetreiben und ihre Effizienz steigern
Derzeit liefert Russland nur ein Bruchteil der vertraglich vereinbarten Gasmengen nach Deutschland. Das bedeutet aber nicht, dass Heizungskunden im Winter frieren müssen. Zum einen sind die Privatkunden gesetzlich geschützt; zum anderen wird in das deutsche Gasnetz Erdgas auch aus Norwegen, den Niederlanden und Belgien eingespeist. Um Bedarfslücken beim Ausbleiben von Mengen aus Russland zu schliessen, wird es weiterhin zu einer erhöhten Einspeisung aus den Lng-Terminals unserer europäischen Nachbarn kommen, über die Flüssiggas vom weltweiten Markt bezogen wird. Das neue Lng-Terminal im deutschen Wilhelmshaven soll bereits im kommenden Winter betriebsbereit sein. Mit einer Erhöhung der Einspeisung von Biogas in die Gasnetze könnte die Gasmangellage zusätzlich kompensiert werden.

Da geht noch was …
Frank Gröschl, Leiter des Technologie- und Innovationsmanagements beim Deutsche Verein des Gas- und Wasserfaches e.V. (Dvgw), empfiehlt: „Die Gasheizung kann in jedem Fall weiterbetrieben werden. Sinnvoll ist es jedoch, schon jetzt im Sommer Effizienzmassnahmen an den Gasheizungen für den Winter anzugehen. Eine Absenkung der Raumtemperatur um ein Grad Celsius spart sechs Prozent Energie. Durch Anpassung der Heizungsregelung an das tatsächliche Nutzerverhalten, Online-Steuerung von Heizkörperthermostaten per App, hydraulischen Abgleich der Heizungsanlage (siehe ee-news.ch vom 16.7.2022 >>).und vieles mehr sind weitere schnell wirkende Massnahmen zur Effizienzsteigerung und Verbrauchssenkung möglich. Laufende Wartungen an den Gasheizungen sollten vor dem Winter stattfinden, um Ineffizienzen frühzeitig aufzudecken und abzustellen. Dass diese Massnahmen bereits zu greifen beginnen, zeigen die im Vergleich zum Vorjahr zurückgegangenen Gasverbräuche um rund 14 Prozent. Da geht noch was.“

Auch in einer Gasmangellage verbleibt Gas in den Verteilnetzen, mit dem die Wärmekunden versorgt werden. Denn allein aus technischen Gründen kann ein lokales Gasnetz, wie etwa ein Strassenzug oder ein Quartier, nicht so einfach abgeschaltet werden. Sicherheitseinrichtungen in den Gebäuden würden beim Unterschreiten eines Mindestdrucks des Gases oder beim Leerlaufen der Gasnetze ausgelöst. Jedes einzelne Sicherheitsventil müsste dann durch Fachpersonal wieder entriegelt werden. Dies wäre in der Praxis nur mit sehr hohem zeitlichem Aufwand durchführbar, denn dazu müsste jedes einzelne Gebäude aufgesucht werden.

Heizlüfter können zu Überlastsituation führen und Stromausfall verursachen
Elektrische Direktheizgeräte wie Heizlüfter sind keine sinnvolle Alternative, um den Gasverbrauch zu senken. Abgesehen davon, dass diese Art zu heizen sehr teuer ist, kann ein gleichzeitiger Betrieb vieler solcher Geräte die Stromversorgung beeinträchtigen. „Bei so einer zusätzlichen, gleichzeitig auftretenden Belastung kann es zu einem Ansprechen des Überlastschutzes und damit zu einem Stromausfall in den betroffenen Netzbereichen kommen“, erläutert Prof. Hendrik Lens, stellvertretender Leiter des Fachbereichs Vde Etg. „Auch die Wiederherstellung der Stromversorgung gestaltet sich als schwierig. Wenn nicht möglichst viele betroffene Kunden ihre Heizgeräte manuell ausschalten, würde ein Zuschaltversuch durch den Netzbetreiber sofort zu einem erneuten Abschalten führen“, führt Lens weiter aus.

Neben lokalen Netzüberlastungen gibt es noch das Problem, dass die derzeitige Kraftwerkskapazität für diese zusätzlichen Lasten nicht ausreicht. Eine einfache Rechnung soll die Grössenordnung verdeutlichen: Etwa 50 Prozent der ca. 40 Millionen Haushalte in Deutschland heizen derzeit mit Gas. Bei der einfachen Annahme, dass an einem sehr kalten Wintertag im Mittel in der Hälfte dieser Haushalte ein elektrisches Heizgerät mit einer typischen Leistungsaufnahme von 2000 Watt in Betrieb wäre, kommt man überschlägig zu einem zusätzlichen elektrischen Verbrauch von rund 20 Gigawatt. Dies entspricht einer Steigerung der aktuellen Jahreshöchstlast in Deutschland um ein Viertel, was weder die Stromnetze noch die vorhandenen Kraftwerke leisten könnten, zumal Gaskraftwerke in einer Gasmangellage ebenfalls nicht verfügbar wären.

Text: Vde Deutscher Verband der Elektrotechnik Elektronik Informationstechnik e. V.

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